Scheinselbständigkeit
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Inhaltsverzeichnis
- 1 Scheinselbständigkeit - Begriff
- 2 Scheinselbständigkeit - Amnestie
- 3 Scheinselbständiger, arbeitnehmerähnlicher Selbständiger oder Selbständiger?
- 4 Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger
- 5 rentenversicherungspflichtiger Selbständiger
- 6 Selbständiger
- 7 Freiberufler
- 8 Scheinselbständigkeit - Rechtsgrundlagen
- 9 Scheinselbständigkeit: Kriterien und Beweislast
- 10 Scheinselbständigkeit, Clearingsstelle der DRV und Statusfeststellungsverfahren
- 11 Statusfeststellungsverfahren - Pro und Contra
- 12 BfA-Befreitung - Persilschein für Selbständige?
- 13 Scheinselbständigkeit - Folgen
- 14 Scheinselbständigkeit und Rentenversicherung
- 15 Scheinselbständigkeit - unterschiedliche Bewertung im Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht, Steuerrecht, Strafrecht
- 16 Scheinselbständigkeit - wann droht eine Strafe?
- 17 Scheinselbständigkeit umgehen?
- 18 Scheinselbständigkeit vermeiden
- 19 Scheinselbständigkeit - Rechtsprechung (Urteile)
- 20 Scheinselbständigkeit - Trainer und Amateursportler
- 21 Scheinselbständigkeit - Handelsvertreter
- 22 Scheinselbständigkeit - Museumsführer
- 23 Scheinselbständigkeit - spezialisierter Rechtsanwalt, Rentenberater oder Steuerberater?
- 24 Scheinselbständigkeit - Checklisten
- 25 Scheinselbständigkeit - Aktuelles 2014 / 2015
- 26 Interviews von Rechtsanwalt Felser zum Thema Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit
- 27 Weblinks
- 28 Autor / Anwalt
Scheinselbständigkeit - Begriff
Scheinselbständigkeit (oder wie vom DUDEN empfohlen: Scheinselbstständigkeit) ist zunächst einmal ein politischer Begriff. Die Diskussion um die Scheinselbständigkeit, z.B. der Kurierfahrer, führte aber 1999 zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999 mit dem erstmals ein Kriterienkatalog mit vier Kriterien zur Abgrenzung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und echter (sozialversicherungsfreier) Selbständigkeit (oder wie vom DUDEN empfohlen: Selbstständigkeit) eingeführt wurde. Dieser war aber von Anfang an umstritten. Insbesondere die Verleger sorgten für medialen Aufruhr, so dass eine Kommision unter Vorsitz des Präsidenten des Bundesarbeitsgerichts a.D. Dieterich eingesetzt wurde. Die Diskussion führte zur Erweiterung des Kriterienkatalogs auf fünf Kriterien.
Neu war vor allem eine Beweislasterleichterung für die Sozialversicherungsträger, die bei Ermittlungen bis 1999 meist vor einer einvernehmlichen Mauer des Schweigens standen, weil beide Beteiligte, Auftraggeber wie Auftragnehmer, kein Interesse an einer Sozialversicherungspflichtigkeit der Tätigkeit hatten. Der Kriterienkatalog führte dazu, dass das Gesetz bei Erfüllen von zwei bzw. später drei Kriterien eine (widerlegliche) Vermutung für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung regelte, die die Beteiligten gegenüber den Sozialversicherungsträgern entkräften mussten.
Scheinselbständigkeit - Amnestie
Als Gegenleistung sah das Gesetz ursprüngliche eine Amnestie vor für diejenigen, die fristgerecht (innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit) eine Statusfeststellung beantragten. Erst nach rechtskräftigem Abschluss dieses Verfahrens enstand die Beitragspflicht. Die Amnestie führte bei kurzzeitigen Aufträgen zu Missbrauch dieser Möglichkeit nicht nur im Medienbereich, so dass der Gesetzgeber die Amnestie wieder abschaffte. Heute (Stand 2013) besteht nur noch ein eingeschränktes "Bonbon" für die Durchführung des Statusfeststellungsverfahrens. Wer dieses fristgerecht (wie bisher einen Monat nach Tätigkeitsaufnahme) einleitet, muss die Beiträge erst ab dem Zeitpunkt zahlen, wenn am Ende des Verfahrens (ggf. nach Revision beim Bundessozialgericht) die Beitragspflicht feststeht. Voraussetzung ist aber, daß der Beschäftigte dem
1. zustimmt und
2. er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird grundsätzlich dann erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.
Scheinselbständiger, arbeitnehmerähnlicher Selbständiger oder Selbständiger?
Selbständige sind nicht sozialversicherungspflichtig (aber: Künstlersozialversicherung), Scheinselbständige in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig und arbeitnehmerähnliche Selbständige nur in der Rentenversicherung versicherungspflichtig.
Die Begriffe "Scheinselbständiger" und "arbeitnehmerähnlicher Selbständiger werden leider, häufig auch von Steuerberatern und Rechtsanwälten, im gleichen Sinne verstanden bzw. missinterpretiert. So hört und liest man oft, auch im Internet und Papiermedien, dass man scheinselbständig sei, wenn man mehr als 5/6 mit einem Auftraggeber umsetzt. Wenn man mehrere Auftraggeber habe, sei man echter Selbständiger. Diese Regelung (5/6 Regelung) fand sich zwar im Kriterienkatalog des § 7 SGB IV, der allerdings schon 2003 abgeschafft wurde. Tatsächlich spielt diese Frage nur noch bei der arbeitnehmerähnlichen Selbständigkeit nach § 2 Nr. 9 SGB VI eine Rolle, nicht aber bei der Abgrenzung der Scheinselbständigkeit.
Selbst wenn mehrere Auftraggeber vorhanden sind, kommt es darauf an, wie jedes dieser Auftragsverhältnisse zu beurteilen ist. Auch eine "BfA-Befreiung" gibt es daher nicht. Hat die Clearingstelle (DRV) im Statusfeststellungsverfahren festgestellt, dass eine bestimmte Tätigkeit "selbständig" und damit sozialversicherungsfrei ist, bedeutet das nicht, dass dies auch für weitere Aufträge oder andere Auftraggeber gilt. Die Wirkung besteht nur für den geprüften Auftrag bzw. Auftragstyp und/oder einen bestimmten Auftraggeber. Jede Änderung in den Aufträgen kann dazu führen, dass die bisher sozialversicherungsfreie Tätigkeit sozialversicherungspflichtig wird.
Arbeitnehmerähnlicher Selbständiger
Der Begriff des "arbeitnehmerähnlichen Selbständigen" wird oft - aber fälschlicherweise - mit der Scheinselbständigkeit vermengt. Als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger werden Selbständige bezeichnet, die aufgrund wirtschaftlicher Abhängigkeit von einem Auftraggeber der Rentenversicherungspflicht unterworfen werden.Es handelt sich um sogenannte "Ein-Personen-Unternehmer" oder "Solo-Selbständige".
Geregelt ist dies in § 2 Nr. 9 SGB VI:
§ 2 SGB VI Selbständig Tätige
Versicherungspflichtig sind selbständig tätige
(...)
9. Personen, die
a)im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen und
b)auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind; bei Gesellschaftern gelten als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft.
Die beiden Kriterien, nämlich
1. auf Dauer UND im wesentlichen nur ein Auftraggeber 2. keine eigenen sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer
sind für Betriebsprüfer Leckerbissen, weil leicht festzustellen.
