Dass im Kündigungsschutzprozeß (und auch ansonsten im Arbeitsgerichtsverfahren) einige Tücken für nicht auf das Arbeitsrecht spezialisierte Anwälte lauern, hat sich noch nicht rumgesprochen.

Die meisten Allgemeinanwälte halten z.B. ein Kündigungsschutzverfahren für eine Routinesache, also Brot-und-Butter des Anwaltsdaseins. Spätestens bei den nicht mehr ganz seltenen Angeboten des beklagten Arbeitgebers, zwischenzeitlich – also während des Kündigungsschutzverfahrens-  eine schlechtere Tätigkeit anzunehmen, dürfte sich allerdings die Spreu vom Weizen trennen. Dem natürlichen Impuls des Mandanten: „Das mache ich nicht“ können nur spezialisierte Anwälte die richtigen Argumente entgegensetzen. Denn die aktuelle Rechtsprechung ist da nicht besonders arbeitnehmerfreundlich.

Nicht selten wird auch eine Verfallfrist übersehen, die sich nicht nur aus dem Arbeitsvertrag, der hoffentlich meistens bei der Beratung vorliegt, sondern auch aus Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung und sogar betrieblicher Übung ergeben kann. Nach letzterem wird allerdings der gekündigte Mandant nur selten gefragt.

Man sollte auch immer prüfen, ob man einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellt, wenn das Arbeitsgericht dazu keine Entscheidung getroffen hat. Dies wird allgemein auch dann empfohlen, wenn der vom Arbeitsgericht festgesetzte Streitwert € 600,00 übersteigt (GK-ArbGG-Vossen, § 64 Rn 53). Über die Zulassung der Berufung hat das Arbeitsgericht zwar grundsätzlich zwar von Amts wegen zu entscheiden. Enthält der Urteilstenor keinen Ausspruch über die Zulassung oder Nichtzulassung der Berufung, kann nach § 64 Abs. 3 a Satz 2 ArbGG – allerdings nur auf Antrag – eine entsprechende Ergänzung erfolgen. Diese ist innerhalb von 2 Wochen ab Verkündung des Urteils beim erkennenden Arbeitsgericht zu stellen. Wird ein derartiger Antrag nicht gestellt, und enthält das arbeitsgerichtliche Urteil keinen Ausspruch über die Zulassung der Berufung, ist die Berufung nicht statthaft (LAG Köln vom 18.10.2005 – 9 Sa 215/05; Sächsisches LAG vom 31.08.2001 – 3 Sa 532/01; LAG Hessen vom 16.10.2006 – 19 Sa 701/06). Das kann dann zur Haftungsfalle werden, wenn das Landesarbeitsgericht den Streitwert anders als das Arbeitsgericht unterhalb von 600 Euro sieht (so geschehen im Falle des LAG Hessen vom 16.10.2006 – 19 Sa 701/06 bei einem Streit um einen gebrauchten Laptop) und die Berufung als unstatthaft zurückweist.

Dass der Tatbestand eines erstinstanzlichen Urteils bindend werden kann, wenn er falsch ist, und hiergegen die Berufung selbst nicht hilft, sondern nur der Tatbestandsberichtigungsantrag, ist ebenfalls eine beliebte Anwaltsfalle auch ausserhalb des Arbeitsrechts. Der Tatbestandsberichtigungsantrag ist aber nur binnen zwei Wochen seit Zustellung des Urteils zulässig, § 320 ZPO. Wenn man die falsche Wiedergabe des Vortrags im Urteil erst während der Fertigung der Berufungsschrift (Frist: 1 Monat) bemerkt, ist es also zu spät.

Man sieht also, Kündigungssschutzprozesse sind eine einfache Angelegenheit 😉

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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