Das Bundesverfassungsgericht hat uns erhört: Nachdem der Juracityblog kritisiert hatte, dass die Vorlage des Bundesgerichtshofes zur entsprechenden Tariftreueregelung des Berliner Vergabegesetzes bis heute ohne Antwort des BVerfG blieb (JuracityBlogBeitrag), hat das BVerfG jetzt per Pressemitteilung verlautbaren lassen:

Verlangen nach Abgabe einer Tariftreueerklärung bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge verfassungsgemäß

Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 des Berliner Vergabegesetzes (VgG Bln) sollen die Berliner Vergabestellen Aufträge u.a. für Bauleistungen mit der Auflage vergeben, dass die Unternehmen ihre Arbeitnehmer bei der Ausführung dieser Leistungen nach den jeweils in Berlin geltenden Entgelttarifen entlohnen. Ähnliche Tariftreueregelungen gibt es auch in anderen Bundesländern. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs, der über eine Rechtsbeschwerde im Rahmen der Vergabe von Straßenbauaufträgen zu entscheiden hatte, hielt die Regelung für verfassungswidrig und hat sie dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorgelegt. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschied, dass die Tariftreueregelung des § 1 Abs. 1 Satz 2 VgG Bln mit dem Grundgesetz und dem übrigen Bundesrecht vereinbar ist.

Pressemitteilung Nr. 105/2006 vom 03. November 2006 (zur Pressemitteilung)
BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 – 1 BvL 4/00 (zum Volltext)

Nein, im Ernst, der Beschluss datiert ja zeitlich vor unserem Blogbeitrag. Es kannte ihn nur keiner.

Für NRW kommt die Pressemitteilung übrigens zu spät: Wirtschaftsministerin Thoben will das Tariftreuegesetz zurücknehmen (PM Landesregierung NRW). Hauptargument: 70 % der Kommunen kommen ihren Pflichten aus dem Gesetz nicht nach. Aha. Werden bald auch die Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgehoben, weil die Autofahrer sich daran nicht halten? Die Gewerkschaften kritisieren die Rücknahme des Gesetzes heftig (TAZ-Artikel).

Mal sehen, wie der EuGH jetzt auf die Vorlage des OLG in Celle entscheidet …

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Felser

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