Rechtsfolge
Die arbeitnehmerähnlichen Selbständigen sind von Beginn ihrer Selbständigkeit an rentenversicherungspflichtig und müssen (selbst) den gesamten Rentenversicherungsbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil, zur Zeit ca. 22 %) abführen. Anders als bei der Scheinselbständigkeit haftet hier der Selbständige selbst für rückständige Beiträge und nicht der Auftraggeber.
Die meisten arbeitnehmerähnlichen Selbständigen wissen nichts von ihrer Rentenversicherungspflichtigkeit und werden daher oftmals böse von einem entsprechenden Bescheid der Deutschen Rentenversicherung überrascht. Insbesondere die Steuerberater von arbeitnehmerähnlichen Selbständigen übersehen dies häufig, was zur Haftung des Steuerberaters bei einer Nachentrichtung von Beiträgen führen kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs trifft den Steuerberater, der die beiden Kriterien im Regelfall leicht erkennen könnte, eine Haftung, wenn er seinen Mandanten nicht oder nicht rechtzeitig auf die Rentenversicherungspflicht hinweist oder einen spezialisierten Anwalt empfiehlt.
Jedenfalls während der Existenzgründungsphase lässt sich die Rentenversicherungspflicht leicht vermeiden. Das Sozialversicherungsrecht sieht nämlich in den ersten drei Jahren nach Tätigkeitsaufnahme eine Befreiung von der Rentenversicherung vor. Der arbeitnehmerähnliche Selbständige wird dann als Existenzgründer von der Rentenversicherung befreit. Voraussetzung für die Befreiung ist allerdings ein entsprechender (rechtzeitiger) Antrag. Rückwirkend kann / sollte dieser Antrag nicht mehr gestellt werden.
Wichtig: auch arbeitnehmerähnliche Selbständige haben im Regelfall nach § 2 BUrlG Anspruch auf den gesetzlichen (bezahlten) Mindesturlaub (20 Tage jährlich).
§ 2 BUrlG Geltungsbereich
Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer gelten auch Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; für den Bereich der Heimarbeit gilt § 12.
Voraussetzung für bezahlten Urlaub ist, dass der Urlaub auch beantragt wird. Kann dies nachgewiesen werden, kann das dafür fällige Urlaubsgeld bis zur Verjährung (drei Jahre) nachgefordert werden. Häufig scheitern solche Nachforderungen aber daran dass die arbeitnehmerähnlichen Selbständigen keinen Urlaubsantrag gestellt haben oder diesen nicht nachweisen können.
Nähere Informationen finden Sie in unserem Rechtslexikon unter dem Stichwort "arbeitnehmerähnlicher Selbständiger" [1]
rentenversicherungspflichtiger Selbständiger
Der Begriff "rentenversicherungsrechtlicher Selbständiger" wurde nach einer Gesetzesänderung zum "arbeitnehmerähnlicher Selbständiger". Beide Begriffe sind daher gleichbedeutend, der Begriff "rentenversicherungspflichtiger Selbständiger" trifft die Folgen der Einordnung genauer. Wer "arbeitnehmerähnlicher Selbständiger" im Sinne des § 2 Nr. 9 SGB VI ist, wird nämlich rentenversicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Selbständiger
Als Selbständige werden Personen bezeichnet, die - insbesondere mit Dienstvertrag oder Werkvertrag - gegen Entgelt mit dem Risiko von Gewinn- und Verlust Leistungen erbringen, ohne in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert zu sein und dessen Weisungen zu unterliegen.
Eine selbständige Tätigkeit ist durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
Ob eine abhängige Beschäftigung oder Selbständigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen. Bei der Abwägung müssen alle nach Lage des Einzelfalles relevanten Indizien berücksichtigt und innerhalb einer Gesamtschau gewichtet und gegeneinander abgewogen werden (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – Rdnr. 16).
Freiberufler
Scheinselbständigkeit ist kein spezifisches problem von Freiberuflern, auch für diese gelten die allgemeinen Regeln für die Frage, ob eine abhängige und damit sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt.
Der Begriff Freiberufler kommt aus dem Steuerrecht und spielt dort eine Rolle. Freiberufler werden von den Gewerbetreibenden abgegrenzt und sind demnach auch nicht gewerbesteuerpflichtig.
Die Definition und Beispiele ergeben sich aus § 18 Einkommenssteuergesetz:
§ 18 Einkommensteuergesetz
(1) Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind
1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit, die selbständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratenden Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen und ähnlicher Berufe. Ein Angehöriger eines freien Berufs im Sinne der Sätze 1 und 2 ist auch dann freiberuflich tätig, wenn er sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient; Voraussetzung ist, dass er auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird. Eine Vertretung im Fall vorübergehender Verhinderung steht der Annahme einer leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit nicht entgegen;
Der Begriff "Freiberufler" wird häufig fehlerhaft synonym mit dem Begriff des "freien Mitarbeiters" gebraucht.
Der Bundesfinanzhof (Urteil vom 54.5.2004 - XI R 9/03) hat entschieden, dass IT-Berater Freiberufler sind. Das gilt auch, wenn sie im Rahmen der Entwicklungsarbeit und Beratungsarbeit auch Materialien wie einzelne Drucker, Notebooks, Festplatten, Kabel, Toner etc. zum Einkaufspreis als Hilfstätigkeit liefern (FG Berlin-Brandenburg vom 7.3.2013 - 10 K 10056/09). Der mit dem zeitintensiven Erwerb des Grundlagenwissens als Basis der Berufsausübung verbundene Einkommensverlust rechtfertigt die Besserstellung freiberuflicher Ingenieure in gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht gegenüber anderen im technischen Bereich selbständig Tätigen (BFH, Urteil vom 14. Juni 2007 - XI R 11/06, BFH/NV 2007, 2091, unter II.3.a) der Gründe).
Scheinselbständigkeit - Rechtsgrundlagen
Seit dem 1.1.2003 gibt es für die Abgrenzung der Scheinselbständigkeit keinen Kriterienkatalog mehr. Die aktuelle Fassung der entscheidenden Rechtsnorm im Sozialversicherungsrecht lautet:
§ 7 Beschäftigung
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(...)
(4) Für Personen, die für eine selbständige Tätigkeit einen Zuschuss nach § 421l des Dritten Buches beantragen, wird widerlegbar vermutet, dass sie in dieser Tätigkeit als Selbständige tätig sind. Für die Dauer des Bezugs dieses Zuschusses gelten diese Personen als selbständig Tätige.
Scheinselbständigkeit: Kriterien und Beweislast
Immer noch hält sich das Gerücht, für die Frage der Scheinselbstständigkeit seien gesetzlich Kriterien bzw. ein Kriterienkatalog maßgeblich. Hierbei handelt es sich um einen Rechtsirrtum.
Vor 1999 lag die Beweislast für eine Sozialversicherungspflicht bei den Sozialversicherungsträgern. In der turnusmäßigen Betriebsprüfung, bei Sonderprüfungen, Ermittlungen von Zoll und Staatsanwaltschaft mussten diese beweisen, dass die selbständige Tätigkeit in Wirklichkeit sozialversicherungspflichtig ist. Auch Auftragnehmer, die vor dem Arbeitsgericht das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft feststellen lassen wollten, trugen die volle Darlegungs- und Beweislast. Allerdings traf im Sozialversicherungsrecht auch die anderen Beteiligten, also Auftraggeber und Auftragnehmer, eine Mitwirkungspflicht. Trotzdem gelang es Sozialversicherungsträgern nicht oft, einen Missbrauch der selbständigen Tätigkeit nachzuweisen. Nur wenn ein Selbständiger selbst nicht mehr mit der Selbständigkeit zufrieden war und mitwirkte, waren den Ermittlungen Erfolge beschert.
