Nicht wenige haben sich gewundert, als die satzungsgebende Versammlung die Einführung des Fachanwalt für Agrarrecht beschlossen hat. Welche Rechtsgebiete könnten Grundlage des neuen Fachanwalts sein? Nun, das Agrarrecht umfasst, wenn man den schon vor dem Beschluß angebotenen Fachanwaltslehrgängen glauben darf, Fragen des besonderen Schuldrechts (Landpachtrecht, Jagdrecht, Jagdpachtrecht); Produkthaftungsrecht mit den Grundzügen des Lebensmittelrechts; Besonderheiten des Erb- und Familienrechts, der Vertragsgestaltung und besondere Vertragstypen (landwirtschaftliche Kooperationen, Maschinengemeinschaften, Absatz- und Einkaufsverträge, AGB, Gesellschaften, Bewirtschaftungsverträge, Erwerb landwirtschaftlicher Betriebe); Besonderheiten des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts in landwirtschaftlichen Betrieben.

Außerdem das Recht der Genehmigungsverfahren (Bundesimmissionsschutzgesetz, Baugesetzbuch, Anlagen zur Verarbeitung nachwachsender Rohstoffe und agrarrechtliche Besonderheiten erneuerbarer Energien); Grundzüge des Umweltrechts; Natur- und Pflanzenschutzrecht, Tierschutz; Düngemittel- und Saatgutverkehrsrecht, Sortenschutz, Flurbereinigung und Flurneuordnungsverfahren; Grundstücks- und Landpachtverkehrsrecht; Forst- Jagd- und Fischereirecht; Landwirtschaftliches Steuerrecht. Weitere Themen sind EG-Vertrag (Landwirtschaft, Umwelt); EU-Verordnungen, EU-Richtlinien; EG-Wettbewerbsrecht, Kartellrecht; Staatsbeihilfenrecht, Agrarbeihilfenrecht, Cross-Compliance-Verpflichtungen sowie das Landwirtschaftsverfahrensrecht; Grundzüge der EU-Gerichtsbarkeit; Agrarspezifisches Ordnungswidrigkeiten- und Strafrecht.

Der Fachanwalt für Agrarrecht kann daher alles, was es im Zivilrecht, Arbeitsrecht, Verwaltungsrecht, Sozialrecht, Erbrecht, Familienrecht, EU-Recht an Regelungen für die Landwirtschaft gibt. Das liest sich eher so, als ob es eine Abkehr vom an Rechtsgebieten orientierten Prinzip ist und bald auch den (Branchen-) Fachanwalt für Gastronomierecht, Fachanwalt für Arbeitnehmer und den Fachanwalt für das Recht der freien Berufe und den Fachanwalt für Kirchenrecht geben wird. Macht zwar auch irgendwie Sinn. Die Mandanten wissen dann vielleicht eher, wo sie hingehen, als bei den gängigen Fachanwaltsbezeichnungen. Nur beides zugleich, das wird vermutlich doch eher zur weiteren Verwirrung beitragen.
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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