Da im Beitrag auf Bild.T-Online.de aus Gründen, die in der Natur der Sache liegen, keine Urteile genannt werden, halte ich es für sinnvoll, diese hier nachzuliefern. Einige Gerichte haben sich mit Tätowierungen (sog. Tattos) sogar ausdrücklich beschäftigt, allerdings vornehmlich im öffentlichen Dienst:

Großflächige Tätowierungen auf den Unterarmen allein sind kein Grund, die persönliche Eignung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst abzusprechen. Der öffentliche Dienst ist insoweit auch hinsichtlich des Tragens von Körperschmuck ein Spiegelbild der Gesellschaft.

“Er weist zutreffend darauf hin, dass Tätowierungen auch bei bereits im Dienst befindlichen Polizeibeamten anzutreffen sind, mögen diese auch etwas kleiner oder weniger auffällig sein. Gleichwohl ist auch der Polizeidienst mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von entsprechenden gesellschaftlichen Entwicklungen wie der Zunahme von Tätowierungen oder dem Tragen von Ohrschmuck durch Männer etc. erfasst worden, ohne dass dies letztlich die Einsatzfähigkeit des Personals und seine hinreichende Akzeptanz bei den Betroffenen ernsthaft beeinträchtigt hätte. Die bloße Erwartung von Teilen der Bevölkerung, Polizeibeamte oder -beamtinnen müssten ein bestimmten eher traditionellen Erwartungen entsprechendes Aussehen haben, genügt für sich genommen nicht, die aus der freien Entfaltung der Persönlichkeit herrührenden Rechte eines jeden, denen zugleich auch das Recht aus Art. 134 HV zusteht, in unverhältnismäßiger Weise zu beschränken.”

VG Frankfurt vom 14.02.2002 – Aktenzeichen: 9 G 411/02

Ein Justizvollzugsbeamter kann zur Gewährleistung der Ordnung innerhalb der Justizvollzugsanstalt und im Interesse des Staates an einem einheitlichen und neutralen Auftreten seiner uniformierten Vollzugsbeamten aufgefordert werden, nach Art oder Größe auffällige Tätowierungen beim Tragen von Dienstkleidung zu verbergen.

“Die Tätowierungen waren bereits bei seiner Einstellung vorhanden. Im Einzelnen handelt es sich auf dem rechten Unterarm um einen Dolch mit Schlange (14 x 4,5 cm), ein Herz mit Pfeil (8 x 8 cm), einen Namen (6 x 1 cm) und ein Datum (5,5 x 1 cm), auf dem linken Unterarm findet sich ein Name (8 x 1,5 cm) sowie ein Schiff mit Deutschlandflagge (12 x 6 cm); letztere Tätowierung ist als einzige farbig ausgestaltet; sie stammt laut Auskunft des Klägers aus der Zeit seiner Tätigkeit als Matrose.

(…)

Die dienstliche Anordnung vom 26. Mai 2004 verfolgt das verfassungsrechtlich legitime Ziel, die Ordnung innerhalb der Justizvollzugsanstalt zu gewährleisten sowie – auch und gerade nach außen – ein einheitliches und neutrales Auftreten der uniformierten Vollzugsbeamten zu erreichen. Letzteres kommt gerade bei Vorführungen der Strafgefangenen bei Gericht, Ärzten o.ä. zum Tragen, wie sie von dem Kläger derzeit durchgeführt werden. In diesen Fällen hat der Beklagte ein gesteigertes Interesse, darüber zu befinden, wie er sich im Bereich des Vollzugsdienstes repräsentiert sehen will. Dabei steht nicht das Erzwingen eines in jeder Hinsicht einheitlichen Erscheinungsbildes im Vordergrund. Dieses Ziel lässt sich wegen des unterschiedlichen Aussehens der Menschen ohnehin nicht in vollem Umfang erreichen. Es geht vielmehr darum, dass mit dem Uniformzwang ein neutrales und die Autorität des Staates dokumentierendes Erscheinungsbild erreicht wird. Mit diesem Zweck sind die großflächigen und deshalb besonders auffälligen Tätowierungen des Klägers nicht vereinbar. Wie der Senat sich in der mündlichen Verhandlung überzeugen konnte, ähneln die Tätowierungen des Klägers nach Art und Größe denjenigen, die bei Seeleuten, aber auch im Milieu von Strafgefangenen verbreitet sind. Von daher ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte im Erscheinungsbild seiner Justizvollzugsbeamten nach außen eine Unterscheidbarkeit gewahrt sehen will.

