Das LAG München hat sich in seinem Teilurteil vom 30. November 2006 4 Sa 438/06 mit der Frage der Zurechnung einer Kündigungserklärung befaßt, die von einem Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft als „geschäftsführender Gesellschafter“ auf dem Briefpapier der Gesellschaft erklärt wurde und dabei festgestellt, daß der Gesellschafter mit einer solchen Erklärung auch dann ein etwaig nur mit ihm persönlich bestehendes Arbeitsverhältnis kündigen will, obwohl er selbst der Auffassung ist, daß mit ihm allein gar kein Arbeitsverhältnis besteht.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Beklagte unterhält mit zwei weiteren Standeskollegen eine Zahrarztpraxis in Form einer Gemeinschaftspraxis – BGB-Gesellschaft. Der Kläger wurde in dieser Praxis als Zahnarzt beschäftigt. Mit Schreiben aus Juni 2005 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger. Für das Schreiben wurde das Briefpapier der Gemeinschaftspraxis unter Angabe aller drei Zahnärzte verwendet und aus dem Text des Schreibens ging hervor, daß der Beklagte offensichtlich für alle Zahnärzte als – so wörtlich – „Geschäftsführender Gesellschafter“ kündigen wollte.

Hiergegen klagte der Arzt und machte außerdem noch über eine Stufenklage einen Auskunftsanspruch über die Umsatzhöhe zahnärztlicher Honorare geltend.

Das ArbG München gab der gegen die Kündigung gerichteten Feststellungsklage statt, weil der Kläger sunstantiiert dargelegt hatte, dass er ab Mitte des Jahres 2004 Verhandlungen über die Begründung eines Arbeitsverhältnisses nur mit dem Beklagten geführt hatte. Dieser habe dabei nie zu erkennnen gegeben, dass er dabei für die BGB-Gesellschaft und nicht für sich selbst habe auftreten wollen. Auch sei aus anderen Umständen, wie etwa der Lohnabrechnung, nicht zu entnehmen, daß ein Arbeitsverhältnis mit der BGB-Gesellschaft zustande gekommen sei. Bei der Kündigung handele es sich aber eindeutig um eine Erklärung der BGB-Gesellschaft, die das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten nicht beenden könne. Mangels Mehrdeutigkeit des Schreibens sei für eine Auslegung des Schreibens als Kündigungserklärung nur des Beklagten kein Raum.

Der Beklagte wendete in der Berufung u.a. ein, daß mit ihm schon deshalb kein Arbeitsvertrag zustande kommen konnte, weil in den Gesprächen mit ihm weder die Vergütungshöhe noch der Arbeitsumfang geklärt gewesen seien und deswegen noch ein offener Einigungsmangel im Sinne des § 154 I GBG bestanden habe. Da er selbst keinen eigenen Betrieb habe, sei der Arbeitsvertrag durch Arbeitsaufnahme im Betrieb der BGB-Gesellschaft mit dieser zustande gekommen. Das sei für den Kläger angesichts des Praxisschilds, des verwendeten Briefkopf und der Visitenkarten auch ersichtlich gewesen.

Das LAG hob nun die erstinstanzliche Entscheidung auf. Allerdings vermochte es der Argumentation des Klägers, nach § 154 I BGB sei im Zweifel kein Arbeitsvertrag mit ihm zustande gekommen, nicht zu folgen. Das LAG wies auf die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs hin, wonach § 154 Abs. 1 BGB als Auslegungsregel unanwendbar bleibt, wenn sich die Parteien trotz noch offener Punkte offensichtlich vertraglich binden wollen und sich die offenen Vertragsfragen ggf. im Wege ergänzender Vertragsauslegung oder nach § 612 Abs. 2 BGB beantworten lassen. Hierauf könne dann geschlossen werden, wenn die Parteien mit der Durchführung des Vertrages begonnen haben.

Der Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, mit ihm sei kein Arbeitsvertrag zustande gekommen. Hiergegen sprächen schon die allein mit ihm geführten Bewerbungsgespräche des Klägers über eine Tätigkeit in der Praxis. Der Beklagte müsse sich insoweit die Auslegungsregel des § 164 Abs. 2 BGB entgegen halten lassen. Zudem weise der schriftliche Arbeitsvertragsentwurf des Beklagten nur den Beklagten als Arbeitgeber/Praxisinhaber aus. Des weiteren ergebe sich aus einem Bescheid der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB) eine Genehmigung der Beschäftigung des Klägers als Vorbereitungsassistenten durch den Beklagten als Vertragszahnarzt, was ein weiteres Indiz dafür darstelle, daß das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten persönlich als Inhaber der Beschäftigungsgenehmigung begründet wurde.

Entgegen der erstinstanzlichen Einscheidung vertrat das LAG aber die Auffassung, daß der Beklagte mit dem Kündigungsschreiben jedenfalls „auch“ eine Kündigung als alleiniger Arbeitgeber des Klägers ausgesprochen habe. Der Kläger habe das Schreiben auch aus seiner Sicht als Kündigungserklärung des Beklagten als alleinigem Arbeitgeber bei Würdigung aller Umstände erkennen können. Selbst nach Auffassung des Klägers habe eben nur ein Arbeitsverhältnis allein mit dem Beklagten bestanden. Dementsprechend habe der Kläger ja auch nur den Beklagten mit der Feststellungsklage in Anspruch genommen.

Das Auftreten des Beklagten bei der Kündigung als „Geschäftsführenden Gesellschafters“ der Gemeinschaftspraxis stehe nicht entgegen. Der BGB-Gesellschaft kommt nach der Rechtsprechung des BGH nach außen partielle Rechtsfähigkeit zu und sie ist im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig. Damit könne jedoch nicht angenommen werden, daß es sich bei der BGB-Gesellschaft um eine verselbstständigte juristische Person wie eine GmbH, oHG oder KG handelt. Gesellschafter der BGB-Gesellschaft handelten zuerst als natürliche Personen für sich selbst und nicht als Organe einer rechtlich selbstständigen juristischen Person. Der Beklagte habe hiernach also für sich selbst und jeweils in Vertretung für die Mitgesellschafter die Kündigung erklärt. Der Kläger habe dies auch erkannt und folgerichtig die Feststellungsklage allein gegen den Beklagten, den er als alleinigen Arbeitgeber ansah, gerichtet. Zur Zurechnung der Kündigung als solche der GbR hatte der Kläger erst vorgetragen, nachdem der Beklagte in der Klageerwiderung auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses allein mit der BGB-Gesellschaft hinwgewiesen hatte.

Der Argumentation mag bei Betrachtung des Empfängerhorizonts noch gefolgt werden können. Indes wäre es dennoch wünschenswert gewesen, wenn das LAG München auch ein paar Worte zu folgender Merkwürdigkeit verloren hätte: nach Würdigung der oben angeführten Umstände und der Chronologie des Prozeßvortrages unterstellt das LAG dem Kläger, er habe die Kündigung immer schon als Kündigung des Beklagten persönlich verstanden oder verstehen müssen. Interessant ist nur, daß nicht einmal der Beklagte selbst behauptet hat, eine Kündigung als alleiniger Arbeitgeber ausgesprochen zu haben sondern durchweg die Auffassung vertreten hat, es habe nur ein Arbeitsverhältnis mit der BGB-Gesellschaft bestanden.

Fundstelle: Teilurteil des LAG München vom 30. November 2006 – 4 Sa 438/06 –

Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

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