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Unkündbarkeit

2.958 Byte hinzugefügt, 09:21, 23. Sep. 2016
Echte Unkündbarkeit gibt es allerdings nicht, im Grunde genommen handelt es sich dabei um den Ausschluß bestimmter Kündigungsgründe bzw. Erschwernisse der Kündigung durch vorgeschaltete Verfahren wie bei Schwerbehinderten.
Die ausserordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (nach § 626 BGB) ist aber auch bei "Unkündbaren" möglich, aber in der Regel zum Scheitern verurteilt. Denn die Rechtsprechung sieht für diesen Ausnahmefall hohe Hürden vor. So sagte der Vors. Richter am BAG Dr. Eylert in einem Vortrag an der Hamburger Bucerius Law School: „Der Ausgangspunkt ist ein Vertrag, in dem steht, dass der Arbeitnehmer nicht vor die Tür gesetzt werden darf. Verträge sind grundsätzlich einzuhalten. Damit wir davon eine Ausnahme machen, muss der Arbeitgeber sich sehr bemühen, den Arbeitnehmer woanders unterzubringen.“ Bisher, so Eylert, habe noch kein Arbeitgeber dem BAG hinreichende Versuche dargelegt, den Arbeitgeber auf einer anderen Stelle zu beschäftigen, sodass die Kündigungen stets unzulässig waren.
Bei Betriebsratsmitgliedern oder Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern ist die ausserordentliche Kündigung aber nach § 103 BetrVG nur nach vorheriger Zustimmung des Betriebsrats möglich oder nach - rechtskräftiger - Zustimmungsersetzung durch das Arbeitsgericht, Landesarbeitsgericht oder Bundesarbeitsgericht.
Rechtsanwalt Felser hat mit dem SOS Plan vor der Kündigung allerdings eine Strategie entwickelt, wie Arbeitnehmer ihren Kündigungsschutz verbessern können, wenn sie sich mit dem Thema frühzeitig beschäftigten. Dazu finden Sie Hinweise unter SOS Plan vor der Kündigung. == '''Unkündbar Unkündbarkeit durch den SOS Plan vor der Kündigung''' == Viele Kündigungen "kündigen" sich an, durch Personalgespräche, Verhandlungen des Arbeitgebers mit dem Betriebsrat oder durch Abmahnungen. Diese Signale sind Sendboten, die Arbeitnehmer leider häufig nicht ernst genug nehmen. Wer sich bei den ersten Ankündigungen rechtzeitig beraten lässt, kann einiges für die Verbesserung seines Kündigungsschutzes tun. Wie, das erfahren Sie im SOS Plan vor der Kündigung, der auf Bild.de und im SWR besprochen wurde, zu finden auf felser.de [http://www.felser.de/blog/sos-plan-vor-der-kundigung-2/ SOS Plan vor der Kündigung] == '''Unkündbarkeit im Urlaub oder während Krankheit?''' ==
Ein Mythos bzw. ein verbreiteter Rechtsirrtum ist auch die Unkündbarkeit während des Urlaubs oder einer Arbeitsunfähigkeit (Krankheit). Viele Arbeitnehmer glauben, daß ihnen während des Urlaubs nicht gekündigt werden kann. Tatsächlich gelten im Urlaub keinerlei Besonderheiten, die Kündigung geht sogar bei Urlaubsabwesenheit zu, die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage beginnt mit dem Einwurf in den Briefkasten, auch wenn der Arbeitnehmer sich im Urlaub befindet.
Besondere Schonung vor Kündigung genießen Arbeitnehmer auch nicht während einer Erkrankung, erst recht keine Unkündbarkeit. Obwohl eine Kündigung sicher nicht genesungsförderlich ist, halten die Arbeitsgerichte eine Kündigungsübergabe selbst am Krankenbett für zulässig. Extreme Ausnahmefälle sind denkbar, bei denen eine Kündigung als sittenwidrig anzusehen wäre. Dazu reicht aber auch eine schwere Erkrankung alleine nicht aus.
 
== '''Unkündbarkeit wegen Alter oder ab 55''' ==
 
Wegen Alter oder ab 55 ist man nicht grundsätzlich unkündbar, aber schwieriger zu kündigen. So hat das Bundesarbeitsgericht sogar eine Kündigung eines älteren Mitarbeiters in einem Kleinbetrieb, in dem das Kündigungsschutzgesetz nicht gilt, für unwirksam erklärt, weil es in der Kündigung eines Altersdiskriminierung sah. Eine Unkündbarkeit setzt aber neben dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters weitere Merkmale voraus, in der Regel eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit.
 
== '''Mythos Unkündbarkeit''' ==
 
Unkündbarkeit ist ein Mythos, wenn man darunter einen 100%igen Schutz vor Kündigung versteht. Nach der Rechtsprechung kann eine Kündigung aus wichtigem Grund nicht ausgeschlossen werden.
 