Aber auch im Hinblick auf die Gewährleistung der Ordnung innerhalb der Justizvollzugsanstalt ist die dienstliche Anordnung gerechtfertigt. Gerade wegen der den Strafgefangenen erteilten Anordnung, sich während der Haft nicht zu tätowieren, leuchtet es ein, dass der Beklagte Probleme für die Durchsetzung dieser Regelung befürchtet, wenn ein Justizvollzugsbeamter seinerseits auffällig tätowiert ist. Ferner hält der Senat es für berechtigt, wenn der Beklagte beim Offenbaren von Tätowierungen wie im Falle des Klägers die Möglichkeit eines Distanzverlustes zu den Strafgefangenen und damit eine Schwächung der Autorität und Akzeptanz des Beamten befürchtet. Dass der Kläger während der Wochen, in denen er kurzärmelig Dienst verrichtete, einen solchen Autoritäts- und Akzeptanzverlust nicht festgestellt hat, ändert nichts an der berechtigten Besorgnis des Beklagten, dass hierunter die Disziplin innerhalb der Anstalt leiden könnte.

Gegenüber diesen gewichtigen dienstlichen Interessen an der Dienstkleidungsregelung wiegen die dem Kläger dadurch zugemuteten Einschränkungen seiner Persönlichkeitsentfaltung weniger schwer. Denn die Maßnahme trifft ihn nur innerhalb des Dienstes für die Zeit des Tragens seiner Dienstkleidung. Auf seine Persönlichkeitsentfaltung im außerdienstlichen Bereich hat die Anordnung keine Auswirkungen. Die Aufforderung, Unterarmtätowierungen während des Dienstes – etwa durch das Tragen langärmeliger Hemden – zu verbergen, mag zur wärmeren Jahreszeit unangenehm sein, wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen ausgeführt hat. Gravierende körperliche Beeinträchtigungen sind hierdurch allerdings nicht zu befürchten. Dies umso mehr, als die Räume, in denen sich der Kläger überwiegend aufhält, sämtlich klimatisiert sind. Angesichts dessen erweist sich die dienstliche Anordnung nicht als unverhältnismäßig.

Dabei verkennt der Senat nicht, dass sich die Einstellung der Bevölkerung zu Tätowierungen in den vergangenen Jahren gewandelt hat. Diese Art von Körperschmuck findet sich nicht mehr nur bei Angehörigen gesellschaftlicher Randgruppen, vielmehr ist sie verbreitet, insbesondere bei jüngeren Personen. Allerdings hält der Senat auch nach nochmaliger Erörterung dieser Frage an der Auffassung fest, dass man hierbei nach Art, Größe und näherer Ausgestaltung der Tätowierungen unterscheiden muss. Ferner ist zu bedenken, dass im Berufsleben das Zeigen von Tätowierungen nicht in gleichem Umfang akzeptiert ist wie etwa bei Freizeitaktivitäten. Der Senat ist nach seinem persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung überzeugt, dass Tätowierungen wie diejenigen des Klägers nicht allgemein akzeptiert sind und deren Offenbaren bei einem uniformierten Justizvollzugsbeamten auf Befremden stößt.