So hieß es bis 1999 im Gesetz schlicht:
§ 7 SGB IV Beschäftigung
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Erst 1999 wurde in § 7 Abs. 4 SGB IV ein Kritierienkatalog mit vier Kriterien ins Sozialgesetzbuch IV eingefügt, mit dem die Beweislast gravierend verändert wurde.
§ 7 SGB IV Beschäftigung
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
(...)
(4) Bei Personen, die erwerbsmäßig tätig sind und
1. im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit mit Ausnahme von Familienangehörigen keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen,
2. regelmäßig und im wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind,
3. für Beschäftigte typische Arbeitsleistungen erbringen, insbesondere Weisungen des Auftraggebers unterliegen und in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers eingegliedert sind, oder
4. nicht aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt auftreten,
wird vermutet, daß sie gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, wenn mindestens zwei der genannten Merkmale vorliegen. Satz 1 gilt nicht für Handelsvertreter, die im wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten und über ihre Arbeitszeit bestimmen können.
Familienangehörige im Sinne des Satzes 1 Nr. 1 sind
1. der Ehegatte sowie
2. Verwandte bis zum zweiten Grade,
3. Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
4. Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches) des Versicherten oder seines Ehegatten.
Ab 1.4.1999 bis 31.12.2000 wurde § 7 Abs. 4 SGB IV nach Kritik geändert; es wurde ein weiteres Kriterium eingefügt, so dass nunmehr fünf Kriterien maßgeblich waren. Bei Vorliegen von drei (von fünf) Kriterien wurde "Scheinselbständigkeit" vermutet. Ausserdem wurden die Familienangehörigen wegen grundrechtlichen Bedenken (Schutz von Familie und Ehe, Art. 6 GG) gestrichen, so dass auch Familienangehörige als Arbeitnehmer beschäftigt werden können und bei der Frage der Scheinselbständigkeit berücksichtigt werden müssen:
§ 7 Beschäftigung
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(...)
(4) Bei einer erwerbsmäßig tätigen Person, die ihre Mitwirkungspflichten nach § 206 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 196 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch nicht erfüllt, wird vermutet, dass sie beschäftigt ist, wenn mindestens drei der folgenden fünf Merkmale vorliegen:
1. Die Person beschäftigt im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig im Monat 630 Deutsche Mark übersteigt;
2. sie ist auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig;
3. ihr Auftraggeber oder ein vergleichbarer Auftraggeber lässt entsprechende Tätigkeiten regelmäßig durch von ihm beschäftigte Arbeitnehmer verrichten;
4. ihre Tätigkeit lässt typische Merkmale unternehmerischen Handelns nicht erkennen;
5. ihre Tätigkeit entspricht dem äußeren Erscheinungsbild nach der Tätigkeit, die sie für denselben Auftraggeber zuvor auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hatte.
Satz 1 gilt nicht für Handelsvertreter, die im Wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten und über ihre Arbeitszeit bestimmen können. Die Vermutung kann widerlegt werden.
Auftraggeber gelten als Arbeitgeber.
Bis heute hält sich allerdings hartnäckig das Gerücht, dass Familienangehörige nicht zu berücksichtigen seien.
Ab 1.1.2003 wurde der Kriterienkatalog ersatzlos gestrichen. Die ursprüngliche Beweislast (wie vor 1999) wurde damit wiederhergestellt. lediglich eine Ausnahme wurde in § 7 Abs. 4 SGB IV noch geregelt:
§ 7 Beschäftigung
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(...)
(4) Für Personen, die für eine selbständige Tätigkeit einen Zuschuss nach § 421l des Dritten Buches beantragen, wird widerlegbar vermutet, dass sie in dieser Tätigkeit als Selbständige tätig sind. Für die Dauer des Bezugs dieses Zuschusses gelten diese Personen als selbständig Tätige.
Seit 2003 gilt daher wieder, dass die Sozialversicherungsträger die volle Beweislast für das Vorliegen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung tragen. Allerdings treffen Auftraggeber und Auftragnehmer eine Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung.
Scheinselbständigkeit, Clearingsstelle der DRV und Statusfeststellungsverfahren
Um die Frage zu klären, ob ein Mitarbeiter selbständig oder abhängig und damit sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, bietet bdie Deutsche Rentenversicherung Bund über eine Clearingstelle ein sog. Anfrageverfahren (Statusfeststellungsverfahren) an. Vor einem leichtfertigen Antrag sei an dieser Stelle gewarnt, da inzwischen in deutlich mehr als der Hälfte aller Fälle eine abhängige Beschäftigung festgestellt wird, was teilweise fünfstellige Nachforderungen nach sich ziehen kann. Mehr dazu im Rechtslexikon unter "Statusfeststellungsverfahren" [2]
Statusfeststellungsverfahren - Pro und Contra
Immer wieder liest man, ein Statusfeststellungsverfahren vor der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund werde empfohlen. Offenbar liegt diesen unbedingten Empfehlungen die Rechtslage vor 2003 zugrunde. Vor 2003 belohnte die Deutsche Rentenversicherung ein Statusfeststellungsverfahren mit einer großzügigen Amnestie. Seit 2003 ist allerdings Vorsicht bei einer leichtfertigen Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens ohne vorherige qualifizierte Beratung geboten. Die Tendenz bei der Clearingsstelle der DRV, eine abhängige Beschäftigung und damit Sozialversicherungspflicht anzunehmen, ist groß und wächst nach einem Bericht der Computerwoche in den Jahren stetig. Wer diese Rechtsfolge nicht wünscht, weil er glaubt, er sei "wirklich" selbständig (ein verbreiteter Irrtum), der sollte sich in jedem Fall vor Antragstellung wegen der sozialversicherungsrechtlichen Folgen beraten lassen.
Andererseits sollte eine derartige Beratung so früh wie möglich erfolgen.
Die auch heute noch mögliche "kleine" Amnestie gibt es nämlich nur dann, wenn das Statusfeststellungsverfahren im ersten Monat nach Aufnahme der Tätigkeit beantragt wird.
Mehr dazu im Rechtslexikon unter "Statusfeststellungsverfahren" [3]
BfA-Befreitung - Persilschein für Selbständige?
Eine "BfA-Befreiung" pauschal für die berufliche Tätigkeit z.B. eines IT-Beraters gibt es nicht. Nach der Rechtsprechung ist nämlich jedes einzelne Auftragsverhältnis gesondert zu prüfen. Eine positive Statusfeststellung nützt daher für den nächsten Auftrag als Selbständiger ebenso wenig wie für weitere parallele Aufträge. So kann ein Selbständiger im einem Auftrag selbständig und im anderen Auftrag scheinselbständig sein.
