Aufhebungsvertrag

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Version vom 16. Dezember 2014, 12:59 Uhr von Mwf (Diskussion | Beiträge) (10 goldene Regeln zum Aufhebungsvertrag)

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Aufhebungsvertrag

Aufhebungsvertrag: Bedeutung in der Praxis

Gesetzliche Grundlagen zum Aufhebungsvertrag

10 goldene Regeln zum Aufhebungsvertrag

1. Lassen Sie sich vor einem Personalgespräch („Vier-Augen-Gespräch “) immer den Anlass mitteilen! Nehmen Sie im Zweifel ein Betriebsrats- oder Personalratsmitglied Ihres Vertrauens mit.

2. Unterzeichnen Sie nie einen Aufhebungsvertrag ohne Bedenkzeit und ohne Berücksichtigung unserer Checkliste! Es gibt kein gesetzliches Widerrufsrecht! Sie verzichten mit Ihrer Unterschrift auf die gerichtliche Überprüfung einer Kündigung!

3. Wandeln Sie keine rückständigen oder noch innerhalb der Kündigungsfrist zustehenden Gehaltsbestandteile in eine Abfindung um!

4. Verzichten Sie niemals auf die Einhaltung der Kündigungsfrist!

5. Unterzeichnen Sie keinen Aufhebungsvertrag mit rückdatiertem Kündigungsdatum,denn dies stellt regelmäßig eine Straftat dar!

6. Bedenken Sie, dass der Aufhebungsvertrag in aller Regel eine Sperrzeit zur Folge hat!

7. Unterzeichnen Sie keine „Ausgleichsquittung“ oder einen „Klageverzicht“ ohne vorherige Rechtsberatung! Sie verzichten auch dadurch unter Umständen mit Ihrer Unterschrift auf die gerichtliche Überprüfung einer Kündigung!

8. Lassen Sie sich nicht mit der Drohung einer Kündigung oder Strafanzeige unter Zeitdruck setzen! Ihr Arbeitgeber wird im Zweifel auch noch einige Tage später das gleiche Angebot machen.

9. Unterzeichnen Sie keinen Aufhebungsvertrag ohne vorherige anwaltliche oder gewerkschaftliche Beratung! Die meisten Rechtsschutzversicherer zahlen jedenfalls eine Erstberatung beim Anwalt.

10. Wenn Sie einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet haben, der gegen die Goldenen Regeln 1 – 9 verstößt, gehen Sie spätestens jetzt unverzüglich zum Anwalt!

Erläuterungen zu den goldenden Regeln zum Aufhebungsvertrag

Personalgespräche: Aufhebungsverträge werden manchmal überfallartig geschlossen. Der Arbeitnehmer wird nichts ahnend ins Personalbüro gebeten, wo ihn dann der Geschäftsführer, die Personalchefin und selten, aber immer noch zu oft, auch der Betriebsrat erwarten. Der Arbeitnehmer wird mit Vorwürfen konfrontiert, die sich auf seine Arbeit oder sogar auf angebliche Straftaten beziehen, mit der Alternative „fristlose Kündigung“ bedroht und kann sich der peinlichen und druckvollen Situation häufig nur durch „Flucht in die Unterschrift“ entziehen. Das Bundesarbeitsgericht ist unnachsichtig: Nach seiner Meinung muss ein Arbeitnehmer „Nein“ sagen können. Wer unterzeichne, sei grundsätzlich selbst schuld und könne nur in Ausnahmefällen den Vertrag anfechten. Sie sollten daher auch in einer solchen Situation stets um Bedenkzeit bitten.

Massenentlassung: Auch Großunternehmen versuchen zunehmend, einvernehmlich Personal abzubauen. Am Ende stehen Änderungsverträge mit einem neuen Arbeitsplatz oder einem Aufhebungsvertrag und einer Abfindung. Dagegen ist nichts einzuwenden, wenn es fair zugeht und man Ihnen die Zeit gibt, Angebot e genau zu prüfen. Sobald Druck ausgeübt wird, sollten bei Ihnen die Alarmglocken klingeln. Denn die Unterzeichnung von Aufhebungsverträgen und Abwicklungsverträgen durch den Arbeitnehmer können eine Sperrzeit bis zu 12 Wochen nach sich ziehen. Sie sollten stets den u.U. zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbarten Sozialplan daraufhin prüfen, ob Ihnen nicht eine höhere Abfindung zusteht. Beschaffen Sie sich den Sozialplan beim Betriebsrat.

