Am Aschermittwoch ist nicht alles vorbei, manches hat ein Nachspiel. Die durch die jecken Tage ausgelöste Klagewelle rollt wieder, das anwaltliche Beschäftigungsprogramm. Am meisten mit den karnevalistischen Nachwehen haben wohl der Fachanwalt für Familienrecht und Fachanwalt für Strafrecht bzw. Verkehrsrecht zu tun.  Manche Jecke merken im Karneval, dass auch andere Eltern nette Töchter und Söhne haben. Die Scheidungsrate steigt. Angeblich auch die Geburtenrate gegen Ende des Jahres. Mindestens informiert man sich schon vorsorglich einmal über die Rechtslage beim Anwalt des Vertrauens.  Körperverletzungsdelikte haben sicher nicht nur im Kölner Straßenkarneval zugenommen. Führerscheinenentzug und Bussgeldverfahren nach Trunkenheitsfahrten gehören zum üblichen Katerprogramm. Im Arbeitsrecht sind es vereinzelte Fälle von Übertreibungen, die meist mit einer Ermahnung oder Abmahnung geahndet werden.

Es gibt viele Anlässe über die man sich – wenn der ganze Spaß vergangen ist – streiten kann, wie die Beiträge der Kollegen Creutz (im Handelsblatt) und Huff (im Kölner Stadtanzeiger) zeigen. Auch wir haben zum Thema „Recht und Karneval“ das ein oder andere humorvolle oder spaßfreie Urteil zusammengetragen.

Eine Journalistin fragt mich kürzlich, ob Büttenredner eigentlich alles sagen dürften, also Narrenfreiheit genießen. Eine interessante Frage: Die Narrenfreiheit ist seit jeher ein hohes Gut.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht unterliegt wegen des Vorbehalts in GG Art 2 Abs 1 Einschränkungen, insbesondere durch die Meinungsfreiheit und die Kunstfreiheit. Die Kunstfreiheit ist aber selbst nicht schrankenlos garantiert (BVerfG vom 13.06.2007 Aktenzeichen 1 BvR 1783/05, Biller „Esra“). Satirische Verfremdungen sind also nicht generell vom Persönlichkeitsschutz angenommen. Zu berücksichtigen ist aber, ob die satirische Verfremdung erkennbar ist (vgl. BVerfG vom 14.02.2005 Aktenzeichen 1 BvR 240/04).

„Die satirische Einkleidung, d. h. hier die Gestaltung der Bilder, unterliegt einem weniger strengen Prüfmaßstab als der Aussagekern, weil es der Satire wesenseigen ist, mit Übertreibungen, Verzerrungen und Verfremdungen zu arbeiten (vgl. BGH NJW 2004, 596, 597). Dabei dürfen die Grenzen des guten Geschmacks überschritten werden, weil eine Niveaukontrolle nicht stattfinden darf (vgl. BGH a.a.O.  und BGH NJW 2000, 1036, 1039). Unzulässig ist zwar eine Schmähung bzw. Beleidigung. Der Begriff der „Schmähkritik“ ist aber wegen seines die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts eng auszulegen; von einer Schmähung kann deshalb nur dann die Rede sein, wenn bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik persönlich herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll.“ so das KG Berlin vom 15.05.2007 Aktenzeichen:    9 U 236/06 (satirische Darstellung der Tanzshowauftritte einer ehemaligen Ministerpräsidentin in der Bild)

Im Rahmen der Satirefreiheit kann es zulässig sein, in einer Satiresendung über das Fernsehgeschäft den Moderator eines Homeshopping-Kanals, der eine Puppe namens Tessie zum Kauf anbietet, als „Puppenpäderasten“ zu bezeichnen (so LG München vom 12.04.2006 Aktenzeichen 9 O 24117/05 laut Juris).

Die Narrenfreiheit schützt den Büttenredner also tatsächlich. Wer diese Freiheit allerdings für persönliche Zwecke missbraucht, muss mit den üblichen Maßnahmen (Unterlassungsanspruch, Strafverfahren, Schmerzensgeld) rechnen.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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