Scheinselbständigkeit - Folgen
Die Feststellung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung (Scheinselbständigkeit) hat zahlreiche Folgen. Die Feststellung hat nicht nur sozialversicherungsrechtliche Folgen (Nachentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge bis zu 5 Jahre, bei Vorsatz bis zu 30 Jahre durch den Auftraggeber; Erwerb sozialversicherungsrechtlicher Ansprüche durch den Auftragnehmer - Rentenansprüche, Arbeitslosenversicherung, gesetzliche Krankenversicherung, Pflegeversicherung), sondern auch steuerrechtliche Folgen (Rückabwicklung Umsatzsteuer/Vorsteuerabzug; Einkommenssteuer, Gewerbesteuer), arbeitsrechtliche Folgen (Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit Betriebszugehörigkeit seit Beginn der Tätigkeit, u.U. Kündigungsschutz, Betriebsrentenansprüche etc.). Die Feststellung einer scheinselbständigen Beschäftigung kann auch strafrechtliche Folgen haben. Insbesondere wenn Zoll und Steuerfahndung beteiligt sind, werden auch strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet.
Die Folgen der steuerrechtlichen Abwicklung können auch den Scheinselbständigen empfindlich treffen. Bei der arbeitsrechtlichen Rückabwicklung sind ebenfalls nachteilige Folgen für den Auftragnehmer zu bedenken, die den Vorteilen eines Arbeitsverhältnisses sorgfältig gegenübergestellt und abgewogen werden müssen.
Fristen: Scheinselbständige können sich oft über eine Rückerstattung der freiwillig geleisteten Krankenversicherungsbeiträge freuen. Aber auch hier sind kurze Antragsfristen zu beachten.
Wegen der Komplexität der Sach- und Rechtslage sowie der unterschiedlichen Interessen der Betroffenen gleicht kein Fall dem anderen. Er gehört jedenfalls in die Hände eines spezialisierten Anwalts. Sonst kann der Schuß nach hinten losgehen. Häufig übersehen werden Ansprüche auf Arbeitslosengeld, Rückerstattung von Krankenkassenbeiträgen oder Gewerbesteuer. Bei der Lohnsteuernachberechnung und der Umsatzsteuerkorrektur sind ebenfalls zahlreiche Fallstricke zu beachten.
Scheinselbständigkeit und Rentenversicherung
Bei Scheinselbständigkeit besteht Sozialversicherungspflicht, d.h. es sind auch die Beiträge zur Rentenversicherung zu entrichten. Die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung ist eine der Stellen, die die Frage der Selbständigkeit oder Scheinselbständigkeit klären können. Allerdings ist hier Vorsicht bei der leichtfertigen Beantragung eines Statusfeststellungsverfahren angebracht [4].
Scheinselbständigkeit - unterschiedliche Bewertung im Arbeitsrecht, Sozialversicherungsrecht, Steuerrecht, Strafrecht
Eine scheinselbständige Tätigkeit kann nicht nur Folgen im Sozialversicherungsrecht, sondern auch im Arbeitsrecht (Bestehen eines Arbeitsverhältnisses), Steuerrecht (Rückzahlung von Umsatzsteuer bzw. Nacherhebung von abgezogener Vorsteuer aber auch Rückzahlung von Gewerbesteuer) und im Strafrecht (Schwarzarbeit, Vorenthalten von Sozialversicherungsabgaben) nach sich ziehen.
Eine sozialversicherungsrechtlich abhängige Beschäftigung kann aber vom Finanzamt auch als selbständig anerkennt werden und vom Arbeitsgericht als freie Mitarbeit. Alle Gerichtszweige nehmen für sich in Anspruch, die eigenen Definitionen auch unabhängig zu prüfen und den Status festzustellen.
Der steuerrechtliche Begriff des Arbeitnehmers deckt sich nicht immer mit dem in anderen Rechtsgebieten verwendeten wortgleichen Begriff. Es ergeben sich Abweichungen gegenüber dem Arbeitsrecht und dem Sozialversicherungsrecht. So kann im Einzelfall steuerrechtlich ein Dienstverhältnis, arbeitsrechtlich kein Arbeitsverhältnis vorliegen und umgekehrt (Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl, § 19 EStG, Anm 16 und die dort angeführte Rechtsprechung und Literatur). Dem Steuerrecht ist insbesondere der dem Arbeitsrecht geläufige Begriff des arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses fremd (BFH-Urteil vom 27. April 1961 IV 329/58 U, BFHE 73, 129, BStBl III 1961, 315). Auf dem Gebiet des Arbeitsrechts und Sozialversicherungsrechts ergangene Entscheidungen zu dem Begriff des Arbeitnehmers oder des unselbständig Beschäftigten können daher nicht oder nur mit Einschränkungen übernommen werden. Es bedarf jeweils einer eigenen Beurteilung nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten.
(so schon BFH, Urteil vom 14. Dezember 1978 – I R 121/76 –, BFHE 126, 311, BStBl II 1979, 188-190)
Die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung einer Tätigkeit als selbständig oder unselbständig ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH für die steuerrechtliche Beurteilung nicht bindend; sie kann allenfalls als Indiz gewertet werden (vgl. BFH vom 2. Dezember 1998 X R 83/96, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534, m.w.N.; vgl. Schmidt/Drenseck, a.a.O., § 19 Rz. 4).
(BFH, Beschluss vom 09. November 2004 – VI B 150/03 –, juris)
In verfahrensrechtlicher Hinsicht besteht allerdings nach herrschender, zutreffender Rechtsauffassung keine Bindung der Träger der Sozialversicherung an die Verwaltungsakte der Steuerbehörden und die Entscheidungen der Finanzgerichte (GE 5529 a.a.O.). Die Versicherungsträger, in Streitfällen die Sozialgerichte, haben vielmehr selbständig zu entscheiden, ob auf Grund der Gesamtumstände des Einzelfalles ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt und ob Versicherungspflicht besteht.
(BSG, Urteil vom 05. April 1956 – 3 RK 65/55 –, BSGE 3, 30, SozR Nr 18 zu § 164 SGG)
Nicht ausschlaggebend ist die sozial- und arbeitsrechtliche Einordnung der Tätigkeit als selbständig oder unselbständig (BFH-Urteile in BFHE 129, 565, BStBl II 1980, 303; BFHE 153, 437, BStBl II 1988, 804; BFH/NV 1989, 541; zur Eigenständigkeit des Begriffs "Arbeitnehmer" auf den verschiedenen Rechtsgebieten vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 15. Dezember 1986 StbSt (R) 2/86, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1987, 2751; Wank Arbeitnehmer und Selbständige, 1988, 356 ff., m.w.N.). Zwar kann es im Rahmen der steuerlichen Beurteilung als Indiz gewertet werden, wenn das Arbeitsrecht bzw. das Sozialversicherungsrecht ein nichtselbständiges Beschäftigungsverhältnis annimmt. Es besteht jedoch in dieser Frage keine Bindung zwischen Arbeits- und Sozialversicherungsrecht einerseits und Steuerrecht andererseits. Daher vermag die neuere zivil- und arbeitsrechtliche Rechtsprechung zur sog. Scheinselbständigkeit die steuerrechtliche Beurteilung nicht vorzuprägen.
aa) § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) verwendet den Begriff des Arbeitnehmers § 5 ArbGG definiert, wer Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG ist. Das sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu einer Berufsausbildung Beschäftigten. Nach § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG gelten als Arbeitnehmer u.a. auch sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unabhängigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind.