Auch der Umstand, dass der Kläger trotz des Vorhandenseins der Tätowierungen eingestellt worden ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Bei der Einstellung stand lediglich die Frage der Eignung des Klägers im Raum (vgl. hierzu den Beschluss des VG Frankfurt vom 14. Februar 2002 – 9 G 411/02 -, Juris, das sich auch lediglich mit dieser Frage befasst). Wie das Verwaltungsgericht bereits zutreffend ausgeführt hat, kann hieraus keine Zusage der Beklagten hergeleitet werden, während der Dienstausübung des Klägers auf jedwede Anordnung hinsichtlich der Tätowierungen zu verzichten.

Schließlich ist die dienstliche Anordnung auch mit dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) vereinbar. Der sachliche Grund für die unterschiedliche Behandlung des Klägers im Vergleich zu seinen Kollegen besteht in der großflächigen und auffälligen Tätowierung seiner Unterarme, die – wie oben dargelegt -beim Tragen kurzärmeliger Hemden mit dem zu fordernden äußeren Erscheinungsbild eines Justizvollzugsbeamten nicht vereinbar ist.”

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz vom 10.06.2005 – Aktenzeichen: 2 A 10254/05

Bei der Haarpracht sind die Gericht aber inzwischen etwas lockerer geworden:

Eine Regelung der obersten Dienstbehörde, die uniformierten Polizeibeamten vorschreibt, die Haare in Hemdkragenlänge zu tragen, verstößt gegen Art. 2 Abs. 1 GG.

“(…) Zum anderen kann sie Dienstkleidungsträgern Vorgaben für die äußere Erscheinung im Dienst, etwa für die Gestaltung der Haar- und Barttracht, das Tragen von Schmuck oder für Tätowierungen machen. Solche Regelungen können durch Verwaltungsvorschriften getroffen werden, weil es sich um eine Aufgabe der Organisations- und Geschäftsleitungsgewalt handelt (Urteile vom 25. Januar 1990 a.a.O. S. 290 und vom 15. Januar 1999 a.a.O.).
(…)
Nach alledem sind gepflegte und nicht überspannt anmutende Haare, die mehr als geringfügig über die “Hemdkragengrenze” reichen, nicht geeignet, die Neutralitätsfunktion der Uniform zu beeinträchtigen (vgl. auch VGH Kassel, Beschluss vom 16. November 1995 – 1 TG 3238/95 – NJW 1996, 1164 ; VGH München, Beschluss vom 15. November 2002 – 3 CS 02.2258 – BayVBl 2003, 212 ). Da die Regelung gemäß Nr. 3.1.1 Satz 3 des Rundschreibens nicht mit einem eingeschränkten Erklärungsgehalt aufrechterhalten werden kann, verstößt sie insgesamt gegen Art. 2 Abs. 1 GG und kann die Befolgungspflicht gemäß § 65 Satz 2 LBG RP nicht auslösen.”

BVerwG vom 02.03.2006 – Aktenzeichen: 2 C 3/05

Die Arbeitsgerichte wären hier aufgrund der Grundsätze des Kopftuch-Urteils des Bundesarbeitsgerichts großzügiger, allerdings hängt es vom konkreten Job ab und auch von den Ausmaßen der Tätowierung oder den Darstellungen, ob Tattoos am Arbeitsplatz erlaubt sich.

Die Arbeitsgericht haben sich ganz konkret mit Tätowierunge bisher nur selten befasst, ausserdem ging es um die Entgeltfortzahlung für eine Beseitigung einer Tätowierung:

Arbeitsunfähigkeit iS des § 1 Abs 1 LFZG scheidet aus, wenn ein Arbeitnehmer aus ästhetischen Gründen Tätowierungen durch einen chirurgischen Eingriff beseitigen läßt.

Landesarbeitsgericht Hamm vom 23.07.1986 Aktenzeichen – 1 (9) Sa 528/86

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

1 Kommentar

  1. RA v. Hopffgarten
    9. Juli 2007 11:38

    Näheres zu zitierten Entscheidung des BVerwG vom 02.03.2006 – 2 C 3/05 – auch in dem blog.juracity-Beitrag :

    “Die Welt zu Gast…

    (http://blog.juracity.de/2006-03-30/die-welt-zu-gast.html)