Leitender Angestellter: Unterschied zwischen den Versionen

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(Kündigung leitender Angestellter und Sprecherausschuss)
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Der leitende Angestellte ist arbeitsrechtlich wegen der Beschränkung des Kündigungsschutzes also ein - leidender - Angestellter. Die Aufgaben eine geschickten Anwaltes im Falle einer Kündigung ist, aus dem vermeintlich leitenden Angestellten wieder einen AT-Angestellten (http://www.at-angestellte.de) zu machen, um dessen Chancen im Kündigungsschutzprozess (http://www.kuendigung.de) zu verbessern.
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Der leitende Angestellte ist arbeitsrechtlich wegen der Beschränkung des Kündigungsschutzes also ein - leidender - Angestellter. Die Aufgaben eine geschickten Anwaltes im Falle einer Kündigung ist, aus dem vermeintlich leitenden Angestellten wieder einen AT-Angestellten (http://www.at-angestellte.de) zu machen, um dessen Chancen im Kündigungsschutzprozess (http://www.kuendigung.de) zu verbessern. Die meisten leitenden Angestellten sind keine echten leitenden Angestellten im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes, so dass sie vollen Kündigungsschutz geniessen.
 
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== '''Buchtipp zum Thema leitende Angestellte''' ==
 
== '''Buchtipp zum Thema leitende Angestellte''' ==

Version vom 23. Oktober 2014, 12:28 Uhr


Leitender Angestellter

Der leitende Angestellte ist eine Rechtsfigur des Arbeitsrechts, die wenig mit der landläufigen Bedeutung des leitenden Angestellten zu tun hat. Die meisten leitenden Angestellten sind - zu ihrem Glück - keine leitenden Angestellten im Sinne des Arbeitsrechts.

Als Anwalt habe ich häufig die Aufgabe, einen leitenden Angestellten mit viel Fingerspitzengefühl davon zu überzeugen, dass er kein leitender Angestellter ist. Obwohl es sogar im Arbeitsvertrag ausdrücklich steht: "Die Parteien sind sich einig, dass der Arbeitnehmer leitender Angestellter im Sinne des § 5 BetrVG ist". Denn es ist arbeitsrechtlich von Nachteil, leitender Angestellter zu sein, jedenfalls im Falle einer Kündigung. Von einem leitenden Angestellten kann das Unternehmen sich nämlich durch Zahlung einer gerichtlich festgesetzten Abfindung lösen, selbst wenn die Kündigung unwirksam ist, §§ 14, 10 KSchG.

Für leitende Angestellte ist der Betriebsrat nicht zuständig, sondern der Sprecherausschuss der leitenden Angestellten. Dieser ist nach den Maßgaben des Sprecherausschussgesetzes auch bei der Kündigung zu beteiligen, der Betriebsrat bekommt nur eine Mitteilung, § 105 BetrVG.

Leitender Angestellter ist nach § 14 Abs. 2 KSchG, wer "zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt" ist. Dabei reicht die Einstellung oder Entlassung ein paar Arbeitnehmer nicht aus, diese Befugnis muß die Tätigkeit vielmehr prägen (mehr dazu und Urteile auf leitender-angestellter.de). Das ist selten der Fall.

Leitender Angestellter und Kündigungsschutz

Der leitende Angestellte hat im Arbeitsrecht eine Sonderstellung. Bestimmte Arbeitnehmerschutzrechte z.B. im Kündigungsschutzrecht und Arbeitszeitrecht gelten für ihn nicht oder nur eingeschränkt. Auch der Betriebsrat ist für leitende Angestellte nicht zuständig. Eine Kündigung muss dem Betriebsrat nur informatorisch mitgeteilt werden.

Als leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes hat man beim Abfindungspoker häufig schlechtere Karten. Der Arbeitgeber kann nämlich das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung durch das Arbeitsgericht auflösen lassen, selbst wenn die Kündigung unwirksam ist.

Aber: nicht jeder, der einen Blackberry dienstlich nutzt, ist ein leitender Angestellter.

