Die Weihnachtsfeiertage werden für die Beschäftigten von Profine in Troisdorf, einem bekannten Hersteller von Kunststoff-Fensterprofilen (Marke u.a. Trocal) – und nach eigener Angabe die Nr. 1 in diesem Markt – keine fröhlichen Weihnachten; Sie bekommen noch vor dem Jahresende eine Änderungskündigung. Viele der Mitarbeiter sind zwischen 50 und 60 Jahren alt und fürchten jetzt vor der Alterstrente einen Absturz in Hartz 4. Betroffen sind immerhin 270 Arbeitsplätze in Troisdorf. Den Beschäftigten wird per Änderungskündigung eine Weiterbeschäftigung an den Standorten Pirmaes und Berlin angeboten. Bei der vermutlichen Ablehnung eines Wechsels durch die betroffenen Arbeitnehmer wird aus der Änderungskündigung eine normale betriebsbedingte (Beendigungs-) Kündigung.  Geschäftsleitung und Betriebsrat haben deshalb einen Sozialplan vereinbart, mit dem beide Seiten zufrieden zu sein scheinen, wie die lokale Presse berichtet. Bei genügendem Interesse (mind. 20 Arbeitnehmer) wird eine Transfergesellschaft eingerichtet, die allerdings nur für diejenigen wirklich interessant ist, für die der Entritt der Arbeitslosigkeit dadurch hinausgeschoben werden kann. Je nach Ausgestaltung kann eine Transfergesellschaft aber – wie bei den Kündigungen bei Toyota Motorsport in Köln-Marsdorf – auch für jüngere Mitarbeiter reizvoll sein, z.B. durch eine attraktive Rennprämie.

Auf der erst kürzlich veranstalteten Nürnberger Messe „fensterbau/frontale 2010“ hatte sich die profine Group mit ihren Marken KBE, Kömmerling und Trocal auf rund 1.600 qm Standfläche noch als größter Aussteller präsentiert.

Offenbar sollen die Arbeitsplätze auch nicht abgebaut, sondern nur verlegt und in Pirmasens und Berlin wieder aufgebaut werde. Solche Betriebsverlegungen stehen im Verdacht, nur dazu zu dienen, um ältere Arbeitnehmer mit günstigen Altverträgen (hohe Eingruppierung, lange Kündigungsfrist) los zu werden.

Tipp: Arbeitnehmer der Profine Group sollten in jedem Fall Sozialplan, Abfindung, Angebot des dreiseitigen Vertrages für die bBE (mehr Infos dazu auf unserem Blog) und die Änderungskündigung durch einen versierten Anwalt auf Angemessenheit und Wirksamkeit prüfen lassen und nach Abwägung aller Optionen die „richtige“ Entscheidung treffen. Achtung: Die Entscheidung über das Änderungsangebot muß binnen drei Wochen erfolgen, nach Ablauf dieser Frist besteht auch keine Möglichkeit mehr, gegen die (Änderungs-)Kündigung zu klagen. Arbeitnehmer mit pflegebedürftigen Angehörigen sollten sofort darüber nachdenken, ob durch den Kündigungsschutz nach dem Pflegezeitgesetz die Betriebszugehörigkeit verlängert werden kann um so in den Genuß einer längeren Kündigungsfrist oder einer unverfallbaren Betriebsrente zu gelangen. Auf der Basis des von uns entwickelten „SOS Plan vor der und gegen die Kündigung“ sollten alle Möglichkeiten, auch trickreiche, geprüft werden. Schließlich geht es um die Existenzgrundlage. Für Klagen ist das Arbeitsgericht in Siegburg zuständig.

Mehr zu Kündigung und Änderungskündigung auf Aenderungskuendigung.de und Kuendigung.de. Mehr zur Transfergesellschaft auf Transfergesellschaft.info und zu Sozialplan auf Sozialplan.de. Mehr zum SOS Plan auf Bild.de und ganz ausführlich in der Bild Kündigungsserie in 5 Teilen.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Autor des Ratgebers „Kündigung – was tun“ (4. Auflage)

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