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Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger

6.550 Byte hinzugefügt, 19:42, 28. Aug. 2013
/* Urteile zum arbeitnehmerähnlichen Selbständigen */
 
 
 
 
 
 
 
Energieelektroniker "Betriebstechnik"
Schulung und Programmierung; Dozententätigkeit im EDV-Bereich
Ergebnis: Rentenversicherungspflichtig (arbeitnehmerähnlicher Selbständiger)
Bundessozialgericht, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 7/10 R
 
"Zwar ist arbeitsrechtlich mittlerweile anerkannt, dass eine als Außengesellschaft verselbstständigte GbR Arbeitnehmer anstellen, also Arbeitgeber sein kann (vgl BAGE 113, 50 = BAG AP Nr 14 zu § 50 ZPO; zu dieser Entscheidung siehe zB Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 14. Aufl 2011, § 16 RdNr 8). Ob eine GbR jedoch für den hier zu prüfenden sozialversicherungsrechtlichen Kontext - Beschäftigung eines versicherungspflichtigen Arbeitnehmers als Voraussetzung der Rentenversicherungspflicht des (einzelnen) Gesellschafters in seiner selbstständigen Tätigkeit - als von der natürlichen Person des Gesellschafters rechtlich und sachlich zu unterscheidende "Person" mit eigener Rechtssubjektivität und deshalb als eigenständiger Arbeitgeber anzusehen ist (vgl allgemein zum Begriff des Arbeitgebers im sozialversicherungsrechtlichen Sinne zuletzt BSG SozR 4-2400 § 28e Nr 4 RdNr 17 f), ist offen. Der Senat hat eine solche eigene Rechtssubjektivität von Gesellschaften bisher nur im Verhältnis selbstständiger Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer GmbH als juristischer Person und dort auch nur im Zusammenhang mit der Prüfung angenommen, wer iS des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI Auftraggeber des selbstständigen Gesellschafter-Geschäftsführers ist (vgl BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr 7 RdNr 15 ff, 21 ff). Hierauf hat der Gesetzgeber mit der Ergänzung des § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI und des § 2 S 4 SGB VI im HBeglG 2006 reagiert und angeordnet, dass bei (selbstständig tätigen geschäftsführenden) Gesellschaftern (einer juristischen Person, insbesondere von Kapitalgesellschaften) als Auftraggeber und Arbeitnehmer (auch) die Auftraggeber und Arbeitnehmer der Gesellschaft gelten und damit nicht das Innenverhältnis zwischen dem Gesellschafter und der Gesellschaft, sondern die (Außen)Verhältnisse der Gesellschaft maßgebend sind (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses, aaO, BT-Drucks 16/1525 S 28 zu Art 11 Nr 1). Soweit es hingegen um die Rentenversicherungspflicht Selbstständiger als Gesellschafter von Personengesellschaften geht, scheint eine Beurteilung, die zwischen Außen- und Innenverhältnissen der Gesellschaft differenziert, nach Auffassung selbst der Entwurfsverfasser des HBeglG 2006 zweifelhaft. Schon sie gehen nämlich davon aus, dass Personengesellschaften im Verhältnis zu den sie begründenden natürlichen Personen sozialversicherungsrechtlich (gerade) keine eigenständigen Rechtssubjekte und die in diesem Sinne "eigenen" Personengesellschaften damit auch nicht Auftraggeber der jeweils selbstständig tätigen Personen nach § 2 S 1 Nr 9 Buchst b SGB VI sein können (vgl BT-Drucks 16/1525, ebenda)."
(BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 7/10 R –, juris)
 