Beitrag in der BZ zum Thema Mythos Unkündbarkeit [http://www.bz-jobs.de/ratgeber/2244_Mythos-der-Unkuendbarkeit.html]
 
Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht hohe Anforderungen an eine Kündigung unkündbarer Arbeitnehmer gestellt, so dass bis dato noch keine Entscheidung des BAG existiert, die die Kündigung eines Unkündbaren gestattet hätte.
 
Wann sie "unkündbar" sind, lesen Sie im folgenden Text.
== '''Rechtsgrundlagen einer Unkündbarkeit''' ==
'''Unkündbarkeit nach TVÖD, TV-L, TV-V und anderen Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes'''
§ 55 Abs. 1 und 2 BAT: Die Regelung in § 53 Abs. 3 BAT gewährt Arbeitnehmern in den im öffentlichen Dienst der alten BundesländernBundesländer, die mindestens eine Beschäftigungszeit von 15 Jahren bei demselben Arbeitgeber zurückgelegt und mindestens das 40. Lebensjahr vollendet haben, einen besonderen persönlichen Kündigungsschutz, indem die ordentliche Kündigung ausgeschlossen wird. In § 53 BAT-O gab es keine vergleichbare Vorschrift und damit keine Unkündbarkeit.
§ 34 Abs. 2 TVÖD: Arbeitsverhältnisse von Beschäftigtenim öffentlichen Dienst, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und für die die Regelungen des Tarifgebietes West Anwendung finden, können nach einer Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren durch den Arbeitgeber nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden.
§ 34 TV-L: Ein besonderer tariflicher Kündigungsschutz ("Unkündbarkeit") besteht ebenso wie im TVÖD im Bereich des öffentlichen Dienst der Länder nur für Beschäftigte im Tarifgebiet West, die mindestens 15 Jahre beim selben Arbeitgeber beschäftigt waren und mindestens 40 Jahre alt sind.
'''Betriebsratsmitglieder & Co.: Arbeitnehmervertreter im Betriebsverfassungsrecht'''
== '''1. Betriebsbedingte Kündigung trotz Unkündbarkeit'''==
Auszug aus BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 2 AZR 379/12 –, BAGE 145, 265-277:
cc) Dies gilt gleichermaßen in Fällen, in denen von der fraglichen Maßnahme ein ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer betroffen ist, dessen Arbeitsverhältnis nur außerordentlich nach § 626 BGB gekündigt werden kann (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 17; 6. Oktober 2005 - 2 AZR 362/04 - zu B V 3 a der Gründe). Die Gestaltung des Betriebs, die Antwort auf die Frage, ob und in welcher Weise sich der Arbeitgeber wirtschaftlich betätigen will, sind Bestandteil der durch Art. 12, Art. 14 und Art. 2 Abs. 1 GG geschützten unternehmerischen Freiheit. Zu dieser gehört das Recht, das Unternehmen aufzugeben, darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben soll, und festzulegen, ob bestimmte Arbeiten weiter im eigenen Betrieb ausgeführt oder an Drittunternehmen vergeben werden sollen (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 103, 31; Rost JbArbR Bd. 39 S. 83, 86). Der Arbeitgeber muss deshalb regelmäßig auch dann nicht von einer Fremdvergabe von Tätigkeiten absehen, wenn dadurch einem ordentlich nicht mehr kündbaren Arbeitsverhältnis die Grundlage entzogen wird (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO; HaKo/Gallner/Mestwerdt 4. Aufl. § 1 Rn. 749; KR/Fischermeier 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 158; APS/Kiel 4. Aufl. § 626 BGB Rn. 318d; aA - Outsourcing nur bei ansonsten unvermeidbarer Betriebsschließung - Kittner/Däubler/Zwanziger/Däubler KSchR 8. Aufl. § 626 BGB Rn. 163; Däubler FS Heinze S. 121, 127). Ob ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung gegeben ist, hängt in diesen Fällen davon ab, ob jedwede Möglichkeit ausgeschlossen ist, den Arbeitnehmer anderweit sinnvoll einzusetzen, und der Arbeitgeber wegen des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung für erhebliche Zeiträume an ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis gebunden und aus diesem zur Vergütung verpflichtet wäre. Der in Tarifverträgen an eine bestimmte Dauer der Betriebszugehörigkeit und ein bestimmtes Lebensalter geknüpfte Ausschluss der ordentlichen Kündigung ist regelmäßig nicht dahin zu verstehen, dass damit die Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung generell - auch als außerordentliche - zumindest für die Fälle ausgeschlossen sein soll, in denen der Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses auf wirtschaftlich nicht zwingend notwendigen unternehmerischen Organisationsentscheidungen beruht. Dass eine solche mittelbare Einschränkung der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit - unbeschadet ihrer Rechtswirksamkeit - gewollt wäre, lässt sich tariflichen Regelungen, nach denen der besondere Kündigungsschutz allein vom Lebensalter und