Das OVG Lüneburg veröffentlicht in erfreulicher Regelmäßigkeit Entscheidungen, sich mit einem klassischen Problem des Beförderungsrechts befassen – das Auswahlgespräch. Das OVG führt in seinem Beschluss vom 21.02.2007 – 5 LA 171/06 – aus, daß es dem Dienstherrn im Rahmen der Besetzung eines Beförderungsamtes freisteht, bei im wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern auch dann demjenigen Bewerber den Vorzug zu geben, der in einem Auswahlgespräch den besseren Eindruck hinterlassen hat, wenn der Konkurrent in früheren Beurteilungen besser abgeschnitten hat.

Eine Beamtin (Besoldungsgruppe A 12) hatte in der ersten Instanz erfolglos mit der Argumentation, ihre Vorbeurteilungen seien besser als die des bevorzugten Konkurrenten (Besoldungsgruppe A 11) gewesen, Konkurrentenschutz gesucht. Außerdem seien die aktuellen Beurteilungen fehlerhaft, weil der zuständige Personalrat zuvor nicht an der Änderung der zugrundeliegenden Beurteilungsrichtlinien beteiligt worden war. Das VG Hannover folgte dem nicht, weil es der Auffassung war, daß es im Ermessen des Dienstherrn liege, bei gleicher aktueller Beurteilung von Bewerbern die Auswahlentscheidung entweder auf einen Eignungsvorsprung, der sich aus dem Auftreten im Auswahlgespräch ergibt, oder aber auf bessere frühere Beurteilungen zu stützen.

Im Verfahren über die Zulassung der Berufung bestätigte das OVG nun die erstinstanzliche Entscheidung und lehnte den Zulassungsantrag ab. Es wies darauf hin, daß die unterbliebene Beteiligung des Personalrats nur dann eine Rolle in dem Beförderungsrechtsstreit spielen könne, wenn sich die fehlerhafte Beteiligung auch auf die inhaltliche Richtigkeit der Beurteilung ausgewirkt hätte. Hiervon sei aber ohne weiteres nicht auszugehen.

Auch der Umstand, daß ein Beamter ein höheres statusrechtliches Amt bekleide als der Konkurrent, bedeute nicht automatisch, daß sich hieraus eine bessere Eignung für die Stelle ergebe. Weise der Konkurrent nämlich eine Beurteilung auf, die eine bessere Binnendifferenzierung beinhalte, dann könne der Aspekt, daß die Klägerin in einem Amt mit einem höherem Anforderungsmaßstab tätig ist, nivelliert werden.

Das OVG bestätigte zwar die Auffassung der Klägerin, daß bei einem Beurteilungsgleichstand ältere Beurteilungen als leistungsbezogene Erkenntnisquellen herangezogen werden könnten und erst hiernach dann die sog. Hilfskriterien Bedeutung erlangen. Entgegen der Aufassung der Klägerin stehe es jedoch im Ermessen des Dienstherrn, ob er als ebenfalls leistungsbezogenes Element der Performance in einem Auswahlgespräch den Vorrang vor älteren Beurteilungen einräume. Erkenntnisse über die Eignung, die im Rahmen eines strukturierten Auswahlgesprächs gewonnen werden, lägen eben nicht auf der Ebene der sog. Hilfskriterien, sondern gehörten mit zu den leistungsbezogenen Auswahlkriterien wie eine aktuelle oder ältere Beurteilungen.

Auswahlgespräche stellten zwar nur eine Momentaufnahme dar (s. auch OVG Lüneburg vom 02.03.2007 – 5 OB 126/07) und der Eindruck, den ein Bewerber in einem solchen Gespräch hinterlasse, hinge bisweilen auch von der Tagesform ab. Deswegen könne der Eindruck in einem Auswahlgespräch auch nie im Verhältnis zur aktuellen Beurteilung im Rahmen der Beförderungsentscheidung ausschlaggebend sein. Im Verhältnis zu älteren Beurteilungen sei ein Vorrang der Auswertung des Auswahlsgesprächs aber nicht zwingend ausgeschlossen.

Fundstelle: Beschluss des OVG Lüneburg vom 21.02.2007 – 5 LA 171/06 –

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Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser


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