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Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger

367 Byte hinzugefügt, 09:34, 26. Feb. 2020
Auch für arbeitnehmerähnliche Selbständige gelten die §§ 74 HGB. die ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nur gegen Karenzentschädigung erlauben. Viele Regelungen in Verträgen mit sog. Soloselbständigen sind daher unwirksam, soweit sie ein entschädigungsloses Wettbewerbsverbot, eine Vertragsstrafenregelung oder eine Kundenschutzklausel enthalten.
''"Denn die "Kundenschutzklausel" in § 10 des Vertrags vom 4.12.2002 und damit die Vertragsstrafenbestimmung unter der dortigen Ziffer 3 ist wegen des Fehlens einer Karenzentschädigung analog § 74 Abs. 2 HGB unwirksam.
Die unmittelbar nur Handlungsgehilfen betreffende Vorschrift des § 74 Abs. 2 HGB, wonach ein Wettbewerbsverbot nur verbindlich ist, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, ist wegen der vergleichbaren Schutzbedürfnisses nicht nur auf alle Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Personen, sondern allgemein auf wirtschaftlich abhängige freie Mitarbeiter entsprechend anwendbar (vgl. BGH NJW 2003, 1864, 1865; BAG NJW 1998, 99, 100 m.w.N.). Fehlt eine Vereinbarung über eine Entschädigung, braucht sich ein solcher Mitarbeiter nicht an das Wettbewerbsverbot zu halten; in einen solchen Fall fehlt es zugleich an einer Grundlage für den Vertragsstrafenanspruch."
''
(OLG Köln, Urteil vom 23. Februar 2005 – 27 U 19/04 –)
''"Das Arbeitsgerichts ist zunächst richtig davon ausgegangen, dass die §§ 74 ff. HGB auf die Rechtsverhältnisse wirtschaftlich abhängiger freier Mitarbeiter entsprechende Anwendung finden (BAG 21.01.1997 – 9 AZR 778/95 – NJW 1998, 99; BGH 10.04.2003 – III ZR 196/02 – NJW 2003, 1864). Dabei ist darauf hinzuweisen, dass weder das Bundesarbeitsgericht noch der BGH in den genannten Entscheidungen den Begriff der „arbeitnehmerähnlichen Person“ gebrauchen, sondern speziell von „wirtschaftlich abhängigen freien Mitarbeitern“ reden. Es kann indes dahinstehen, ob zu der festzustellenden wirtschaftlichen Abhängigkeit auch noch das Kriterium der entsprechenden sozialen Schutzbedürftigkeit hinzukommen muss, welches bei anderen Rechtsnormen zur Bestimmung der arbeitnehmerähnlichen Person herangezogen wird. Denn der Beklagte war – wenn er überhaupt als freier Mitarbeiter und nicht als Arbeitnehmer zu qualifizieren war, woran die Kammer erhebliche Zweifel hat - sowohl wirtschaftlich abhängig als auch einem entsprechenden Arbeitnehmer ähnlich sozial schutzbedürftig."''
(Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 23. Januar 2004 – 4 Sa 988/03 –, Rn. 18, juris)
''"Nach der wohl überwiegenden Ansicht, der sich das Berufungsgericht anschließt, gilt § 74 HGB entsprechend für die Rechtsverhältnisse wirtschaftlich abhängiger freier Mitarbeiter, weil sie kaufmännischen Angestellten vergleichbar sozial schutzbedürftig sind (BAG, Urteil vom 21.01.1997 - 9 AZR 778/95 - EzA § 74 HGB Nr. 59; OLG München, Urteil vom 22.01.1997 - 7 U 4756/96 - NJW - RR 1998, 393 ff.; LAG Frankfurt, Urteil vom 12.06.1995 - 10 Sa 1159/94 - n. v.; OLG Frankfurt, Urteil vom 03.12.1993 - 2 U 32/93 -; Duden-Hopt, Handelsgesetzbuch, 28. Aufl. § 74 Anm. 1; v. Hoyningen-Huene, a. a. O., § 74 Rdanm. 8; Etzel, a. a. O., § 74 Rdanm. 2, jeweils mit weiteren Nachweisen)."''
(Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 02. Juni 1999 – 2 Sa 138/99 –, Rn. 46, juris)
''"Der in § 6 des Rahmenvertrages vereinbarte Kundenschutz stellt sich als Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots zu Lasten des Beklagten dar. Eine solche Wettbewerbsabrede kann auch mit arbeitnehmerähnlichen Personen entschädigungslos nicht wirksam vereinbart werden.
Ein Wettbewerbsverbot im Sinne des § 74 Abs. 1 S. 1 HGB liegt dann vor, wenn zwischen den Vertragsparteien eine Vereinbarung geschlossen wurde, die den Arbeitnehmer für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt, gleichgültig, ob ihm eine unselbständige oder selbständige Berufsausübung untersagt wird (BAG, Urteil vom 15.12.1987 - 3 AZR 476/86 -, n. v. mit Hinweisen auf die frühere Rechtsprechung und auf das Schrifttum). Dabei geht das Bundesarbeitsgerichts - im Gegensatz zu einem Teil des Schrifttums - davon aus, dass Unterlassungsverpflichtungen des Arbeitnehmers, die wirtschaftlich nicht zu einer relevanten Beschränkung der Betätigungsfreiheit führen, kein Wettbewerbsverbot im Sinne des § 74 Abs. 1 HGB darstellen (BAG, a. a. O. und die dort angeführten Nachweise)."''
(Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 02. Juni 1999 – 2 Sa 138/99 –, Rn. 36, juris)
In der Regel sind auch sog. Kundenschutzklauseln mit arbeitnehmerähnlichen Selbständigen unzulässig:
''"Auch das Bundesarbeitsgericht ist in seiner Entscheidung vom 16.08.1988 - 3 AZR 664/87 - n. v. davon ausgegangen, dass das Verbot, Kunden aus einer geheimzuhaltenden Liste nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu umwerben, ein entschädigungspflichtiges Wettbewerbsverbot darstellt. In gleicher Weise werden Mandantenschutzklauseln als Wettbewerbsverbote betrachtet, wenn sie über das hinausgehen, was den Angehörigen freier Berufe (z. B. Rechtsanwälten, Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern) bereits kraft Standesrecht verboten ist, und wenn sie dazu führen, dass es nach Beendigung des Vertragsverhältnisses dem Anwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater allgemein verboten ist, im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder als Selbständiger Mandanten des früheren Arbeitgebers zu betreuen (Etzel, a. a. O., § 74 Rdanm. 9 mit weiteren Nachweisen). Bei der Abgrenzung eines Wettbewerbsverbots von einer nur geringfügigen und nicht relevanten Einschränkung der beruflichen Betätigungsfreiheit ist in die Wertung einzubeziehen, dass die Freiheit der Berufsausübung in Grundgesetz geschützt und damit ein Recht von hohem Rang ist. Bei Abwägung der Gesamtumstände muss deshalb im Streitfall angenommen werden, dass es sich bei der Vertragsstrafenregelung in Wahrheit um ein Wettbewerbsverbot gehandelt hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass beide Parteien die Möglichkeit gehabt hätten, die Zahl der Kunden, für die der Beklagte nicht hätte tätig werden dürfen, gering zu halten, indem die Klägerin nur wenige Projekteinzelaufträge anbot oder der Beklagte entsprechende Angebote ausschlug. Entscheidend ist, dass nach dem Rahmenvertrag jedenfalls damit gerechnet werden musste, dass der Beklagte wegen einer größeren Zahl von Kundenkontakten in seiner beruflichen Betätigungsfreiheit in nicht unerheblichem Maße eingeschränkt sein würde, falls er die Kundenschutzklausel beachtete."''
(Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 02. Juni 1999 – 2 Sa 138/99 –, Rn. 39, juris
Grund hierfür ist, dass bis 2003 der fünf Merkmale umfassende Kriterienkatalog für die Vermutung der Scheinselbständigkeit die beiden Kriterien enthielt, die auch den arbeitnehmerähnlichen Selbständigen kennzeichen (5/6 Regelung, keine eigenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer). Beim Thema Scheinselbständigkeit existiert dieser Katalog seit 2003 allerdings nicht mehr. Nicht alle Betroffenen und auch nicht deren Steuerberater kennen diese Problematik.
 
Arbeitnehmerähnliche Selbständige geraten oft in den Strudel des Verdachts einer Scheinselbständigkeit und verlieren meistens dadurch ihre/n Auftraggeber.
== '''Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und Statusfeststellungsverfahren''' ==
Selbständige glauben oft nicht, dass das Statusfeststellungsverfahren mit Risiken für sie selbst verbunden sind. Tatsächlich führt die Einleitung des Statusfeststellungsverfahren (siehe unter dem Stichwort in unserem Rechtslexikon) bei Feststellung von Scheinselbständigkeit dazu, dass die sozialversicherungsrechtlichen Folgen im wesentlichen den Auftraggeber treffen. Allerdings prüft die DRV auch im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens, wenn das Ergebnis eine Selbständigkeit ist, ob der Selbständige nicht als rentenversicherungspflichtiger Selbständiger im Sinne des § 2 Nr. 9 SGB VI anzusehen ist. Das Statusfeststellungsverfahren kann daher im Ergebnis auch dazu führen, dass der antragstellende Selbständige am Ende die Rechnung zahlen muß, wie das nachfolgende Beispiel zeigt:
''"Am 2. März 2002 zeigte der Kläger bei der Beklagten an, dass er als selbständiger Rechtsanwalt nebenberuflich unter anderem bei einigen Bildungsträgern als freier Mitarbeiter (Dozent im Bereich Recht) tätig ist und reichte in diesem Zusammenhang sieben Honorarverträge ein. Zugleich beantragte er die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 19. April 2002 fest, dass der Kläger die Tätigkeit als Dozent für das Technologie- und Berufsbildungszentrum M. Bitte Eintrag suchen und anpassen. (tbz) seit dem 3. September 2001 selbständig ausübe, also nicht abhängig beschäftigt sei. Im Folgenden prüfte die Beklagte, ob der Kläger aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit versicherungspflichtig ist. Sie stellte mit – dem Kläger nach seinen Angaben im Klageverfahren nicht zugegangenen – Bescheid vom 9. Mai 2003 fest, dass er ab dem 3. September 2001 nach § 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) versicherungspflichtig sei, und fügte eine Beitragsrechnung bei."''
(Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 24. März 2011 – L 1 R 352/07 –)
== '''Beratung arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und rentenversicherungspflichtiger Selbständiger''' ==
Wir bieten in Brühl, Köln und Berlin eine persönliche Beratung arbeitnehmerähnlicher Selbständiger und rentenversicherungspflichtiger Selbständiger durch Rechtsanwalt Felser an. Bundesweit kann eine ca. einstündige telefonische Beratung durch Rechtsanwalt Felser in Anspruch genommen werden. 95 % aller Ratsuchenden nehmen die Beratung per Telefon, Skype oder Facetime in Anspruch, nicht nur wegen des Klimawandels, sondern auch weil es gleichwertig und unkomplizierter ist. Auch in der Beratung per Telefon wird der Sachverhalt geklärt, eine rechtliche Bewertung vorgenommen und Lösungsmöglichkeiten besprochen. Die telefonische Beratung ist erfolgreich, weil umfassend und lösungsorientiert beraten wird, die jahrelange Erfahrung von Rechtsanwalt Felser praktische Lösungen ermöglicht und eine Anreise und Wartezeiten eingespart werden können.
== '''Berufsgruppenkatalog''' ==
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