§ 14 KSchG Angestellte in leitender Stellung

Die für leitende Angestellte bei Kündigung maßgeblichen Vorschriften sind in den §§ 14 und 9 KSchG zu finden:

§ 14 KSchG Angestellte in leitender Stellung

(1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten nicht

1. in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist,

2. in Betrieben einer Personengesamtheit für die durch Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag zur Vertretung der Personengesamtheit berufenen Personen.

(2) Auf Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Angestellte, soweit diese zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind, finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit Ausnahme des § 3 Anwendung. § 9 Abs. 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, daß der Antrag des Arbeitgebers auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses keiner Begründung bedarf.

§ 9 Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Gerichts, Abfindung des Arbeitnehmers

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

Befugnis zur Einstellung oder Entlassung

Entscheidend ist für die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes also, ob der leitenden Angestellte zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt ist. Nicht jeder, der kündigen, einstellen oder oder abmahnen darf, ist leitender Angestellter:

Die Befugnis zur selbständigen Einstellung oder Entlassung muss eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern erfassen, ein nur eng umgrenzter Personenkreis genügt nicht. Vielmehr muss die Personalkompetenz einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen (BAG 10.10.2002 - 2 AZR 98/01; KR-Kündigungsschutzgesetz/Rost, 8. Auflage, § 14, Rz. 29, m. w. N.).

Zwei Einstellungen und der Satz im Arbeitsvertrag "Die Parteien sind sich einig, dass der Angestellte leitender Angestellter im Sinne von § 5 III BetrVG ist." reichen nicht zur Annahme des leitenden Angestellten (LAG Rheinland Pfalz, Urteil vom 11.01.2008 - Aktenzeichen 9 Sa 489/07).

Ist die Führungskraft als leitender Angestellter im Sinne des § 14 KSchG anzusehen, verschlechtert das unter bestimmten Umständen die Chancen im Kündigungsschutzprozess, weil der Arbeitgeber sich auch bei einer unwirksamen Kündigung durch einen Auflösungsantrag von dem leitenden Angestellten trennen kann.

Leitender Angestellter und Betriebsverfassungsrecht

Für die Frage, ob der Betriebsrat für die Führungskraft zuständig ist, ob der leitende Angestellte an den Betriebsratswahlen teilnehmen oder sich gar wählen lassen kann und ob der Betriebsrat vor der Kündigung nach § 102 BetrVG angehört werden oder nur nach § 105 BetrVG informiert werden muß, kommt es wiederum auf andere Kriterien an.

Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 Sprecherausschussgesetz (SprAuG) ist der Arbeitgeber allerdings verpflichtet, den Sprecherausschuß vor jeder Kündigung eines leitenden Angestellten zu hören. Das gilt auch für eine ordentliche Änderungskündigung.

Nach § 5 Absatz 3 BetrVG gilt:

(3) Dieses Gesetz findet, soweit in ihm nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist, keine Anwendung auf leitende Angestellte. Leitender Angestellter ist, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

1. zur selbständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist oder

2. Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist oder

3. regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.

(4) Leitender Angestellter nach Absatz 3 Nr. 3 ist im Zweifel, wer

1. aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist oder

2. einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder

3. ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,

4. falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

§ 105 BetrVG sieht bei der Kündigung eines leitenden Angestellten folgendes Verfahren beim Betriebsrat vor:

"Eine beabsichtigte Einstellung oder personelle Veränderung eines in § 5 Abs. 3 genannten leitenden Angestellten ist dem Betriebsrat rechtzeitig mitzuteilen."


Kündigung leitender Angestellter und Sprecherausschuss

Bei der Kündigung leitender Angestellter ist nach § 31 Sprecherausschussgesetz der Sprecherausschuss zuständig.

§ 31 SprAuG Personelle Maßnahmen

(1) Eine beabsichtigte Einstellung oder personelle Veränderung eines leitenden Angestellten ist dem Sprecherausschuß rechtzeitig mitzuteilen.

