Das Landesarbeitsgericht Köln hat mit seinem Urteil vom 29.05.2006 (gerichtliches Aktenzeichen: 14 (5) Sa 1343/05) entschieden, dass sich auch eine arbeitnehmerähnliche Person bei einer Kündigung durch den Auftraggeber nach langjähriger Beschäftigung auf die verlängerte Kündigungsfrist des § 622 BGB berufen kann.

Der Kläger war als Frachtführer mehr als 15 Jahre zunächst für die Rechtsvorgängerin und ab 1999 für die Beklagte tätig. Der Kläger arbeitete, zusammen mit seiner Frau, ausschließlich für die Beklagte. Ihnen waren feste Touren übertragen und die Lieferwagen wiesen das Logo der Beklagten auf. Mit Schreiben vom 29.11.2004 kündigte die auftraggebende Beklagte das Vertragsverhältnis zum 31.12.2004.

Der Frachtführer setzte sich gegen diese Kündigung zur Wehr und erhob eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Köln mit dem Ziel, die Unwirksamkeit der Kündigung feststellen zu lassen. Dabei behauptete, dass er nicht als selbständiger Unternehmer, sondern vielmehr als Arbeitnehmer einzuordnen sei.

Das Arbeitsgericht Köln hat die Kündigungsschutzklage unter Hinweis auf die fehlende Arbeitnehmereigenschaft des Klägers abgewiesen.

Das Landesarbeitsgericht Köln als Berufungsinstanz hat zunächst klargestellt, dass die erste Instanz zu Recht die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers verneint habe. Der Kläger sei nach Ansicht der Kammer vielmehr als arbeitnehmerähnliche Person einzuordnen und könne sich damit nicht auf den aus dem Kündigungsschutzgesetz resultierenden Kündigungsschutz berufen.

Allerdings hat das LAG dem Kläger in entsprechender Anwendung des § 622 Abs. 2 BGB eine Kündigungsfrist von sechs Monaten eingeräumt, obwohl diese Vorschrift unmittelbar nur für Arbeitnehmer gilt.

Das LAG hat zur Begründung ausgeführt, dass auch die arbeitnehmerähnliche Person sozial schutzbedürftig sei. Die Schutzfunktion des Artikel 12 des Grundgesetzes greife auch zugunsten von arbeitnehmerähnlichen Personen ein. Der Begriff des Arbeitsplatzes in Art. 12 GG erfasse nicht nur die Beschäftigung als Arbeitnehmer. Die arbeitnehmerähnliche Person sei zwar selbständig, tatsächlich erbrächte sie jedoch für einen Auftraggeber dauerhaft – hier über 15 Jahre – Leistungen und sei vor allem wirtschaftlich von dem Auftraggeber abhängig.
Um den verfassungsrechtlichen Schutz der arbeitnehmerähnlichen Person zu gewährleisten und andererseits die Unterschiede zwischen Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnliche Person zu verdeutlichen, hat die Kammer die Anwendung des § 622 BGB zugelassen und im Gegenzug ausdrücklich die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes abgelehnt.

Da es zu dieser Problematik noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gibt und diese Frage auch in der Literatur heftig umstritten ist, hat das LAG Köln die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Quelle: Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 29.05.2006

Hartmann
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Felser
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1 Kommentar

  1. RA Felser
    22. August 2006 18:58

    Na, das wird freie Mitarbeiter freuen, denn die sind im Regelfall arbeitnehmerähnliche Personen. Das BAG hat kürzlich freien Mitarbeitern beim Urlaubsanspruch den Rücken gestärkt:

    http://www.capital.de/sr/100001636.html