Anzeige beim Jugendamt – Fristlose Kündigung nach Anschwärzen des Arbeitgebers

Arbeitnehmer müssen nach wie vor vorsichtig sein, wenn sie ihre Arbeitgeber bei Behörden anzeigen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die Anzeige aus Rachsucht, mit unzutreffenden Angaben oder vorschnell erfolgt. Die fristlose Kündigung einer bereits ordentlich gekündigten Haushaltsgehilfin kann gerechtfertigt sein, wenn diese – ohne zuvor eine Klärung mit den Arbeitgebern (und Eltern) versucht zu haben –diese beim Jugendamt wegen angeblicher Verwahrlosung des Kindes anschwärzt.

Das gilt im entschiedenen Einzelfall auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und EGMR zum Whistleblowing, so das Landesarbeitsgericht Köln in seinem Urteil:

„Bei der Anzeige der Klägerin gegenüber dem Jugendamt handelte es sich nach der unstreitigen Chronologie der Ereignisse um eine unverhältnismäßige Reaktion auf die zuvor ausgesprochene ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Jedenfalls hätte die Klägerin – ihr Vorbringen zur Wahrnehmung der angeblichen Missstände Ende Juni 2011 als richtig unterstellt – schon viel früher unter Beachtung ihrer Loyalitätspflicht eine interne Klärung mit ihren Arbeitgebern versuchen müssen. Ein klärendes Gespräch wäre der Klägerin auch durchaus zumutbar gewesen, wie das Arbeitsgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat. Erst nach dem Scheitern eines solchen Versuchs wäre dann die Einschaltung der Behörde in Betracht gekommen. Durch die vorschnelle Anzeige beim Jugendamt hat die Klägerin die Beklagten leichtfertig beschuldigt und das Vertrauensverhältnis in einer Weise belastet, dass den Beklagten eine Weiterbeschäftigung auch nur während der noch laufenden Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar war.“

Landesarbeitsgericht Köln vom 5.7.2012 – 6 Sa 71/12, JUSTIZ NRW

Das LAG Köln ließ dabei offen, ob die Vorwürfe überhaupt zutrafen. Dagegen sprach allerdings ein kinderärztliches Attest. Offenbar sah das Landesarbeitsgericht im Verhalten der Haushaltsgehilfin vorrangig weniger die Sorge um das Kindeswohl als eine Retourkutsche für die ordentliche Kündigung.

Mehr Informationen zum Whistleblowing finden Sie im Rechtslexikon

 

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl und Köln

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