Das Personalgespräch: Du sollst hoch zum Chef

„Wir müssen reden“ – meistens bedeutet es nichts Gutes, das Personalgespräch. Arbeitnehmer haben bei kurzfristigen „Einladungen“ oft und nicht selten berechtigt ein unangenehmes Gefühl. Ein fairer Umgang gebietet, dass der Termin für ein Personalgespräch mit dem Mitarbeiter vereinbart wird und die Themen vorher mitgeteilt oder abgesprochen werden. Die meisten Arbeitgeber bitten auch um ein Personalgespräch. Das Direktionsrecht des Arbeitgebers erlaubt ihm aber, ein Personalgespräch auch anzuordnen, d.h. auch wenn es dem Arbeitnehmer gerade oder generell nicht passt. Allerdings ergeben sich aus dem Direktionsrecht und seinen Grenzen auch bereits einige Einschränkungen und Regeln für das Mitarbeitergespräch, die für Arbeitnehmer wichtig sind.

1.      Grundsätzlich müssen sie an einem Personalgespräch teilnehmen, wenn es dabei um ihre Tätigkeit, ihre Leistung oder ihr Verhalten geht. Eine Verweigerung kann zur Abmahnung, im Wiederholungsfalle zu einer Kündigung führen.

2.      Sie müssen aber nur während der Arbeitszeit an einem Personalgespräch teilnehmen, also grundsätzlich nicht nach Feierabend oder an einem arbeitsfreien Tag.

3.      Krankgeschriebene Arbeitnehmer müssen während der Arbeitsunfähigkeit nicht zu einem Personalgespräch in der Firma erscheinen.

4.      Auch im Urlaub – zB. auf Balkonien – kann der Chef nicht zum Personalgespräch laden.

5.      Auch schikanöse Personalgespräche (täglich, wöchentlich) sind unzulässig. Wegen der Schwierigkeiten dies zu beweisen, sollten sie aber vor eigenen Reaktionen diese mit dem Anwalt ihres Vertrauens abstimmen.

6.      Einer Einladung zu Gesprächen über eine Beendigung, ob einvernehmlich oder nicht (Aufhebungsvertrag oder Kündigung), muss der Arbeitnehmer nicht Folge leisten, so weit reicht das Direktionsrecht des Arbeitgebers nicht. Sie sollten solche Gespräche auch nicht alleine führen, weil nicht selten in einer Drucksituation ein Aufhebungsvertrag unterschrieben wird, den man später bereut und nur selten anfechten kann.

7.      Daraus folgt auch schon die Regel Nr. 7: Sie können nur beurteilen, ob sie teilnehmen müssen wenn sie das Thema des Gesprächs kennen. Fragen Sie ihren Arbeitgeber vor dem Personalgespräch immer, worüber gesprochen wird. Dann können Sie den Inhalt und ihr Verhalten ggf. auch vor dem Gespräch schon mit dem Anwalt ihres Vertrauens besprechen. „Wir müssen reden“ reicht als Angabe also nicht aus.

8.      Außerdem, Regel Nr. 8, sollten Sie fragen, wer an dem Gespräch teilnimmt, denn: Sie können nur dann einen Anwalt oder betriebsfremden Zeugen zum Personalgespräch hinzuziehen, wenn der Chef selbst seinen Anwalt oder einen Betriebsfremden (zB vom Arbeitgeberverband) teilnehmen lässt oder sie in einem Personalgespräch mit dem Verdacht einer schweren Pflichtverletzung oder Straftat konfrontiert und dazu angehört werden (so das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24. Mai 2012 – 2 AZR 206/11).

9.      Aus Regel Nr. 8 folgt, dass sie die Begleitung durch den Anwalt ihres Vertrauens immer dann durchsetzen können, wenn keine Pflicht zur Teilnahme besteht, weil über eine Beendigung geredet wird. Dann gilt immer das Motto: nicht ohne meinen Anwalt. Sonst gibt es eben kein Gespräch.

10.   Fertigen Sie sofort nach einem Gespräch das sie alleine bestreiten mussten, ein schriftliches Gedächtnisprotokoll an. Dieses sollten Sie mit dem Anwalt ihres Vertrauens besprechen und danach ggf. dem Arbeitgeber mit der Bitte um Kenntnisnahme und ggf. Korrektur zuleiten. Widerspricht der Arbeitgeber nicht, dürfte das Protokoll als richtig anerkannt gelten.

11.   Sie sollten in keinem Fall das Gespräch heimlich mitschneiden. Ein heimlicher Mitschnitt des Personalgesprächs kann eine fristlose Kündigung nach sich ziehen (LAG Rheinland-Pfalz, 30.04.2012 – 5 Sa 687/11). Gegen eine vorher genehmigte Aufzeichnung ist dagegen nichts einzuwenden.

12.   So kommen wir auch schon zu Tipp Nr. 12: Fragen Sie ganz offen, ob sie das Gespräch mitschneiden dürfen. Die Genehmigung sollten Sie nach der Frage und Antwort (die nicht schon heimlich mitgeschnitten sein dürfen) auch auf der Aufzeichnung gespeichert haben.

13.   Ein Betriebsratsmitglied können Sie bei folgenden Anlässen hinzuziehen:

a.      Wenn Sie in ihre Personalakte Einsicht nehmen wollen (§ 83 BetrVG)

b.      Wenn sie sich von Vorgesetzten oder Kollegen benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlen und sich deswegen beschweren wollen (§ 84 BetrVG)

c.      Wenn sich ihre Tätigkeit ändern wird und ihre beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erfüllung seiner Aufgaben nicht ausreichen, muss ihr Chef das mit ihnen – ggf. im Beisein eines Betriebsratsmitglieds – erörtern

d.      Wenn sie Nachfragen zur Berechnung und Zusammensetzung ihres Arbeitsentgelts haben oder mit dem Arbeitgeber die Beurteilung ihrer Leistungen sowie die Möglichkeiten der  beruflichen Entwicklung im Betrieb erörtern wollen.

14.   Nach der Rspr. ist ein in einem Personalgespräch unterzeichneter Aufhebungsvertrag auch dann wirksam, wenn eine Drucksituation bestand, also der Arbeitnehmer kurzfristig „hochgerufen“ wurde, sich alleine mehreren Personen alleine gegenübersah und ihm keine Bedenkzeit eingeräumt wurde. Nach Meinung der Arbeitsgerichte kann man immer „Nein“ sagen.

15.   Faire Arbeitgeber vermeiden solche Situationen zwar, aber: Wenn sie im Personalgespräch überrumpelt, mit Vorwürfen konfrontiert werden und sich kopflos fühlen, brechen sie es ab. Bitten Sie darum, schriftlich Stellung nehmen zu dürfen. Selbst wenn sie eine Abmahnung kassieren, ist das immer noch besser, als unüberlegte Handlungen in einer Drucksituation. Vereinbaren Sie sofort mit dem Anwalt ihres Vertrauens einen Besprechungstermin.

 

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Brühl & Köln

Rechtsanwalt Felser hat zahlreiche Arbeitnehmer und Führungskräfte bei Personalgesprächen erfolgreich beraten und/oder begleitet.Er wird regelmäßig in TV & Radio und von Zeitschriften als Arbeitsrechtsexperte interviewt.

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