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) und des BGH unterscheidet sich das Arbeitsverhältnis vom Rechtsverhältnis eines freien "Dienstnehmers" oder Werkunternehmers durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit bei der Erbringung der Werk- oder Dienstleistung. Arbeitnehmer ist, wer weisungsgebunden eine vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von seinem Vertragspartner bestimmten Arbeitsorganisation erbringt. Insoweit enthält § 84 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) ein typisches und verallgemeinerungsfähiges Abgrenzungsmerkmal. Danach ist derjenige selbständig, der im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Unselbständig und deshalb "persönlich abhängig" ist derjenige Mitarbeiter, dem dies nicht möglich ist, weil er hinsichtlich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Ausführung der versprochenen Dienste einem umfassenden Weisungsrecht unterliegt oder weil der Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung durch die rechtliche Vertragsgestaltung oder die tatsächliche Vertragsdurchführung stark eingeschränkt ist (BAG-Urteil vom 19. November 1997 5 AZR 653/96, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht --ZIP-- 1998, 612; BGH-Beschluß vom 21. Oktober 1998 VIII ZB 54/97, Betriebs-Berater --BB-- 1999, 11 - selbständiger Frachtführer). Mit dem Status des Arbeitnehmers ist es grundsätzlich nicht zu vereinbaren, wenn es dem Mitarbeiter gestattet und nach den tatsächlichen Umständen auch möglich ist, die geschuldete Leistung durch einen Dritten erbringen zu lassen (BGH-Beschluß in BB 1999, 11).
Ohne Erfolg beruft sich der Kläger der Sache nach darauf, er habe keinen solchen mit dem Status eines Arbeitnehmers unvereinbaren Gestaltungsspielraum. Denn anders als im Zivilrecht kommt es im Steuerrecht nicht (lediglich) auf die Art und Weise der persönlichen Leistungsverrichtung --Unterstellung unter ein Weisungsrecht oder fehlender bzw. eingeschränkter "Freiraum"-- an. Das Steuerrecht hebt schwerpunktmäßig ab auf die Nähe des Steuerpflichtigen zum Marktgeschehen, die --wie dargelegt-- anhand der Merkmale "Unternehmerrisiko" und "Unternehmerinitiative" beurteilt wird. Dem Arbeitsrecht liegt der Gedanke der sozialen Schutzbedürftigkeit zugrunde. Ein derartiger Regelungszweck ist dem Steuerrecht hingegen fremd (BFHE in BFHE 170, 48, BStBl II 1993, 303).
cc) Daher ist es auch unerheblich, ob der Kläger eine "arbeitnehmerähnliche Person" ist. Dieser in § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG normierte Begriff ist auf Personen anwendbar, die wegen fehlender Eingliederung in eine betriebliche Organisation und im wesentlichen freier Zeitbestimmung nicht im gleichen Maße abhängig sind wie Arbeitnehmer; an die Stelle der persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit tritt das Merkmal der wirtschaftlichen Unselbständigkeit. Eine solche setzt voraus, daß der Abhängige auf die Verwertung seiner Arbeitskraft angewiesen ist und daß er sich in der Regel an eine einzige Person gebunden hat, so daß ohne deren Aufträge seine wirtschaftliche Existenzgrundlage entfiele. Zudem muß der wirtschaftlich Abhängige seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzwürdig sein (vgl. BAG-Beschlüsse vom 11. April 1997 5 AZB 33/96, NJW 1997, 2404; vom 16. Juli 1997 5 AZB 29/96, NJW 1997, 2973; vom 8. September 1997 5 AZB 3/97, NJW 1998, 701; BGH-Beschlüsse in BB 1999, 11; vom 4. November 1998 VIII ZB 12/98, BB 1999, 73, DStR 1998, 2020 - arbeitnehmerähnlicher Franchisenehmer). Der Begriff "arbeitnehmerähnliche Person" steht damit bereits arbeitsrechtlich im Gegensatz zum "Arbeitnehmer" und hat keine Auswirkung auf die einkommensteuerrechtliche Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer und Gewerbetreibendem.
dd) Auch § 14 Abs. 4 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch i.d.F. des Gesetzes zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte (SGB IV) vom 19. Dezember 1998 (BGBl I 1998, 3843, 3846) geht davon aus, daß die sozialversicherungsrechtliche Begriffsbestimmung des "Beschäftigten" als einer Person, die "gegen Arbeitsentgelt beschäftigt ist", von der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung abweichen kann. Diese Vorschrift knüpft in den Fällen des § 7 Abs. 4 SGB IV n.F. "bei einer Beschäftigung, die nach dem Einkommensteuerrecht als selbständige Tätigkeit bewertet wird", die Bestimmung des Arbeitsentgelts an die Regelungen für Selbständige an (BTDrucks 14/45, S. 20). Zu den vier Kriterien, die nach § 7 Abs. 4 SGB IV n.F. die Vermutung einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt begründen, gehört zwar auch, daß eine erwerbsmäßig tätige Person "nicht aufgrund unternehmerischer Tätigkeit am Markt auftritt" (Abs. 4 Satz 1 Nr. 4). Dem liegt die Erwägung des Gesetzgebers zugrunde, daß "selbständig" im allgemeinen nur jemand ist, der auch unternehmerische Entscheidungsfreiheit genießt und unternehmerische Chancen wahrnehmen kann. Wer über Einkaufs- und Verkaufspreise, Warenbezug, Einsatz von Kapital und Maschinen weitgehend nicht eigenständig entscheiden kann, ist in der Regel nicht selbständig tätig, sondern abhängig beschäftigt (BTDrucks 14/45, S. 19). Indes kommt das in § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 SGB IV n.F. erwähnte Merkmal sozialversicherungsrechtlich nicht zum Tragen, wenn die gesetzliche Vermutung, die aufgrund der weiteren Merkmale (§ 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB IV n.F.) begründet wird, nicht widerlegt werden kann. Demgegenüber ist in steuerrechtlicher Hinsicht das Entgeltrisiko stets ein den Typus "Gewerbetreibender" prägendes Merkmal.
(BFH, Urteil vom 02. Dezember 1998 – X R 83/96 –, BFHE 188, 101, BStBl II 1999, 534)
Es kann daher unterschiedliche Statusfeststellungen geben. Finanzämter können sogar die Umsatzsteuer anerkennen, aber den Abzug von Betriebsausgaben ablehnen (arbeitnehmerähnlicher Selbständiger im Steuerrecht).
Im Übrigen ist die Frage der Selbstständigkeit natürlicher Personen zwar grundsätzlich für die Umsatzsteuer, die Einkommensteuer und die Gewerbesteuer nach denselben Grundsätzen zu beurteilen. Aber auch hier besteht eine Bindung zwischen der ertragsteuerrechtlichen Beurteilung und der im Umsatzsteuerrecht nicht (BFH-Urteil vom 10. März 2005 V R 29/03, BStBl II 2005, 730 m.w.N.), sondern ebenfalls nur eine Indizwirkung.
(FG München, Urteil vom 04. Dezember 2012 – 10 K 3854/09 –, juris)
Scheinselbständigkeit - wann droht eine Strafe?
Wird Scheinselbständigkeit festgestellt, droht in mehrerer Hinsicht eine "Strafe".
Zum einem kann zur Nachforderung (für bis zu fünf Jahre rücckwirkend) noch ein Säumniszuschlag kommen. Ausserden droht, wenn gleichzeitig Schwarzarbeit vorliegt, eine Hochrechnung des Bruttohonorars als Nettoentgelt. Bei Vorsatz kann die Nachforderung der DRV sich auf 30 Jahre erstrecken.
Dazu kann eine Strafe (Freiheitsstrafe, ggf. auf Bewährung, oder Geldstrafe) oder ein Bussgeld verhängt werden.
