Kurzarbeit für Betriebsratsmitglieder?

Kurzarbeit auch für Betriebsratsmitglieder?  In Foren im Internet werden auch Fragen über die Auswirkungen von Kurzarbeit auf die Betriebsratsarbeit und auf Betriebsratsmitglieder oder Betriebsratsschulungen gestellt.

Kurzarbeit für Betriebsratsmitglieder

Grundsätzlich gilt für Betriebsratsmitglieder nichts anderes im Hinblick auf die arbeitsvertragliche Tätigkeit als für die anderen Beschäftigten in Abteilung und Betrieb. Betriebsratsmitglieder dürfen nach § 78 Satz 2 BetrVG weder benachteiligt noch begünstigt werden; wer die Forderung erhebt, dass auch das Management einen der Kurzarbeit entsprechenden Beitrag liefert, darf sich selbst nicht abseits stellen. Daher kann auch bei Betriebsratsmitgliedern das Entgelt gekürzt werden, selbst bei Kurzarbeit Null.

Betriebsratsarbeit trotz Kurzarbeit

Klar ist aber, dass die Kurzarbeit nicht dazu führen kann, dass die Betriebsratsarbeit leidet. Daher wird die Betriebsratstätigkeit durch Kurzarbeit nicht berührt, also werden ganz normale Betriebsratssitzungen stattfinden und die sonstige Betriebsratsarbeit auch.

Entgelt des Betriebsratsmitglieds bei Betriebsratstätigkeit

Führt das Betriebsratsmitglied aber aus betriebsbedingten Gründen während der Kurzarbeit ausserhalb seiner durch Kurzarbeit enfallenen Arbeitszeit Betriebsratstätigkeit aus (z.B. Teilnahme an Betriebsratssitzungen), hat es für die Dauer Anspruch auf seine normale Vergütung.

Allerdings gilt ansonsten das Lohnausfallprinzip, das voraussetzt, dass während der Betriebsratstätigkeit überhaupt Entgelt zu zahlen gewesen wäre.

„Unbegründet sind schließlich auch die Ansprüche des Klägers für seine Wahlvorstandstätigkeit in der Kurzarbeitswoche vom 22. bis zum 26. März 1993. Unmittelbar aus § 20 Abs. 3 Satz 2 BetrVG kann der Kläger schon deshalb keinen Anspruch haben, weil er durch seine Betätigung im Wahlvorstand keine Arbeitszeit versäumt hat. Er war schon aufgrund der Kurzarbeit von jeder Arbeitspflicht befreit. Auch im übrigen besteht kein Anlaß, ein Wahlvorstandsmitglied während einer Kurzarbeitsperiode besserzustellen als ein Betriebsratsmitglied, für das in dieser Zeit auch nur das Lohnausfallprinzip gilt (vgl. z.B. BAG Urteil vom 31. Juli 1986 – 6 AZR 298/84 – AP Nr. 55 zu § 37 BetrVG 1972). Der Kläger hat auch nicht, wie es die Anwendung des § 37 Abs. 3 BetrVG voraussetzt (BAG Urteil vom 15. Februar 1989 – 7 AZR 193/88 – AP Nr. 70 zu § 37 BetrVG 1972), durch seine Amtstätigkeit ein über seine normale Arbeitsleistung hinausgehendes Freizeitopfer erbracht. Auch das Amt des Wahlvorstands ist ein unentgeltliches Ehrenamt; ehrenamtliche Tätigkeit beinhaltet regelmäßig auch nicht ausgleichspflichtige Freizeitopfer. Nach § 37 Abs. 3 BetrVG aber ist ein Freizeitopfer nur dann ausgleichspflichtig, soweit aus betriebsbedingten Gründen die während der Freizeit geleistete Amtstätigkeit zu der normalen Arbeitsleistung hinzukommt (Senatsurteil vom 15. Februar 1989, aaO).

(BAG, Urteil vom 26. April 1995 – 7 AZR 874/94 –, BAGE 80, 54-61, Rn. 27)

Kurzarbeit während Betriebsratsschulung

Das Lohnausfallprinzip führt auch dazu, dass Betriebsratsmitglieder während einer Betriebsratsschulung nur Lohn in gekürzter Höhe erhalten, wenn sie von Kurzarbeit betroffen sind:

Nach dem sich aus dieser Vorschrift ergebenden Lohnausfallprinzip ist dem Betriebsratsmitglied grundsätzlich derjenige Lohn fortzuzahlen, den er ohne den Besuch der Schulungsveranstaltung während dieser Zeit verdient hätte. Denn nach § 37 Abs. 1 BetrVG ist das Betriebsratsamt ein Ehrenamt, die Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben geschieht demnach unentgeltlich (statt vieler: BAG Urteil vom 15. Januar 1991, BAGE 67, 50 = AP Nr. 114 zu Art. 9 GG Arbeitskampf, m.w.N.). § 37 Abs. 2 BetrVG stellt lediglich sicher, daß ein Betriebsratsmitglied durch die Wahrnehmung von Amtsobliegenheiten keinen Lohnausfall erleidet. Entfällt aber der Lohnanspruch der übrigen Arbeitnehmer wegen einer für den Betrieb der Arbeitgeberin wirksam angeordneten Kurzarbeit, führt die Anwendung des Lohnausfallprinzips auch bei dem eine Schulungsveranstaltung besuchenden Betriebsratsmitglied zu einer dem Arbeitsausfall entsprechenden Lohnkürzung (Fitting/Auffarth/Kaiser/Heither, BetrVG, 17. Aufl., § 37 Rz 39 a; Wiese, GK-BetrVG, 5. Aufl., § 37 Rz 56; Blanke in Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, 4. Aufl., § 37 Rz 34; Hess/Schlochauer/Glaubitz, BetrVG, 4. Aufl., § 37 Rz 43; vgl. BAG Urteil vom 23. April 1974 – 1 AZR 139/73 – AP Nr. 11 zu § 37 BetrVG 1972 bei Gewährung von Schlechtwettergeld).

BAG, Urteil vom 12. Oktober 1994 – 7 AZR 398/93 –, Rn. 17, juris

Ausnahme für freigestellte Betriebsräte

Eine Ausnahme gilt nur für freigestellte Betriebsratsmitglieder: Betriebsratstätigkeit ist nicht Gegenstand von Kurzarbeit. Konjunkturelle Kurzarbeit dient der Überbrückung eines vorübergehenden Arbeitsmangels. Über einen Mangel an Betriebsratsarbeit kann sich der Betriebsrat in der Krise sicher nicht beklagen.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

Zum Autor

Rechtsanwalt Felser war während seines Studiums mehrere Jahre Betriebsratsmitglied und Betriebsratsvorsitzender und als Referendar Personalratsvorsitzender und Bezirkspersonalratsvorsitzender. Er kennt daher die praktischen Probleme der Umsetzung aus eigener Erfahrung und hat hunderte Betriebsräte, Gesamtbetriebsräte und Konzernbetriebsräte bundesweit geschult, beraten und vertreten. Als Autor hat er zahlreiche Beiträge in der AiB geschrieben, ein Handbuch für Betriebsräte. 2009 hat er zahlreiche Betriebsräte zu Kurzarbeit geschult und in der AiB Aufsätze zum Thema Kurzarbeit veröffentlicht- Ferner ist er oft als Arbeitsrechtsexperte und Studiogast im TV (ARD, WDR, NTV u.a.) zu sehen und Radio (WDR, SWR, Radio Erft u.a.) zu hören.



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