der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängt, ohne besondere Anhaltspunkte nicht entnehmen. Etwas anderes kann gelten, wenn der tarifliche oder einzelvertragliche Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen die Gegenleistung des Arbeitgebers für einen Verzicht auf bestimmte Rechtsansprüche durch die Arbeitnehmer darstellt. Auch dann ist der Arbeitgeber zwar rechtlich nicht gehindert, bestimmte, wirtschaftlich nicht zwingend notwendige Organisationsentscheidungen zu treffen, die zum Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für geschützte Arbeitnehmer führen, und ist ein Verzicht des Arbeitgebers auf die Möglichkeit der außerordentlichen betriebsbedingten Kündigung als solcher wegen Verstoßes gegen § 626 Abs. 1 BGB rechtlich ausgeschlossen. Eine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer bis zum zeitlich vorgesehenen Ende des - in aller Regel befristeten - Kündigungsausschlusses wird aber in dieser Situation nur im Extremfall anzunehmen sein.
dd) Insofern besteht auch kein Widerspruch zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Oktober 2002 (- II ZR 353/00 -), in welcher dieser auf die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Geschäftsführerdienstvertrags wegen des auf geschäftspolitischen Gründen beruhenden Beschlusses der Muttergesellschaft, den Betrieb ihrer Tochtergesellschaft einzustellen, erkannt hat (eine Divergenz bejahend aber Stein DB 2013, 1299, 1301). Dort war eine ordentliche Kündigung des Geschäftsführerdienstvertrags nicht dauerhaft, sondern im Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung nur noch für gut ein Jahr ausgeschlossen.
ee) Die durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistete Berufswahlfreiheit der betroffenen Arbeitnehmer bietet keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund privater Dispositionen. Allerdings strahlt das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an Bestandsschutz auf die Auslegung und Anwendung der kündigungsrechtlichen Vorschriften aus. Daher haben die Gerichte von Verfassungs wegen zu prüfen, ob von deren Anwendung im Einzelfall Grundrechte des Arbeitnehmers berührt sind. Trifft das zu, haben sie die einfachgesetzlichen Vorschriften, soweit möglich, im Lichte der Grundrechte auszulegen und anzuwenden (BVerfG 19. März 1998 - 1 BvR 10/97 -; 8. Juli 1997 - 1 BvR 2111/94, 1 BvR 195/95, 1 BvR 2189/95 - BVerfGE 96, 171; BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - Rn. 18; 26. September 2002 - 2 AZR 636/01 - zu II 1 c der Gründe, BAGE 103, 31; Rost JbArbR Bd. 39 S. 83, 86). Dem entspricht es, dass die Darlegung der Kündigungsgründe umso detaillierter sein muss, je näher die fragliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss heranrückt (BAG 22. November 2012 - 2 AZR 673/11 - aaO; 24. Mai 2012 - 2 AZR 124/11 - Rn. 22).
(BAG, Urteil vom 20. Juni 2013 – 2 AZR 379/12 –, BAGE 145, 265-277)
== '''2. Krankheitsbedingte Kündigung trotz Unkündbarkeit'''==
Auszug aus BAG, Urteil vom 23. Januar 2014 – 2 AZR 582/13 –, juris:
(BAG, Urteil vom 23. Januar 2014 – 2 AZR 582/13 –, juris)
== '''3. Verhaltensbedingte Kündigung trotz Unkündbarkeit'''==
Auszug aus BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 – 2 AZR 343/11 –, juris (ACHTUNG: angekündigte Rechtsprechungsänderung!):
== '''4. Verhaltensbedingte Kündigung eines Betriebsratsmitglieds'''==
Auszug aus BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 – 2 AZR 343/11 –, juris:
(BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 – 2 AZR 343/11 –, juris)
== '''5. Krankheitsbedingte Kündigung eines Betriebsratsmitglieds'''==
Auszug aus BAG, Urteil vom 18. Februar 1993 – 2 AZR 526/92 –, juris:
== '''Interviews von Rechtsanwalt Felser zum Thema Unkündbarkeit''' ==
 
T-Online/Business vom 20.8.2010: Im Urlaub gekündigt - was geht und was nicht. Zur angeblichen Unkündbarkeit im Urlaub. Mit Zitaten von Rechtsanwalt Felser (von unsere Webseite).
[http://wirtschaft.t-online.de/im-urlaub-gekuendigt-was-geht-und-was-nicht/id_47698884/index]
Rechtsanwalt Felser gibt als Experte regelmäßig Interviews im WDR [http://www.felser.de/interviews/interviews-ard-und-wdr/] und für Bild und Bild.de [http://www.felser.de/interviews/7090/].
 
Interview zum Thema "Unkündbarkeit":
 
T-Online/Business vom 20.8.2010: Im Urlaub gekündigt - was geht und was nicht. Zur angeblichen Unkündbarkeit im Urlaub. Mit Zitaten von Rechtsanwalt Felser (von unsere Webseite).[http://wirtschaft.t-online.de/im-urlaub-gekuendigt-was-geht-und-was-nicht/id_47698884/index]
Spezielle Interviews von Rechtsanwalt Felser zum Thema Kündigung und Kündigungsfrist im Arbeitsrecht finden Sie hier:
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