Oft kommt es zu einer Anklage wegen Beitragshinterziehung (§ 266a Abs. 1 und 2 StGB). Daneben kommen Strafen nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AEntG (Mindestlohn) oder Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern ohne Arbeitsgenehmigung (§ 404 Abs. 2 Nr. 3 und 4 SGB III, §§ 10, 11 SchwarzArbG) oder illegale Arbeitnehmerüberlassung (§ 16 Abs. 1 Nrn. 1, 1a AÜG, §§ 15, 15 a AÜG) bei Endkunden in Betracht.
Scheinselbständigkeit umgehen?
Scheinselbständigkeit umgehen geht nicht, vermeiden schon. Ob Scheinselbständigkeit vorliegt, ist objektiv anhand verschiedener, je nach Berungsgruppe unterschiedlichen Kriterien zu bewerten, die gewichtet werden und am Ende in einer Gesamtabwägung zum Überwiegen von für Selbständigkeit oder abhängiger Beschäftigung sprechender Merkmale führen. Versuchen Sie besser nicht, Scheinselbständigkeit zu umgehen, sondern vermeiden sie diese durch rechtzeitig Prüfung ob und wie die beabsichtigte Beschäftigung im Rahmen einer selbständigen Beschäftigung möglich ist.
Scheinselbständigkeit vermeiden
Scheinselbständigkeit lässt sich durch frühzeitige qualifizierte Beratung vermeiden. Wichtig ist zunächst ein Vertrag, der bei einer Bewertung durch DRV und Sozialgerichte zum Ergebnis einer selbständigen Tätigkeit führt und nicht zu einer abhängigen Beschäftigung. Insbesondere die Betriebsprüfer und die Sozialgerichte gehen zunächst von den vertraglichen Vereinbarungen aus und analysieren diese. Bereits bei der Begründung einer selbständigen Tätigkeit sollte der Auftraggeber einen spezialisierten Anwalt einschalten. Musterverträge sind dazu denkbar ungeeignet. Die Rechnung, die die DRV dem Auftraggeber präsentiert, ist am Ende um ein Vielfaches höher als eine vernünftige und rechtzeitige Beratung durch einen auf Scheinselbständigkeit spezialisierten Anwalt.
Auch der Prozess der Beauftragung und Auftragserledigung muss überprüft und ggf. geändert werden, wenn man keine Sozialversicherungspflicht riskieren will. Wer einen formal Selbständigen wie einen Arbeitnehmer einsetzt, darf sich nicht wundern, wenn die DRV dann Sozialversicherungsbeiträge nachfordert.
Da die Rechtsprechung sich schnell ändert (bis 2009 war bei IT-Beratern die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung durch DRV und Sozialgerichte die Ausnahme, inzwischen die Regel), muss der beratende Anwalt sich mit dem Thema regelmäßig befassen und einiges an Erfahrung in diesem Gebiet aufweisen. Die Praxis der DRV kann man weder in Büchern noch in Urteilen nachlesen.
Scheinselbständigkeit - Rechtsprechung (Urteile)
IT-Berater bzw. Consultant
Die Tätigkeit eines IT-Beraters bzw. Systembankadministrators kann sowohl selbständig als auch in abhängiger Beschäftigung ausgeübt werden (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.02.2012, Az. L 11 KR 3007/11, juris, Rdnr. 58). Für die Statusabgrenzung ist dabei sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) als auch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entscheidend, an wie vielen verschiedenen Vorhaben der Betreffende teilgenommen hat und ob er auch für andere Auftraggeber tätig ist bzw. war (BAG, Urteil vom 09.10.2002, 5 AZR 405/01, juris, Rdnr 23). Erforderlich ist selbst im Rahmen eines Dauerrechtsverhältnisses stets eine Bewertung der einzelnen Arbeitseinsätze (BSG, Urteil vom 28.05.2008, Az. B 12 KR 13/07 R, juris, Rdnr 26).
Unter Berücksichtigung des vertraglichen Inhalts und des Vortrages der Beteiligten ist die Kammer zur Überzeugung gelangt, dass der Beigeladene zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig geworden ist. Der Beigeladene zu 1) war in die betrieblichen Abläufe eingegliedert, er war einem Direktions- und Weisungsrecht unterworfen und er trug kein wesentliches Unternehmerrisiko.
Sozialgericht Dresden Urteil vom 16.01.2013 Aktenzeichen S 25 KR 225/10
Die Tätigkeit als EDV-Systemingenieur ist nicht nur im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses, sondern auch als freier Mitarbeiter möglich. Fehlen typische formale Merkmale einer abhängigen Beschäftigung wie zB festes Monatsgehalt, Urlaubsregelungen und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, bedeutet dies nicht, dass bereits deshalb eine selbständige Beschäftigung vorliegt. Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1) als EDV-Systemingenieur im Bereich der Beratung und Unterstützung des Storage Managements bei der Klägerin eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat und daher Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, in der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hat. Ist die nach dem Vertrag geschuldete Leistung so unbestimmt, dass sie erst durch weitere Vorgaben oder eine Eingliederung in den Betrieb konkretisiert wird, ist dies ein erheblichesIndiz für eine abhängige Beschäftigung.
Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 14.02.2012 Aktenzeichen L 11 KR 3007/11 (Spirit 21 Fall; rechtskräftig, Revision zurückgewiesen)
Die Tätigkeit als IT-Projektdienstleister, bei der ein IT-Spezialist vom Kunden Spezifikationen für die Erstellung von Software erhält und für seinen Vertragspartner zeitlich überwiegend beim Kunden tätig ist, seine Zeit frei einteilen kann, ein eigenes Büro unterhält und nicht in den Arbeitsprozess des Kunden eingegliedert ist, unterliegt als selbständige Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht in der Sozialversicherung.
Sozialgericht München Urteil vom 19.01.2012 Aktenzeichen S 56 R 978/10 (Orientierungssatz aus JURIS)
Krankenhausarzt bzw. Honorararzt
Die ärztliche Tätigkeit in einem Krankenhaus kann jedenfalls von einem nicht niedergelassenen Arzt aus rechtlichen Gründen auch nur als abhängige Beschäftigung ausgeübt werden
Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 17.04.2013 Aktenzeichen L 5 R 3755/11
Ein in einem Krankenhaus oder einer Rehabilitationsklinik auf Stundenbasis in Vollzeit als Honorararzt freiberuflich selbstständig tätiger ärztlicher Psychotherapeuten ist bei regulärer Einbindung in den fremdbestimmten Klinikalltag unter Zugrundelegung des Behandlungskonzeptes der Klinik sowie ihres konkreten Behandlungsplanes bzw. Versorgungsauftrages sozialversicherungspflichtig.
Sozialgericht Kassel Urteil vom 20.02.2013 Aktenzeichen S 12 KR 69/12
Scheinselbständigkeit - Trainer und Amateursportler
Die Tendenz der Rechtsprechung geht bei einem gegen Honorar tätigen Handballtrainer, Fussballtrainer, Basketballtrainer und anderen Trainer dahin, eine scheinselbständige Beschäftigung anzunehmen.
