Die ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bewirkt im Rechtsstreit über die Gewährung von Krankengeld keine Beweiserleichterung, wenn der Medizinische Dienst der Krankenversicherung die Arbeitsfähigkeit des Versicherten bejaht, so das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 08.11.2005 (Aktenzeichen B 1 KR 18/04 R).

Das Bundessozialgericht:

„Dieser Grundsatz greift gerade typischerweise in den Fällen, in denen die Beurteilungen der Arbeits(un)fähigkeit durch den behandelnden Arzt auf der einen Seite und durch den MDK auf der anderen Seite voneinander abweichen. Dementsprechend sind nach der ständigen Rechtsprechung des BSG Krankenkassen und Gerichte an den Inhalt einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit nicht gebunden. Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt vielmehr lediglich die Bedeutung einer ärztlich-gutachtlichen Stellungnahme zu, welche die Grundlage für den über den Krankengeldanspruch zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet ( vgl zB BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 12 S 53 mwN; BSGE 54, 62, 65 = SozR 2200 § 182 Nr 84 S 24; BSG, Beschluss vom 31. März 1998 – B 1 KR 56/96 B, Juris-Dok-Nr KSRE071420518 ; Urteil vom 9. Oktober 2001 – B 1 KR 12/01 R, Juris-Dok-Nr KSRE030721522 ; ferner Urteil des Senats vom 8. November 2005 – B 1 KR 21/04 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen; aus der aktuellen Literatur zB: Schmidt in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Bd 2, § 44 SGB V RdNr 131 ff mwN und § 46 SGB V RdNr 20; Höfler in: Kasseler Kommentar, § 46 SGB V RdNr 7; Marschner in: von Maydell, GK-SGB V, § 44 RdNr 12 und § 46 RdNr 16, Stand: Oktober 2002; Kruse in: ders/Hänlein, GKV-LPK, 2. Aufl 2003, § 46 SGB V RdNr 5; Berchtold, Krankengeld, 2004, RdNr 501 f, 511; Just in: Wannagat, SGB V, § 46 RdNr 15 ff ). Im sozialgerichtlichen Verfahren ist eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in diesem Sinne ein Beweismittel wie jedes andere, sodass der durch sie bescheinigte Inhalt durch andere Beweismittel widerlegt werden kann; ob eine solche Bescheinigung dort als ausreichender und keiner weiteren Überprüfung bedürfender Nachweis angesehen werden kann, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und unterliegt pflichtgemäßem richterlichen Ermessen ( so: Schmidt, ebenda, § 44 SGB V RdNr 136 mwN; ähnlich Berchtold, aaO, RdNr 514 f).“

Diese Überlegungen gelten grundsätzlich auch im Arbeitsrecht. Auch hier kommt es vor, dass der Hausarzt krankschreibt, während der MDK gesundschreibt. Will der Arbeitnehmer dann seinen Entgeltfortzahlungsanspruch gegen den Arbeitgeber oder den Krankengeldanspruch gegen die Krankenkasse riskieren, ist eine neue Bescheinigung – wohl auch mit einer anderen Erkrankung – erforderlich. Das alte Attest mit den dort getroffenen Feststellungen ist aufgrund des Gutachtens des MDK erschüttert. Ob es hält oder fällt, kann erst ein Gericht verbindlich feststellen.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Felser

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