Sperrzeit / Arbeitsamt: Nach neuester Rechtsprechung führt der Abschluss eines Aufhebungsvertrages grundsätzlich zu einer Sperrzeit. Erkundigen Sie sich vor der Unterzeichnung immer bei Ihrem Berater und/oder dem Arbeitsamt. § 14 SGG I regelt ausdrücklich eine Beratungspflicht des Arbeitsamtes: „Jeder hat Anspruch auf Beratung über seine Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. Zuständig für die Beratung sind die Leistungsträger, denen gegenüber die Rechte geltend zu machen oder die Pflichten zu erfüllen sind.“

Vorsicht insbesondere vor Aufhebungsverträgen mit einer verkürzten Kündigungsfrist und einer im Gegenzug erhöhten Abfindung: Nach § 143 SGB III führt dies zu einem Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs und im Ergebnis zu einer Anrechnung der Abfindung, bei der der scheinbare Vorteil wieder einkassiert wird. Während des Ruhezeitraumes ist der Arbeitslose weder renten-, noch kranken- oder pflegeversichert. Es besteht ein zeitlich eingeschränkter Krankenversicherungsschutz (§ 19 Abs. 2 SGB V). Danach besteht der Anspruch auf Leistungen aus der Krankenversicherung längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft weiter, wenn die Mitgliedschaft des Versicherungspflichtigen endet und er keine weitere Erwerbstätigkeit ausübt. Von diesem nachgehenden Leistungsanspruch werden auch mitversicherte Familienmitglieder umfasst. Ein nachgehender Versicherungsschutz in der Pflegeversicherung ist gesetzlich nicht geregelt. In der gesetzlichen Rentenversicherung werden Zeiten der Arbeitslosigkeit ohne Bezug von Leistungen – also Ruhezeiten – unter bestimmten Voraussetzungen als Anrechnungszeit berücksichtigt. Diese Zeiten wirken sich jedoch nicht rentenerhöhend aus. Nähere Infos finden Sie auch in den „Merkblättern“ des Arbeitsamtes zu Entlassungsentschädigungen. Das kann Ihnen nur dann egal sein, wenn Sie eine neue Stelle bereits sicher haben.

Steuer: Auch die steuerliche Behandlung der Abfindung hat so ihre Tücken. Wir haben hierzu ein eigenes Merkblatt erstellt mit vielen vorteilhaften Tipps, das Sie mit unserer Expertise erhalten. Allerdings muss man auch vor Fallen aufpassen: So muss es sich um eine Einmalzahlung handeln, wenn man das Steuerprivileg für Abfindungen in Anspruch nehmen will.

Politiker, Vorstandschefs und Fußballer haben mit der Sucht nach „hier noch eine Sekretärin“, „da noch weitere vier Jahre ein Dienstauto“ schon böse Erfahrungen gemacht. Die Abfindung muss in einem Jahr zufließen. Sie darf auch kein verdecktes Arbeitsentgelt darstellen.

Ausgleichsquittung: Unterzeichnen Sie auch sonst nichts, insbesondere keine Ausgleichsquittungen,Verzichtserklärungen, Abwicklungsverträge oder ähnliche Formulare, die Ihnen der Arbeitgeber vorlegt. Lesen Sie sich vorgelegte Unterlagen gründlich – zu Hause - durch. Haben Sie Zweifel, bitten Sie um Bedenkzeit und sprechen Sie das Formular mit Ihrem Berater durch. Unproblematisch ist nur, wenn Sie ausschließlich den Erhalt der Arbeitspapiere bestätigen. Meist finden sich aber eine Vielzahl von Klauseln auf dem Papier, so dass Vorsicht angebracht ist.

Anwalt: Ziehen Sie unbedingt einen erfahrenen Anwalt zu Rate, der tatsächlich überwiegend im Arbeitsrecht tätig ist. Unter Arbeitnehmern ist der Irrglaube verbreitet, dass eine Kündigung eine dem Schnupfen bei Krankheiten vergleichbar unkomplizierte Rechtsangelegenheit ist. Deswegen wird häufig der „Hausarzt“, d.h. der Hausanwalt „um die Ecke“ anstelle des versierten Spezialisten aufgesucht. Die Rache folgt meist auf dem Fuß. Gerade bei Kündigungen liegen Welten zwischen den Ergebnissen verschiedener Anwälte in vergleichbaren Kündigungsschutzprozessen. Dabei kann es um die Alternativen „Arbeitsplatzerhalt“ oder „Abfindung“ gehen oder die Höhe der Abfindung. Ein versierter Anwalt mit einem entsprechend guten Ruf holt bei Abfindungsverhandlungen häufig mehrere tausend bis zehntausend Euro mehr heraus. So schnell verdienen – oder verlieren – Sie Geld netto nicht mehr im Leben.

Die Qualifikationsangaben bei Anwaltsuchdiensten (im Internet oder per Telefon) beruhen auf Selbsteinschätzungen der Rechtsanwälte. Dies gilt zwar nicht für den „Fachanwalt für Arbeitsrecht“. Die Anforderungen an die theoretischen und praktischen Kenntnisse zum Erwerb der Bezeichnung Fachanwalt sind aber leider auch nach der neuen Fachanwaltsordnung nicht sehr hoch (Nachweis des Besuchs eines dreiwöchigen Lehrgangs mit Abschlussklausur und die Bearbeitung von 100 Arbeitsrechtsfällen in 3 Jahren)[1]. Selbst der Bundesgerichtshof stellt dazu fest:

„Der Gesetzgeber hat die Schwelle für den Erwerb der Fachanwaltsbezeichnung ersichtlich nicht sehr hoch ansetzen wollen (vgl. BT-Drucks. 12/1710, S. 8).“ (so BGH vom 18.11.1996 – AnwZ (B) 29/96, NJW 1997, 1307).

