Das Verwaltungsgericht Berlin hat in seinem Urteil vom 25. Oktober 2006 – VG 1 A 245.05 – hat die Klage eines wegen gemeinschaftlichen schweren Landfriedensbruchs in Tateinheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte angeklagten Demonstrationsteilnehmers auf Freigabe der tatsächlichen Namen von Polizeibeamten, die im Strafverfahren als Zeugen gegen den ihn ausgesagt hatten, abgewiesen.

Dem Kläger war zur Last gelegt worden, bei einer Gegendemonstration zu einem NPD-Aufzug eine leere Bierflasche auf Einsatzbeamte geworfen zu haben. In der Anklage wurden als Zeugen drei Polizeibeamte aufgeführt. Ihre tatsächlichen Namen und Anschriften wurden aber nicht genannt, sondern nur  eine Codierungsnummer. Die Berliner Senatsverwaltung für Inneres lehnte es gegenüber dem Strafgericht unter Verweis auf die analoge Anwendung des § 96 StPO ab, Namen und ladungsfähige Anschrift der Beamten zu offenbaren. Das Gericht sollte es den Zeugen außerdem erlauben, ihr Äußeres in der Hauptverhandlung unkenntlich zu machen.

Der Kläger erhob erfolglos gegen diese Sperrerklärung Klage. Das VG Berlin billigte § 96 StPO als Ermächtigungsrgundlage. Bei Offenbarung ihrer Identität drohten nicht nur den Beamten sondern auch dem Wohl des Landes Nachteile, weil im Rahmen der Aufklärung bestimmter Straftaten der Einsatz von anonym bleibender Spezialeinheiten notwendig sei, um weder die Beamten dieser Einheiten zu gefährden noch deren Einsatzwert zu verringern. Allerdings gab das VG dem Kläger insoweit bei, als es keine ausreichende Grundlage für eine Anordnung an das Amtsgericht, den Zeugen zu gestatten, ihr Äußeres zu verfremden, zu erkennen vermochte.

Fundstelle: Pressemitteilung des VG Berlin zum Urteil vom 25.10.2006 – VG 1 A 245.05 –

Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

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1 Kommentar

  1. RA Frings
    5. Juli 2007 16:21

    Aus Sicht eines Strafverteidigers ist wichtig, daß zunächst die Beamten *überhaupt* zur Verhandlung erscheinen und befragt werden können.

    Auch wenn die Identität des Zeugen in der Regel zu keinen weiteren Ermittlungen Anlaß gibt, mag es natürlich gerade Ausnahmefälle geben, in welchen die genauen Personendaten für weitere Recherchen von Interesse ist.

    Das – aus Sicht eines Strafverteidiger – Schlimme ist, daß Sperrerklärungen bisweilen so weit gehen, daß gesperrte Ermittlungsbeamte – etwa verdeckt arbeitende Ermittler – erst gar nicht in der Hauptverhandlung erscheinen, sondern deren *belastende* Aussagen lediglich „mittelbar“ über Führungspersonen in das Verfahren eingeführt werden.

    Nach Art. 6 EMRK steht dem Angeklagten jedoch eigentlich das Recht zu, selber/durch die Verteidigung Fragen an den Belastungszeugen zu stellen.
    Obwohl dies in den zuletzt beschriebenen Fällen – bei „mittelbarer Vernehmung“ – offensichtlich nicht geht, ist dies bis auf wenige Ausnahmen seitens der obersten Gerichte abgesegnet.