"Nach den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen für die Abgrenzung zwischen selbständiger Erwerbstätigkeit und abhängiger Beschäftigung ist auch die Tätigkeit von Übungsleitern in Sportvereinen abzugrenzen. Das BSG hat in seinem Urteil vom 18.12.2001 (B 12 KR 8/01 R, in Juris) maßgeblich auf das Kriterium der Eingliederung in die zeitlichen und örtlichen Planungen des Vereins abgestellt. Einem Übungsleiter, der an die Trainingszeiten und die Hallenbelegungspläne des Vereins gebunden ist, ist eine völlig freie Gestaltung seiner Tätigkeit gerade nicht möglich (BSG a.a.O. RdNr. 14,16; vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2012 - L 4 R 2043/10 - in Juris RdNr. 37). Das BSG hat insoweit auch berücksichtigt, dass die zeitliche Gestaltung von Trainingsangeboten durchaus vom Konsumverhalten der Vereinsmitglieder und deren Wünschen hinsichtlich von Zeit, Ort und Dauer des Trainings mitbestimmt wird. Dies ändert aber nichts daran, dass die einzelnen Sportveranstaltungen Teil der Betriebsorganisation des Vereins bleiben. Auch dem Umstand, dass der Übungsleiter für die Zahl der Trainingsteilnehmer nicht verantwortlich ist und ein davon unabhängiges Entgelt erzielt, kommt im Rahmen der Abgrenzung Bedeutung zu; dies spricht ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung und gegen ein unternehmerisches Risiko (BSG a.a.O. RdNr. 14). Die eigenverantwortliche Gestaltung von Trainingsinhalten durch den Übungsleiter spricht nicht für eine Selbständigkeit, da sich der Verein der qualifizierten Übungsleiter gerade deshalb bedient, um deren Kenntnisse und Fähigkeiten zur einer eigenständigen Gestaltung und Durchführung des vom Verein angebotenen Trainings zu nutzen (a.a.O. RdNr. 20). Ein weiteres wesentliches Kriterium für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei einem Sportverein ist ferner, dass der wirtschaftliche Erfolg der sportlichen Leistung unmittelbar dem Verein zugute kommt (BSG, Urteil vom 18.03.2003 - B 2 U 25/02 R - in Juris, RdNr. 27, für den Fall eines Vertragsspielers; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.02.2007 - L 11 (8) R 242/05 - in Juris RdNr. 20). Fehlt dieser wirtschaftliche Hintergrund, kann die Beziehung zwischen dem Verein und dem Spieler zwar eine Anordnungsbefugnis enthalten, die aber deshalb nicht zur Qualifizierung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses führt, weil die Bindung sich mehr auf die Erzielung sportlicher Erfolge richtet und nicht auf eine dem Arbeitsleben zuzuordnende Tätigkeit. Die für eine sportliche Tätigkeit geleistete Zuwendung muss nicht zwangsläufig ein Arbeitsentgelt darstellen, sondern kann auch zur Förderung der sportlichen Leistungsbereitschaft im Sinne eines materiellen Anreizes gewährt werden, ohne dass sich damit das Vorliegen einer Beschäftigung begründen lässt (BSG, Urteil vom 27.10.2009 - B 2 U 26/08 R - in Juris, RdNr. 24, für den Fall eines A-Jugend-Fußballspielers). Ein weiterer Anhaltspunkt für eine Einbindung in die Betriebsorganisation des Sportvereins ist hingegen die Durchführung der Übungsstunden in den Sportstätten des Vereins (BSG, Urteil vom 18.12.2001 a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.03.2012 - L 4 R 2043/10 - a.a.O. RdNr. 38; LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O. RdNr. 21)
Auch für die Einstufung einer Trainertätigkeit kommt es auf das Kriterium des Einsatzes eigenen (Wagnis-)Kapitals und eines damit verbundenen Unternehmerrisikos an (BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R, a.a.O. RdNr. 18; LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). Die Abhängigkeit des Trainers von der Akzeptanz des von ihm durchgeführten Trainings bei den Vereinsmitgliedern reicht dabei für ein Unternehmerrisiko nicht aus (BSG a.a.O.). Die Verpflichtung zur höchstpersönlichen Leistungserbringung spricht ebenso für eine abhängige Beschäftigung (BSG, a.a.O.; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.04.2006 - L 1 KR 31/04 - in Juris) wie eine Ausgestaltung der Trainertätigkeit als Co-Trainer zur Unterstützung des Cheftrainers (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 13.10.2011 - L 1 R 305/09 - in Juris). Dass die Trainertätigkeit als Nebenbeschäftigung wahrgenommen wird und der Übungsleiter nicht auf das daraus erzielte Entgelt wirtschaftlich angewiesen ist, führt ebenfalls nicht zur Annahme selbständiger Tätigkeit, da weder die Schutzbedürftigkeit der betroffenen Person noch der rechtliche Wille der Vertragsparteien ausschlaggebend für die Einstufung der Tätigkeit ist (LSG Rheinland-Pfalz, a.a.O.). Auch die Sonderregelung des § 3 Nr. 26 EStG, wonach die Einnahmen aus der Übungsleitertätigkeit bis zu einem Betrag von 1.848 € (2003-2006) bzw. 2.100 € (ab 2007) im Jahr steuerfrei in Abzug gebracht werden können (Übungsleiter-Pauschale) und deshalb nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen sind, hat keinen Einfluss auf die Qualifizierung der Tätigkeit (BSG, Urteil vom 18.12.2001, a.a.O. RdNr. 24)."
(Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 30. Juli 2014 – L 5 R 4091/11 –, Rn. 47, juris)
Scheinselbständigkeit - Handelsvertreter
Handelsvertreter sind grundsätzlich selbständig tätig, Handlungsgehilfen dagegen abhängig beschäftigt.
Handelsvertreter ist gem. § 84 Abs. 1 S. 1 HGB, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. Dabei ist nach S. 2 selbständig, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Angestellter ist gem. § 84 Abs. 2 derjenige, der ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen.
Die DRV hat in der Anlage 2 zu einem Rundschreiben die starken Merkmale für eine selbständige bzw. abhängige Beschäftigung wie folgt zusammengefasst:
Starke Merkmale für die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses Den folgenden Merkmalen misst die Rechtsprechung ein sehr großes Gewicht für die Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses bei. Sie führen zu Beschränkungen, die in den Kerngehalt der Selbständigkeit eingreifen. Dazu gehören: − die uneingeschränkte Verpflichtung, allen Weisungen des Auftraggebers Folge zu leisten − die Verpflichtung, dem Auftraggeber regelmäßig in kurzen Abständen detaillierte Berichte zukommen zu lassen - die Verpflichtung, in Räumen des Auftraggebers zu arbeiten − die Verpflichtung, bestimmte EDV-Hard- und Software zu benutzen, sofern damit insbesondere Kontrollmöglichkeiten des Auftraggebers verbunden sind. Derartige Verpflichtungen eröffnen dem Auftraggeber Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten, denen sich ein Selbständiger nicht unterwerfen muss. − die Verpflichtung, ein bestimmtes Mindestsoll auf hohem Niveau zu erreichen; ein ”unverbindlicher Erfolgsplan” beinhaltet zwar keine solche Vorgabe,wohl aber dann, wenn er mit Sanktionsregelungen verbunden ist. Eine Sanktionsregelung ist auch darin zu sehen, dass die Höhe eines Provisionssatzes mit der Anzahl der vermittelten Verträge steigt; der Sanktionscharakter wird umso stärker, je ausgeprägter sich die Provisionssatzsteigerung gestaltet, − das Verbot, Untervertreter einzustellen bzw. ein Genehmigungsvorbehalt des Auftraggebers. Derartige Beschränkungen setzen dem Geschäftsumfang des Beauftragten gewisse Grenzen. Selbständige können jedoch grundsätzlich nicht zu einem bestimmten maximalen oder minimalen Geschäftsumfang verpflichtet werden. Ihnen muss die Befugnis verbleiben, sich mit einem geringen geschäftlichen Erfolg zufriedenzugeben; genauso muss ihnen aber auch die rechtliche Möglichkeit zur geschäftlichen Expansion offenstehen.