Informieren Sie sich daher darüber, ob der Anwalt tatsächlich überwiegend im Arbeitsrecht tätig ist.

Schriftform: Ein Aufhebungsvertrag muss nach § 623 BGB schriftlich erfolgen, sonst ist er unwirksam. Das bedeutet, dass eine mündliche Einigung nicht genügt, aber auch ein von beiden per Telefax unterzeichneter Aufhebungsvertrag nicht reicht. Erforderlich ist vielmehr ein von beiden eigenhändig unterzeichnetes Vertragsexemplar.

Widerruf und Anfechtung: Einen Aufhebungsvertrag können Sie regelmäßig nicht widerrufen, sondern allenfalls wegen Täuschung oder Drohung nach § 123 BGB anfechten.

Aufhebungsvertragsklauseln

Muster Aufhebungsvertrag

Gerade wegen der großen Bedeutung des Aufhebungsvertrag bei Jobwechseln im Arbeitsverhältnis ist vor der ungeprüften Verwendung eines "kostenlosen" Musteraufhebungsvertrags zu warnen. Die steuerlichen, sozialversicherungsrechtlichen Regelungen ändern sich häufig plötzlich, so daß auch gerade veröffentlichte Muster schnell kalter Kaffe von gestern werden.

Checkliste Aufhebungsvertrag

In einer Checkliste hat Rechtsanwalt Felser für Sie die wichtigsten Punkte zusammengestellt, die Sie vor der Unterschrift unter den Aufhebungsvertrag kennen und die Fallstricke, die Sie beachten müssen. Die Checkliste Aufhebungsvertrag finden Sie hier:[2]

AufhebungsvertragsCheck

Viele Arbeitnehmer und Führungskräfte (interessanterweise überdurchschnittlich oft Vertriebsleiter und IT-Leiter) haben Ihren Aufhebungsvertrag bei einem Jobwechsel vor der Unterschrift durch Rechtsanwalt Felser prüfen lassen. Wir bewerten dabei nicht nur die einzelnen Klauseln und die juristische Qualität, sondern auch die durch den Aufhebungsvertrag erkennbare Einstellung des Arbeitgebers zu seinen Mitarbeitern. Aufgrund unserer langjährigen anwaltlichen Erfahrung im Aushandeln und der Begleitung bei Aufhebungsverträgen und unserer Datenbank können wir auch konkrete Hinweise für angemessene oder unternehmensübliche Abfindungen geben. Ein weiterer Unterschied unseres AufhebungsvertragsChecks aber ist, daß wir Ihnen auch praxisorientierte Tipps für die Verhandlungen und "Nachverhandlungen" geben. So können Sie auch vermeiden, daß sie die falschen Punkte ansprechen.

Zum AufhebungsvertragsCheck[3]


Blogbeiträge zum Thema Aufhebungsvertrag

Keine Sperrzeit wegen Aufhebungsvertrag zum Ende der Elternzeit![4]

Rücktritt vom Aufhebungsvertrag unter Umständen möglich [5]

Aufhebungsvertrag: Böse Folgen für´s Arbeitslosengeld? [6]

Leitender Angestellter: Keine Sperrzeit beim Aufhebungsvertrag! [7]

Abwicklungsvertrag = Aufhebungsvertrag? [8]

Aufhebungsvertrag mit Abfindung aber ohne Sperrzeit? [9]

Interviews

(1)

(8) Weitere Interviews: Daneben haben die Rechtsanwälte der Kanzlei zahlreiche Interviews[10] zum befristeten Arbeitsvertrag, zum Berufsausbildungsvertrag, zu Zielvereinbarung und zu einzelnen Rechten und Pflichten im Arbeitsvertrag gegeben.

Weblinks

(1) Aufhebungsvertrag.de [11]: Das große Rechtsportal zum Thema "Aufhebungsvertrag" von Juracity - Recht für Alle!

(2) Abwicklungsvertrag.de [12]: Aktuelles rund um das Thema "Abwicklungsvertrag" nach Kündigung von Juracity - Recht für Alle!

(3) Sperrzeit.com [13]: Webseite des Autors zum Thema "Sperrzeit" bzw. Sperrfrist.

Autor

Michael W. Felser ist der auf das Thema "Aufhebungsvertrag" spezialisierte Rechtsanwalt in der Kanzlei Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte Köln/Brühl [14] und Betreiber des Portals "Juracity - Recht für Alle!" mit der Themendomain "Aufhebungsvertrag.de". Er hat zahlreiche Arbeitnehmer und Führungskräfte sachkundig vor dem Abschluß des Aufhebungsvertrags und bei Problemen mit Klauseln und Regeln des Arbeitsvertrag beraten und vertreten. Betriebsräte berät er als Sachverständiger bei der Geltendmachung von Informationsrechten, der Überwachung der Einhaltung der Rechtsvorschriften zum Arbeitsvertrag (Nachweisgesetz, Tarifvertrag etc.) und Betriebsvereinbarungen mit Bezug zum Arbeitsvertrag (z.B. AT-Angestellte). Referenzen auf Anfrage.