Änderungen

Wechseln zu: Navigation, Suche

Elternunterhalt

8.424 Byte hinzugefügt, 12:21, 15. Mai 2014
/* Elternunterhalt */
Die Rechtslage ist kompliziert, neue Urteile verunsichern die Angehörigen von Pflegebedürftigen. Kompetenter Rechtsrat tut not.
Rechtsanwältin '''Unterhaltspflichten der Kinder für die Eltern''' Gemäß § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie unterhaltspflichtig. Voraussetzung eines solchen Unterhaltsanspruchs der Eltern gegen die Kinder sind Leistungsfähigkeit des Kindes und Fachanwältin Bedürftigkeit der Eltern. Die Bedürftigkeit der Eltern tritt im Alter häufig ein, wenn die Unterbringung im Pflegeheim erforderlich ist und die eigenen Einkünfte, zumeist Renteneinkünfte,nicht ausreichen, um die Heimkosten zu decken. Beantragen die Eltern Sozialleistungen,wird von dem zuständigen Amt geprüft, ob die Kinder auf Unterhalt für Familienrecht die Eltern inAnspruch genommen werden können. '''Vermögensverwertung''' Bevor die Kinder auf Unterhalt in Anspruch genommen werden können, müssen die Eltern allerdings zunächst vorhandenes Vermögen aufbrauchen. Sie dürfen nur noch das sogenannte Schonvermögen behalten - rund 2.000 € bis 2.500 €. Besitzen die Eltern ein Eigenheim, muss auch dieses verwertet werden, z.B. durch den Verkauf oder Vermietung. Etwasanderes gilt, wenn der Ehegatten des im Heim Untergebrachten noch in dem Eigenheim lebt. Zur Entlastung der Kinder müssen die Eltern Pflegegeld oder Leistungen zur Grundsicherungnach § 41 SGB XII beantragen. Haben die Eltern ihr Vermögen vorher freimütig verschenkt, müssen diese Schenkungen – sofern möglich – zurückgefordert werden. '''Höhe des Unterhaltsanspruchs''' Die Höhe des Unterhaltsanspruchs richtet sich nach dem Lebensbedarf. Bei einem Heimaufenthalt entspricht die Höhe des Unterhalts den ungedeckten Heimkosten sowie einem Taschengeld(in der Regel 5 – 7 % des Eigeneinkommens, mindestens 100 € im Monat). Eine andere Frage ist es, ob das Kind für den vollen Unterhaltsbedarf haftet. Dies beurteilt sichnach der sog. Leistungsfähigkeit. Sind mehrere Kinder leistungsfähig, wird der Unterhalt von den Kindern anteilig nach ihren jeweiligen Einkommensverhältnissen geschuldet. Es kannalso bei vorhandener Leistungsfähigkeit nicht ein Kind alleine auf den vollen Unterhalt in Anspruch genommen werden. Leistungsfähigkeit Nach der Düsseldorfer Tabelle beträgt der Selbstbehalt des Kindes mindestens 1.500 € zuzüglich der Hälfte des darüber hinausgehenden Einkommens bzw. bei Zusammenleben mit einem Partner in der Regel 45 % des darüber hinausgehenden Einkommens. In dem Betrag von 1.500 € ist ein Anteil für Warmmiete in Höhe von 450 € berücksichtigt. Sind die Kosten für „warmes Wohnen“ tatsächlich höher, so ist der Selbstbehalt um die über 450 € hinausgehenden Kosten zu erhöhen. Ist das Kind verheiratet, ist zu beachten, dass der angemessene Unterhaltsbedarf desEhegatten von dem Einkommen abzuziehen ist.  Der Unterhaltsbedarf des Ehegatten richtet sich grundsätzlich nach dem sogenannten Halbteilungsgrundsatz, besteht also in der Regel in der Hälfte der gesamten Einkünfte der Eheleute, mindestens beträgt er aber 1.200 €. In diesem Mindestunterhaltsbedarf ist ein Anteil für Warmmietkosten von 350 € eingerechnet. Der Bundesgerichtshof hat allerdings am 28.7.2010 (Aktenzeichen XII ZR 140/07) eine Entscheidung verkündet, die eine neue Berechnungsmethode zur unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit eines verheirateten Kindes beinhaltet und sich auf die Fallgestaltung bezieht, dass das unterhaltspflichtige Kind über höhere Einkünfte verfügt als sein Ehegatte.  Diese neue Berechnungsmethode führt zu einer erhöhten Leistungsfähigkeit für Elternunterhalt. In diesem Fall, dass das Kind mehr verdient als sein Ehegatte, soll nach Bundesgerichtshof von dem Familieneinkommen der Familienselbstbehalt (1.500,00 € + 1.200 €= 2.700 €) abgezogen werden und von dem verbleibenden Einkommen nochmals eine sog. Haushaltsersparnis abgezogen werden. Dass danach noch verbleibende Einkommen kommt in Höhe des hälftigen Betrags zuzüglich des Familienselbstbehalts von 2.700 € dem Kind und seinem Ehegatten zu Gute (sog. individueller Familienbedarf). Sodann wird errechnet, mit welchem Anteil das unterhaltspflichtige Kind im Verhältnis der Einkünfte der Ehegatten zu diesem individuellen Familienbedarf beizutragen hat. Für den Elternunterhalt ist somit letztlich die Differenz