Das BAG hat sich in seinem Urteil vom 21. November 2006 – 9 AZR 97/06 – mit der insolvenzrechtlichen Einordnung von Ansprüchen des Arbeitnehmers auf Urlaub, Urlaubsentgelt und Urlaubsabgeltung befaßt. Die insolvenzrechtliche Einordnung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis ist für den Arbeitnehmer, der zunächst auch nach Eröffnung des Verfahrens nicht durch den Insolvenzverwalter nicht gekündigt sondern weiter beschäftigt wird, von goßer Bedeutung.

Generell kann man sich an der Faustregel orientieren, daß alle vor Eröffnung des Verfahrens enstandenen Ansprüche des Arbeitnehmers auf Vergütung u.ä. als bloße Insolvenzforderungen zur Insolvenztabelle anzumelden sind. Das ist für den Arbeitnehmer zunächst einmal mißlich, weil Insolvenzforderungen erst beglichen werden, nachdem alle Masseforderungen ausgeglichen sind. Das führt in der Praxis leider oft dazu, daß auf Insolvenzforderungen nur eine Quote, manchmal aber auch nichts vor Abschluß des Verfahrens gezahlt wird. Bezüglich der Insolvenzforderungen besteht für den Arbeitnehmer also ein nicht unerhebliches Ausfallrisiko. Der Gesetzgeber hat dies erkannt und mit dem Insolvenzgeld nach § 183 SGB III wenigstens für den Zeitraum von drei Monaten vor dem Eintritt eines Insolvenzereignisses – in der Regel also der Verfahrenseröffnung – eine Absicherung geschaffen.

Das BAG hat sich nun mit der Frage befaßt, wie offene Urlaubsansprüche ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung einzuordnen sind. Das BAG bewertet diese Forderungen als Masseverbindlichkeiten mit der Folge. daß der Insolvenzverwalter bei enstprechendem Urlaubsantrag diesen erteilen und auch Urlaubsentgelt aus der Insolvenzmasse zu zahlen hat. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach Eröffnung des Verfahrens ist der verbliebene Resturlaub auch als Masseverbindlichkeit abzugelten.

Das BAG hat ferner darauf verwiesen, daß die Masseunzulänglichkeitsanzeige des Insolvenzverwalter zu einer Differenzierung der Masseverbindlichkeiten in sog. Alt- und Neumasseverbindlichkeiten führen. Gläubiger der Altmasseverbindlichkeiten könnten dann nur noch mit einer quotalen Befriedigung ihrer Ansprüche rechnen. Sofern ein Arbeitnehmer nach Masseunzulänglichkeitsanzeige weiter beschäftigt wird, erwächst ihm in vollem Umfang weiterer Anspruch auf bezahlte Freistellung nach dem BUrlG. Kann der Arbeitnehmer allerdings vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Urlaub nicht mehr in Anspruch nehmen, muß hinsichtlich der Bemessung der Urlaubsabgeltung differenziert werden. Die Urlaubsabgeltung ist nur anteilig als Neumasseverbindlichkeit zu berücksichtigen, wobei die Berechnung derart erfolgt, daß bei einem in 5-Tage-Woche beschäftigten Arbeitnehmer das für den gesamten Jahresurlaub zustehende Urlaubsentgelt durch 260 dividiert wird und mit den nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit geleisteten Arbeitstagen zu multiplizieren, an denen er zur Beschäftigung herangezogen worden ist.

Fundstelle: Pressemitteilung Nr. 71/06 zum Urteil des BAG vom 21. November 2006 – 9 AZR 97/06 –

Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

http://www.insolvenzarbeitsrecht.de

Kommentierungsfunktion ist momentan abgeschaltet.