Das LAG Berlin (Az.: 13 Sa 94/06) hat sich in einem Urteil mit Fragen ordentlicher Unkündbarkeit, der personenbedingten Kündigung wegen wechselnder Kurzerkrankungen und der Zwei-Wochen-Frist nach bei außerordentlichen Kündigungen (z.B. § 626 II BGB, § 54 II BAT) befaßt.

Zum Sachverhalt: Eine ordentlich unkündbare Arbeitnehmerin fiel häufig wegen wechselnder Erkrankungen aus. Nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit führte der Arbeitgeber ein Krankengespräch mit ihr. In dem Gespräch ergab sich, daß auch künftig mit häufiger Arbeitsunfähigkeit wegen wechselnder Erkrankungen zu rechnen war. Der Arbeitgeber sprach daraufhin eine außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist aus. Dies geschah allerdings erst nach Ablauf von zwei Wochen nach dem Krankengespräch.

Bei ordentlicher Unkündbarkeit kann sich das Recht des Arbeitgebers zur außerordentlichen Kündigung auch aus personenbedingten Gründen ergeben. Klassischer in der Person des Arbeitnehmers liegender Kündigungsgrund sind zur Arbeitsunfähigkeit führende Erkrankungen. Bei der krankheitsbedingten Kündigung wird in der Rechtsprechung zwischen vier Fallgruppen unterschieden: der Langzeiterkrankung, der krankheitsbedingten Leistungsminderung, der kranheitsbedingte Leistungsunfähigkeit und häufig wechselnden Kurzerkrankungen.

Alle Fallgruppen haben gemein, daß es zunächst Aufgabe des Arbeitgebers ist, eine Gesundheitsprognose über die künftige Entwicklung des Arbeitnehmers in Bezug auf seine Arbeitsfähigkeit anzustellen. Das fällt dem Arbeitgeber oft schwer, kennt er in der Regel doch nicht die jeweilige konkrete Ursache der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit. Die Rechtsprechung trägt dem Rechnung und vermutet zu Gunsten des Arbeitgebers bei gleichbleibenden oder steigenden Fehlzeiten wegen häufiger Kurzerkrankungen eine negative gesundheitliche Entwicklung, wenn die Fehlquote über mehrere Jahre 15%-20% der jährlichen Arbeitstage beträgt. Beliebtes Mittel des Arbeitgebers ist es außerdem, Krankengespräche mit Arbeitnehmern zu führen. In diesen Gesprächen versucht der Arbeitgeber jedenfalls Informationen darüber zu erlangen, wie der Arbeitnehmer selbst seine zukünftige gesundheitliche Entwicklung sieht. Teilt der Arbeitnehmer mit, daß er selbst von gleichbleibenden Fehlzeiten ausgeht, dann ist eine negative Gesundheistprognose jedenfalls indiziert.

In dem der angesprochenen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt konnte der Arbeitgeber sich also auf das Vorliegen einer negativen Gesundheitsprognose berufen. Da ihm aufgrund der ordentlichen Unkündbarkeit aber nur die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung verblieb, war zusätzlich das Kriterium der Zwei-Wochen-Frist zu beachten. Hiernach hat der Arbeitgeber binnen zwei Wochen ab Erlangung der Kenntnis von den die Kündigung tragenden Umständen die Kündigung auszusprechen. Das LAG Berlin erachtete diese als versäumt, weil es sich bei ständig wechselnden Krankheiten anders als bei einer dauerhaften Erkrankung, Leistungsunfähigkeit oder einer „auf einem Grundleiden beruhenden Krankheitsanfälligkeit“ nicht um einen „Dauertatbestand“ handele, der eine außerordentliche Kündigung ohne Einhaltung Frist rechtfertigen würde.

Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

Kommentierungsfunktion ist momentan abgeschaltet.