(2) Der Sprecherausschuß ist vor jeder Kündigung eines leitenden Angestellten zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Sprecherausschusses ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Bedenken gegen eine ordentliche Kündigung hat der Sprecherausschuß dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche, Bedenken gegen eine außerordentliche Kündigung unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, unter Angabe der Gründe schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb der nach Satz 4 maßgebenden Frist nicht, so gilt dies als Einverständnis des Sprecherausschusses mit der Kündigung.

(3) Die Mitglieder des Sprecherausschusses sind verpflichtet, über die ihnen im Rahmen personeller Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 bekanntgewordenen persönlichen Verhältnisse und Angelegenheiten der leitenden Angestellten, die ihrer Bedeutung oder ihrem Inhalt nach einer vertraulichen Behandlung bedürfen, Stillschweigen zu bewahren; § 29 Abs. 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

Anmerkung:

Eine Kündigung ist nach § 31 Abs. 2 Satz 3 SprAuG nicht nur dann unwirksam, wenn der Arbeitgeber gekündigt hat, ohne den Sprecherausschuß zuvor überhaupt angehört zu haben, sondern - insofern gilt für den Sprecherausschuß nichts anderes wie für die Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG - auch dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nach § 31 Abs. 2 Satz 2 SprAuG entweder nicht richtig, insbesondere nicht ausführlich genug, oder bewußt irreführend nachgekommen ist.

Auch wenn der Arbeitgeber rechtsirrig der Ansicht ist, bei der Führungskraft handele es sich um einen leitenden Angestellten, geht das Risiko, die falsche Arbeitnehmervertretung beteiligt zu haben, zu seinen Lasten.

Arbeitszeitrecht und Leitende Angestellte

Nach § 18 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) gilt:

(1) Dieses Gesetz ist nicht anzuwenden auf

1. leitende Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes sowie Chefärzte,

2. Leiter von öffentlichen Dienststellen und deren Vertreter sowie Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, die zu selbständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten befugt sind,

3. Arbeitnehmer, die in häuslicher Gemeinschaft mit den ihnen anvertrauten Personen zusammenleben und sie eigenverantwortlich erziehen, pflegen oder betreuen,

4. den liturgischen Bereich der Kirchen und der Religionsgemeinschaften.

Das bedeutet nicht, dass sich leitende Angestellte und Chefärzte nicht nach dem Arbeitszeitrecht strafbar machen könnten, wenn Sie als Vorgesetzte die Einhaltung des Gesetzes nicht sicherstellen.


Höhe der Abfindung bei Leitenden Angestellten

Die Höhe einer Abfindung ist beim leitenden Angestellten ebensowenig gesetzlich geregelt wie bei den nicht-leitenden Arbeitnehmern. Die mögliche Abfindungshöhe richtet sich nach den üblichen Regeln des Unternehmens, der Rechtslage im Falle einer Kündigung und dem Verhandlungsgeschick des Anwalts des leitenden Angestellten. Üblicherweise wird angenommen, dass die Abfindungshöhe bei leitenden Angestellten überdurchschnittlich ist, sich also statt der üblichen Abfindungsformel bei Arbeitnehmern (Faktor 0.5) bei etwa 1,0 als Faktor erreichen lassen. Da aber ein Anspruch auf eine Abfindung bei einer Trennung nicht besteht, handelt es sich nur um eine Verhandlungsbasis. Das Arbeitsgericht kann die Höhe der Abfindung bei echten leitenden Angestellten auf Antrag des Arbeitgebers festsetzen, wenn die Kündigung unwirksam ist. Die Gerichte tendieren dabei zu einer Abfindung im üblichen Rahmen. Da die meisten als leitende Angestellte angesehenen Führungskräfte aber keine leitenden Angestellten im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes sind, also vollen Kündigungsschutz geniessen, lassen sich aussergerichtlich oder vergleichsweise höhere Abfindungen erreichen.

