Wir hatten einige Mandanten, die sich fragten, ob die unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes, die zum Stichtag 1.10.2005 gemeinsam mit ihren Ehepartnern in den TVÖD übergeleitet wurden, und jeden, die zwar selbst in den TVÖD übergeleitet wurden, aber deren Partner nicht in den TVÖD übergeleitet wurden, rechtlich in Ordnung sei. Fand hier eine neue Auslegungsregel Anwendung: “Geteiltes Leid ist halbes Leid?” Die Überleitungstarifverträge und die dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen waren eindeutig, ein schaler Geschmack blieb gleichwohl. Denn:

Nach dem jeweiligen Überleitungstarifvertrag (§ 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ) erhielten Ehepartner, die beide im TVÖD übergeleitet wurden, mehr Vergleichsentgelt. So hiess es in § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ:

“Ist auch eine andere Person im Sinne von § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT (…) ortszuschlagsberechtigt oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagsberechtigt, wird nur die Stufe 1 zugrunde gelegt; findet der TVöD am 1. Oktober 2005 auch auf die andere Person Anwendung, geht der jeweils individuell zustehende Teil des Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags in das Vergleichsentgelt ein“.

Das Arbeitsgericht Weiden (ArbG Weiden, Urteil vom 28. Februar 2007 Aktenzeichen 1 Ca 931/06, zum Volltext hier) urteilte nun, die Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (dieser folgt aus Art. 3 Grundgesetz), weil sich für die unterschiedliche Behandlung von Beschäftigten mit ortzuschlagsberechtigten Ehepartnern, die ebenfalls in den TVöD übergeleitet werden und Beschäftigten mit ortszuschlagsberechtigten Ehepartnern, die nicht in den TVöD übergeleitet werden, in § 5 Abs. 2 Satz 2 kein sachliche Rechtfertigung erkennbar ist. Das Gericht meint, eine Regelung, nach der die bisherige Vergütung eines Beschäftigten nur deshalb gemindert werde, weil der Ehegatte zum Stichtag 1.10.2005 zwar im öffentlichen Dienst beschäftigt sei, aber nicht in den TVöD übergeleitet werde, sei willkürlich und damit unzulässig. Böse Zungen haben in der Regelung einen Mechanismus gesehen, der Druck auf andere Arbeitgeber, auch auf den TVÖD überzuleiten, gesehen. Das ist wohl etwas übertrieben und überschätzt die Bedeutung des Ortszuschlags, kann letztlich aber dahinstehen. Das Arbeitsgericht verurteilte die Stadt Weiden als Arbeitgeber des Klägers jedenfalls dazu, ihm das durch die zu niedrig ausgefallene Berechnung des Vergleichsentgeltes vorenthaltene Entgelt nachzuzahlen. Gegen das Urteil kann allerdings von der Stadt Berufung eingelegt werden.

Das Problem betrifft übrigens alle Überleitungstarifverträge (TVÜ-Bund, TVÜ-Land und TVÜ-VKA).

Auch der “Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts” TVÜ-L regelt dies ähnlich, wie die TdL-Durchführungshinweise vom 18.August 2006 Zu § 5 TVÜ – Ermittlung des Vergleichsentgelts zeigen Dort heisst es ebenfalls:

“5.1.3 Zu § 5 Abs. 2 Satz 1 und 2 TVÜ – Ortszuschlag

Familienbezogene Entgeltbestandteile – und damit auch der Verheiratetenzuschlag nach § 29 Abschn. B Abs. 2 BAT / BAT-O – sind im TV-L nicht mehr vorgesehen. Das Ausgabevolumen für den Ehegattenbestandteil im Ortszuschlag – Stufe 2 – ist in der Tabelle des TV-L berücksichtigt. In das Vergleichsentgelt fließt daher grundsätzlich der individuell nach § 29 Abschn. B Abs. 2 BAT / BAT-O – gleich aus welchen Gründen – zustehende Ortszuschlag der Stufe 1 oder 2 ein. Ausschlaggebend sind die Bezüge im Oktober 2006. Veränderungen im Familienstand (z.B. Eheschließung, Scheidung) ab November 2006 wirken sich auf das Vergleichsentgelt nicht mehr aus. Es bleibt bei der Einbeziehung desjenigen Ortszuschlages in das Vergleichsentgelt, der im Oktober 2006 zugestanden hat.

Ist zum Überleitungszeitpunkt auch eine andere Person im Sinne des § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT / BAT-O ortszuschlagsberechtigt oder nach § 40 Abs. 4 BBesG familienzuschlagsberechtigt (Konkurrenzfall), gilt für die Ermittlung des Vergleichsentgelts eine gesonderte Regelung (§ 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ): Kann der Ehegatte des Angestellten – mit Rücksicht auf den Wegfall des Ortzuschlags im Geltungsbereich des TV-L – den vollen Ortszuschlag der Stufe 2 oder Familienzuschlag der Stufe 1 bei seinem Arbeitgeber oder Dienstherrn beanspruchen (z.B. wenn der Ehegatte Angestellte/r eines noch den BAT oder BAT-O anwendenden Arbeitgebers oder Beamtin/Beamter ist), wird für das Vergleichsentgelt lediglich die Stufe 1 des bisherigen Ortszuschlags zugrunde gelegt. Wegen der Besonderheiten bei Teilzeitbeschäftigung der anderen Person siehe weiter unten Ziffer 7.

Werden beide Personen, im Regelfall also beide Ehepartner, am 1. November 2006 in den TV-L übergeleitet, erfolgt die Überleitung jeweils mit dem Ortszuschlag der Stufe 1 zuzüglich des individuell zustehenden Teils des Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags.”

Mal sehen, wie das Landesarbeitsgericht Nürnberg in der Berufungsinstanz entscheiden wird. Diejenigen, die an der Rechtmässigkeit der Regelung in den Überleitungstarifverträgen gezweifelt haben, dürfen sich jetzt jedenfalls bestätigt fühlen.

Bei der Geltendmachung ist unbedingt die 6-monatige Ausschlussfrist des § 70 BAT bzw. § 37 TVÖD zu beachten.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
www.bundesangestelltentarifvertrag.de

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