zwischen dem Einkommen des Kindes und seinem Anteil am Familienunterhalt einzusetzen. '''Einkommensbereinigung''' Bevor der Selbstbehalt zum Zuge kommt, muss zunächst das Einkommen des Kindes bereinigt werden. Dabei werden insbesondere Steuern von dem Einkommen abgezogen, Aufwendungenfür Krankenversicherung, Aufwendungen für Altersvorsorge, auch für private Lebensversicherungen oder Rentenversicherungsverträge. Ferner sind Beiträge zu Unfall- und Berufsunfähigkeitsversicherungen von dem Einkommen abzuziehen und berufsbedingte Aufwendungen sowie Kreditraten. Vorrangige Unterhaltslasten, also z.B. Kindesunterhalt und Ehegattenunterhalt, sind ebenfalls von dem Einkommen abzuziehen. Bleibt nach Vornahme der Abzüge noch ein Einkommen über dem Selbstbehalt von 1.500 €, dann wird Elternunterhalt geschuldet.  '''Wohnvorteil''' Für das Wohnen im Eigenheim kann dem Kind ein sog. „Wohnvorteil“ einkommenserhöhend angerechnet werden. Auszugehen ist grundsätzlich von dem Mietwert der Immobilie. Vorhandene Kreditbelastungen mit Zins- und Tilgungsanteil sowie auch verbrauchsunabhängige Kosten wie Grundsteuer, Wohngebäudeversicherung und Kaminkehrer mindern den Wohnvorteilentsprechend. '''Unterhaltsleistungen aus Vermögen oder aus Unterhalt''' Wenn das Kind keine eigenen Einkünfte hat, die über den Selbstbehalt von 1.500 € hinausgehen,kann gleichwohl eine Unterhaltspflicht gegeben sein, wenn ausreichendes Vermögen vorhandenist oder aber das Kind selbst unterhaltsberechtigt ist und z.B. von seinem Ehegatten ausreichenden Unterhalt erhält. Das eigene Eigenheim muss allerdings nicht verkauft werden.Ebenso muss auch keine Geldanlage aufgelöst werden, wenn die Rendite für den eigenen Lebensunterhalt benötigt wird oder die Verwertung völlig unwirtschaftlich ist, z.B. beträchtlicheKursverluste bei Aktienverkäufen. '''Verwirkung''' Die Eltern können das Kind nicht auf Unterhalt in Anspruch nehmen, wenn Verwirkung vorliegt. Verwirkung liegt vor, wenn den Eltern ein erhebliches Fehlverhalten gegenüber dem Kind vorgeworfen werden kann. Das können z.B. Misshandlungen des Kindes sein, aber auch die Verletzung der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder eine gravierende Vernachlässigung desKindes in der Kindheit. '''Frühzeitig vorsorgen!''' Häufig schenken Eltern den Kindern zu Lebzeiten etwas oder sie übertragen ihnen ihre Immobilien. Solche Schenkungen können bei „Verarmung des Schenkers“ zurückgefordert werden,wenn die Schenkung noch nicht länger als 10 Jahre zurückliegt. Darauf greifen die Behörden häufig zurück. Sie können nämlich solche Rückforderungsansprüche der Eltern gegen die Kinderauf sich überleiten. Wer also vorsorgen will und sich sicher ist, dass er seinem Kind etwas schenken will, ihm z.B. eine Immobilie übertragen möchte, sollte dies frühzeitig regeln, damitmöglichst die Schenkung länger als 10 Jahre zurückliegt. Tritt dann die Pflegebedürftigkeit ein, ist eine Rückforderung ausgeschlossen. Haben die Eltern eine Immobilie oder anderes Vermögen nicht an die Kinder übertragen, sondern erben die Kinder diese Vermögenswerte, dann kann das Amt, das Sozialleistungen erbracht hat, auf das Erbe zugreifen. Auch unter diesem Gesichtspunkt sollte überlegt werden, ob die Eltern frühzeitig an ihre Kinder Vermögenswerte übertragen. Die Eltern sollten dabei aber wirklich prüfen, ob sie tatsächlich die Vermögenswerte wegschenken wollen. In vielen Fällen wird eine solche Schenkung später bereut und sie ist dann nicht mehr rückgängig zu machen. '''Autorin''' Rechtsanwältin Eva Gerz ist seit 1998 in der Brühler Anwaltskanzlei Felser tätig. Sie hat sich von Rechtsanwälte Beginn an auf die Bereiche Familienrecht, Erbrecht und Fachanwälte Felser Vertragsrecht spezialisiertund ist seit 2003 Fachanwältin für Familienrecht. Sie engagiert sich beim Deutschen Familiengerichtstag e.V. und ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Familien- undErbrecht beim Deutschen Anwaltverein. Rechtsanwältin Gerz ist anerkannte außerdem Expertin und Moderatorin für das Thema Familien- und Erbrecht bei der preisgekrönten Competence-Site (http://www.competence-site.de). Sie wird regelmäßig von überregionale Medien wie Zeitungen (z.B. Süddeutsche), Hörfunk oder TV (ZDF) zu familienrechtlichen Themen, z.B. Elternunterhalt, als Expertin interviewt. Sie erreichen sie per Mail über die Kanzlei.
== '''Interviews zum Elternunterhalt''' ==
1.433
Bearbeitungen