Rechtsprechung zum Leitenden Angestellten

Eine ausreichende Personalverantwortung eines leitenden Angestellten im Sinne des § 14 Abs 2 Satz 1 KSchG kann bereits dann gegeben sein, wenn sie sich auf eine abgeschlossene Gruppe von Mitarbeitern bezieht, die für das Unternehmen von wesentlicher Bedeutung ist. Das ist insbesondere anzunehmen, wenn diese Mitarbeiter ihrerseits die ihnen nachgeordneten Arbeitnehmer selbständig einstellen und entlassen können. Diplomkaufmann als Leiter des Zentralen Marketings mit 2000 Mitarbeitern in der Vergütungsgruppe 5 (monatliche Vergütung in Höhe von 31.000,00 DM) des übertariflichen Kreises mit Gesamtprokura.

Die Einstellung- oder Entlassungsbefugnis ist Ausdruck der leitenden Funktion des Angestellten im Betrieb und im Unternehmen. Deshalb muß die Befugnis zur eigenverantwortlichen Einstellung oder Entlassung, ebenso wie bei einem leitenden Angestellten iSv. § 5 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BetrVG, einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Angestellten ausmachen, im Innen- und Außenverhältnis bestehen und eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern erfassen.. Die Personalbefugnis des Angestellten muß allerdings nicht gegenüber allen Arbeitnehmern des Betriebes bzw. der Betriebsabteilung bestehen. Ausreichend kann vielmehr auch eine Personalkompetenz gegenüber einem qualitativ bedeutsamen Personenkreis sein. Ob der Angestellte im Unternehmen eine erhebliche personelle Führungsfunktion innehat, hängt nicht allein von der Zahl der ihm unterstellten Mitarbeiter ab. Entscheidend für den Inhalt seiner Personalkompetenz ist vielmehr, welche Bedeutung die Tätigkeit der Mitarbeiter, die er einstellt oder entläßt, für das Unternehmen hat. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Satz 1 KSchG können deshalb auch erfüllt sein, wenn sich die personellen Entscheidungskompetenzen des Angestellten zumindest auf eine abgeschlossene Gruppe beziehen, die für das Unternehmen, insbesondere für dessen unternehmerischen Erfolg, wesentlich ist.

BAG, Urteil vom 27.09.2001 Aktenzeichen 2 AZR 176/00

Der Niederlassungsleiter einer griechischen Bank, der nach deren Statut, welches nach griechischem Recht Gesetzescharakter haben soll, die Bank in ihrem Bezirk gerichtlich und außergerichtlich vertritt, ist nicht gesetzliches Vertretungsorgan der Bank i.S.v. § 14 Abs 1 Nr 1 KSchG.

Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 02.05.2007 Aktenzeichen: 6 Sa 1815/06

Hoteldirektor mit einem monatlichen Bruttoentgelt von 3.750,00 €, der zwar einstellen und entlassen darf, aber nur nach vorheriger Abstimmung mit dem Geschäftsführer, ist kein leitender Angestellter.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.06.2006 Aktenzeichen 4 Sa 231/06

Der mit Gesamtprokura versehene Leiter des Personal-, Finanz- und Rechnungswesens einer Wohnungsbaugenossenschaft, der nach dem Arbeitsvertrag allein zur Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern unterhalb der Sachbearbeiterebene (vornehmlich Aushilfs- und Reinigungskräfte der Wohnungsverwaltung) berechtigt ist, ist wegen der Beschränkung der Personalkompetenz auf diesen Personenkreis kein leitender Angestellter.

Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 09.03.2006 - Aktenzeichen 8 Sa 1891/05

Betriebsleiter sind nur dann leitende Angestellte im Sinne des § 14 Abs 2 KSchG, wenn sie zur selbständigen Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind und diese Befugnis die Stellung des Betriebsleiters wesentlich prägt. Dazu gehören auch Entscheidungen über die Verlängerung oder Nichtverlängerung von befristeten Arbeitsverträgen. Ein Marktmanager mit Bruttomonatsentgelt in Höhe von ca. 8.000,00 € und Vorgesetzter von fast 100 Arbeitnehmern und Ansprechpartner dieser Mitarbeiter in allen personellen Angelegenheiten ist leitender Angestellter.

