Diese Frage hatte das Bundesarbeitsgericht in Erfurt im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses (gerichtliches Aktenzeichen: 6 AZR 746/06) zu entscheiden. Der 6. Senat ist der Klägerin gefolgt und hat die Beschäftigungszeiten mit seinem Urteil von heutigen Tage anerkannt. Hintergrund dieses Verfahrens war folgender Fall:

Die im öffentlichen Dienst tätige Klägerin war von der Beklagten ordentlich gekündigt worden. Im gerichtlichen Kündigungsschutzverfahren hatte die Klägerin vorgetragen, dass sie insgesamt länger als 15 Jahre bei der Beklagten beschäftigt gewesen ist. Dabei hat sie die Zeiten der geringfügigen Beschäftigung hinzugerechnet.

Für den Fall, dass die Zeiten der geringfügigen Beschäftigung als Beschäftigungszeiten im Sinne des BAT anzusehen wären, hätte die Beklagte keine ordentliche Kündigung aussprechen können. Die Klägerin wäre dann nach § 53 BAT ordentlich unkündbar gewesen.

Während die Klägerin mit ihrem Vorbringen sowohl in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht als auch in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein unterlegen war, hat sie nunmehr in der Revision Recht bekommen.

Der von den ersten beiden Instanzen herangezogenen Begründung, dass tarifrechtliche Vorschriften des öffentlichen Dienstes einer Berücksichtigung von Zeiten geringfügiger Beschäftigung entgegenstehen würden, die vor dem 01.01.2002 zurückgelegt wurden, ist der Senat des BAG nicht gefolgt. Er ist vielmehr der Auffassung, dass bei der Berechnung der Beschäftigungszeiten alle Zeiten – auch die der geringfügigen Beschäftigung – unabhängig von ihrem „Entstehen“ zu berücksichtigen seien.

§ 4 Abs. 1 des 77. Änderungstarifvertrages zum BAT, der vorsieht, dass bei Berechnung der Beschäftigungszeiten die Zeiten der geringfügigen Beschäftigung nur zu berücksichtigen sind, soweit sie nach dem 31.12.2001 zurückgelegt wurden, sei unwirksam.

Diese Vorschrift verstoße gegen § 4 Abs. 1 TzBfG in Verbindung mit dem aus Art. 3 Abs. 1 GG resultierenden Gleichheitssatz und stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung Teilzeitbeschäftigter dar. Ein sachlicher Grund, warum Zeiten geringfügiger Beschäftigung vor dem 01.01.2002 nicht zu berücksichtigen sind, sei nicht ersichtlich.

Zugleich folgt aus dieser Begründung, dass der Klägerin wegen ihrer tariflichen Unkündbarkeit nicht mehr ordentlich gekündigt werden konnte. Der Beklagten steht nur noch die Möglichkeit zu, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses auszusprechen.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.04.2007

Hartmann
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Felser
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