"wird ein (einziger) nach seinem tatsächlichen Status versicherungspflichtiger Arbeitnehmer für mehrere in einer GbR zusammengeschlossene Selbstständige tätig, so kann unter dem Blickwinkel des Sicherungsbedürfnisses bei der Auslegung nichts anderes gelten. Der versicherungspflichtige Arbeitnehmer wird von diesen iS des § 2 S 1 Nr 1, 2, 7 und 9 SGB VI nur in dem ihnen wirtschaftlich jeweils zuzurechnenden Umfang "beschäftigt". Entsprechend entfällt die Rentenversicherungspflicht eines selbstständigen Lehrers, der seine Tätigkeit als Mitunternehmer und Mitgesellschafter in einer GbR ausübt, nur dann, wenn sich bei einer Aufteilung des Arbeitsentgelts des Arbeitnehmers ergibt, dass auch mit diesem Entgeltanteil die Grenze des § 8 Abs 1 Nr 1 SGB IV überschritten wird (vgl hierzu bereits BSG Urteil vom 23.11.2005 - B 12 RA 5/04 R - juris RdNr 17 <Aufteilung des Arbeitsentgelts mehrerer Arbeitnehmerinnen auf zwei selbstständige Fahrlehrer, die als Mitunternehmer gemeinsam eine Fahrschule betrieben>). Diese Auslegung trägt dem Schutzzweck des § 2 S 1 Nr 1 SGB VI hinreichend Rechnung, der das Sicherungsbedürfnis der dort genannten Selbstständigen davon abhängig macht, ob diese allein wirtschaftlich dazu in der Lage wären, einen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer zu beschäftigen."
(BSG, Urteil vom 29. August 2012 – B 12 R 7/10 R –, juris)
 
 
Übt ein Selbständiger aber mehrere selbständige Tätigkeiten aus, kann von einer Gesamttätigkeit ausgegangen werden, (jedenfalls) wenn zwischen den verschiedenen Tätigkeitsfeldern ein sachlicher Zusammenhang besteht. Dies gilt zumindest dann, wenn diese nicht unter den Katalog des § 2 Satz 1 Nr. 1 - 8 SGB VI fallen, sondern von § 2 Satz 1 Nr. 9 SGB VI sowie einem außerhalb von § 2 SGB VI genannten Bereich erfasst werden. Mit Blick auf den mit § 2 Satz 1 Nr 9 SGB VI verfolgten Zweck, „arbeitnehmerähnliche" Selbständige wegen ihrer (typisierten) sozialen Schutzbedürftigkeit in die Rentenversicherungspflicht einzubeziehen, ist nicht vereinbar, den Versicherungspflichttatbestand auf Personen auszudehnen, die neben der selbständigen Tätigkeit in einem nicht unwesentlichen Umfang einer weiteren selbständigen Erwerbstätigkeit nachgehen (vgl. auch Fichte, a.a.O., Rdnr. 82), die im sachlichen Zusammenhang steht. Eine Differenzierung und Aufgliederung selbständiger Tätigkeiten wirft erhebliche Fragen zur praktischen Durchführbarkeit auf (vgl. dazu Buchner, DB 1999, S. 1502, 1504) und stellt einen Eingriff in die unternehmerischen Freiheitsrechte dar. Dieser Auslegung von § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchst b SGB VI steht nach Ansicht der Kammer auch die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 04.11.2009 nicht entgegen. Die dort vertretene enge Auslegung des Begriffs „Auftraggeber" betraf die Beurteilung der Rentenversicherungspflicht einer Person, die nebeneinander eine selbständige Erwerbstätigkeit und eine abhängige Beschäftigung ausübte. Wenn hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage des Selbstständigen der Voraussetzung der Tätigkeit nur für einen Auftraggeber eine Indizwirkung beigelegt werden kann (BSG, Urteil vom 04.11.2009, a.a.O. Rdnr. 23), sind für die Prüfung des Wesentlichkeitsmerkmals in § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchstabe b SGB VI daher – soweit dafür auf die Einnahmen des Klägers abgestellt wird – die Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit als Landwirt und Gesellschafter-Geschäftsführer in ihrer Gesamtheit einzubeziehen.
(SG Karlsruhe, Urteil vom 20. Dezember 2011 – S 9 R 718/10 –, juris)
== '''Checkliste arbeitnehmerähnlicher Selbständiger''' ==
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