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 14.10.2005 - Aktenzeichen 11 Sa 362/05

Der Gesamtpersonalleiter für Werke mit mehr als 1000 Beschäftigten mit Gesamtprokura (monatliche Bruttovergütung von 17.200,--DM) ist leitender Angestellter im Sinne von § 14 Abs 2 KSchG, wenn er zur selbständigen Einstellung oder Entlassung von einer nicht unerheblichen Zahl von Arbeitnehmern berechtigt war. Das ist nicht der Fall, wenn für eine Einstellung oder Entlassung die Zustimmung des jeweiligen Fachvorgesetzten oder die Abstimmung mit dem Geschäftsführer oder anderen Mitgliedern des Management-Teams erforderlich war. Der Personalleiter war daher nicht als Leitender Angestellter anzusehen, da er immer die Zustimmung der Fachvorgesetzten einholen musste.

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 08.01.2004 - Aktenzeichen 7 Sa 219/03

Ein Arbeitnehmer ist nur dann und solange ein leitender Angestellter, wie er tatsächlich nach innen und außen die Aufgaben und Befugnisse ausübt, die seinen Status als leitender Angestellter begründen. Verliert er diese Befugnisse aufgrund einer längeren Freistellung vor Ausspruch der Kündigung, ist er kein leitender Angestellter mehr. Dann muss auch der Betriebsrat angehört werden.

Arbeitsgericht München, Urteil vom 26.08.2004 - Aktenzeichen 28 Ca 12794/03

Anmerkung: auch das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.01.2006 Aktenzeichen: 10 Sa 580/05 hat den Entzug der Gesamtprokura vor Ausspruch der Kündigung als Indiz dafür bewertet, dass der Kläger kein leitender Angestellter (mehr) war.

Fazit

Der leitende Angestellte ist arbeitsrechtlich wegen der Beschränkung des Kündigungsschutzes also ein - leidender - Angestellter. Die Aufgaben eine geschickten Anwaltes im Falle einer Kündigung ist, aus dem vermeintlich leitenden Angestellten wieder einen AT-Angestellten (http://www.at-angestellte.de) zu machen, um dessen Chancen im Kündigungsschutzprozess (http://www.kuendigung.de) zu verbessern. Die meisten leitenden Angestellten sind keine echten leitenden Angestellten im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes, so dass sie vollen Kündigungsschutz geniessen.

Buchtipp zum Thema leitende Angestellte

Fachbeitrag zum Thema leitende Angestellte

Interviews

(1) Profits - Magazin der Sparkassen Finanzgruppe, Heft 1/2012 S. 14 ff.: Eindeutige Ziele: Mitarbeitergespräch und Zielvereinbarungen. Ein Beitrag von Susanne Widrat mit Interviewzitaten von Rechtsanwalt Michael W. Felser [1]

(2) Focus Money Heft Nr. 26 vom 18. Juni 2003: Interview mit Anwalt Felser zum Thema "Management: Wie Mitarbeitergespräche nd Zielvorgaben Motivation und Effizienz steigern" [2]

(...)

Weblinks

(1) Leitender-Angestellter.de [3]: Aktuelles rund um die besondere Rechtsstellung von leitenden Angestellten von Juracity - Recht für Alle!

(2) Erfolgsbeteiligung.de [4]: Aktuelles rund um das Thema "Erfolgsbeteiligung" und "Zielvereinbarung" von Juracity - Recht für Alle!

(3) Zielvereinbarung.net [5]: Webseite des Autors zum Thema "Zielvereinbarung"

Autor

Michael W. Felser ist der auf Leitende Angestellte spezialisierte Rechtsanwalt in der Kanzlei Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte Köln/Brühl [6] und Betreiber des Portals "Juracity - Recht für Alle!". Er hat zahlreiche leitende Angestellte und Führungskräfte sachkundig vorvertraglich und bei Problemen und Jobwechsel beraten und vertreten. Betriebsräte und Wahlvorstände berät er zum Thema, wann ein Mitarbeiter leitender Angestellter ist. Referenzen auf Anfrage.