Nahezu zwingend für die Bejahung eines Beschäftigungsverhältnisses sind diese Merkmale: − die Verpflichtung, nach bestimmten Tourenplänen zu arbeiten − die Verpflichtung, Adresslisten abzuarbeiten jeweils insbesondere in Verbindung mit dem − Verbot der Kundenwerbung aus eigener Initiative.
Starke Merkmale für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit − Tätigwerden für mehrere Auftraggeber (bei Konzernen bzw. Konzernunternehmen i.S. des § 18 Aktiengesetz - AktG - handelt es sich nicht um mehrere Auftraggeber) − Beschäftigung von ”eigenen” versicherungspflichtigen Arbeitnehmern, gegenüber denen Weisungsbefugnis hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Arbeitsleistung besteht.
Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Kriterien die die DRV in ihrem Rundschreiben für bestimmte Berufsgruppen für relevant hält, für die Rechtsprechung (Sozialgerichte) nicht verbindlich sind, was diese auch regelmäßig betonen. Die Beachtung der Kriterien der DRV führt aber dazu, dass Betriebsprüfer sich daran orientieren und auch die DRV im Statusfeststellungsverfahren selbst.
Scheinselbständigkeit - Museumsführer
Die Tätigkeit als Museumsführer kann sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis unterscheidet sich - ebenso wie ein Arbeitsverhältnis - von dem Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete jeweils befindet (BAG 22.02.1995, 5 AZR 757/93, juris). Dabei sind äußere Umstände wie ein "eigener" Schreibtisch, ein "eigenes" Arbeitszimmer oder die Aufnahme in ein internes Telefonverzeichnis für sich genommen nicht entscheidend (BAG aaO). Vielmehr kommt es in erster Linie darauf an, ob der Mitarbeiter einem Weisungsrecht der Klägerin unterworfen war, das Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen kann (BAG 20.07.1996, 5 AZR 627/93, BAGE 77, 226; Urteil des Senats vom 16.08.2011, L 11 KR 5459/10).
(Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Februar 2015 – L 11 R 5165/13)
Scheinselbständigkeit - spezialisierter Rechtsanwalt, Rentenberater oder Steuerberater?
Steuerberater sollten aus verschiedenen Gründen nicht zu diesem Thema beraten und erst recht nicht Mandanten vertreten. Steuerberater sind keine Rechtsanwälte. Das Thema "Scheinselbständigkeit" beschränkt sich nicht auf steuerrechtliche Fragen, sondern ist primär ein sozialversicherungsrechtliches Thema mit komplexen arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragestellungen. Für Auftraggeber stellen sich auch nicht ganz selten strafrechtliche Fragestellungen und Probleme der Arbeitsvermittlung und Arbeitnehmerüberlassung.
Schon bei der grundlegenden Statusfrage, der Entscheidung des richtigen Vorgehens und erst recht der Rückabwicklung sind alle Rechtsgebiete, Risiken und Folgen zusammen zu betrachten. In der anwaltlichen Praxis finden sich häufig Fälle, bei denen bei frühzeitig richtiger Beratung große Schäden bis hin zur Insolvenz und Privatinsolvenz hätten vermieden werden können. Oftmals übersehen Steuerberater eine Scheinselbständigkeit oder arbeitnehmerähnliche Selbständigkeit ihrer Mandanten, obwohl diese vor dem Hintergrund der Tätigkeit, Rechnungen, Umsatz und Auftraggeber auf der Hand liegt.
Der Bundesgerichtshof empfiehlt daher auch:
"Es spricht viel dafür, daß der Steuerberater, der bei der Prüfung einer Beitragspflicht oder bei der Berechnung der Höhe der abzuführenden Beiträge auf Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art stößt oder dem sich die Rechtslage als unklar darstellt, den sich stellenden sozialversicherungsrechtlichen Fragen nicht selbst nachgehen darf, sondern seinem Mandanten anheimgeben muß, einen mit den notwendigen Erfahrungen ausgestatteten Rechtsanwalt aufzusuchen.”
Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.02.2004 – IX ZR 246/02, JURIS
Rentenberater sind ebensowenig in der Lage, die Steuerrecht, Arbeitsrecht und Sozialversicherungsrecht - häufig sogar das Strafrecht - übergreifende komplexe Problematik strategisch zu überschauen und entsprechend zu beraten.
Das Tätigkeitsfeld des Rentenberaters umfasst laut der Berufsdefinition in § 10 Abs. 1 Ziffer 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) vorrangig alle sozialrechtlichen Sachgebiete, die einen Bezug zu rentenrechtlichen Fragen aufweisen. Die Frage der Scheinselbständigkeit berührt aber selbst im Sozialrecht nicht nur rentenrechtliche Fragen, sondern alle Sozialversicherungszweige.
Beiden Berufsgruppen fehlt zudem die bei Anwälten regelmäßig vorhandene prozessuale Erfahrung, die bei dem Scheitern aussergerichtlicher Bemühungen von erheblichem Vorteil ist.
Alle Rechtsgebiete müssen bei Überlegungen des Beraters berücksichtigt werden. Ein böses Erwachen kann es geben, wenn nur das Steuerrecht oder nur das Sozialversicherungsrecht berücksichtigt wird. Denn bei gleicher Tätigkeit kann es unterschiedliche Bewertungen geben (Auszug aus einem Urteil eines Landessozialgerichts):
"Unerheblich für die Gesamtbewertung ist, ob die Einkünfte von den zuständigen Finanzämtern als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit oder Einkommen aus nichtselbstständiger Arbeit behandelt wurden oder zu behandeln waren. Denn es besteht zwischen arbeits- und sozialrechtlicher Einordnung von Einkünften einerseits und steuerrechtlicher andererseits ebenso wenig eine Bindung wie umgekehrt (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG, Urteil vom 28.08.1961 3 RK 57/57, BSGE 15, 65, und juris; Seewald in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 74. Ergänzungslieferung 2012, Rn. 9 mwN; BFH, Beschluss vom 17.10.2003 V B 80/03, BFH/NV 2004, 379, und juris, mwN)."
Eine gute Beratung setzt daher voraus, dass die Tätigkeit in allen Rechtsgebieten untersucht wird. Sonst droht der umsatzsteuerpflichtige Arbeitnehmer.
Einen Fachanwalt für Scheinselbständigkeit gibt es leider nicht (allerdings einen Fachanwalt für Agrarrecht!). Auf Scheinselbständigkeit und arbeitnehmerähnliche Selbständigkeit spezialisierte Anwälte gibt es bundesweit auch nicht zahlreich. Grund ist, dass das Thema häufig "mitgemacht" wird in Steuerberatungs- und Anwaltskanzleien. Häufig versuchen auch diejenigen, die das Kind in den Brunnen haben fallen lassen, dieses selbst wieder herauszuholen. Das geht selten gut. Das kann wie jüngst in einem Fall einer IT-Beratung dazu führen, dass eine Revision vor dem Bundessozialgericht gegen ein sicher nicht überzeugendes Urteil eines Landessozialgerichts mit einer ohrfeigenähnlichen Begründung zurückgewiesen wird. Nur wenige Kanzleien haben genügend Erfahrung (fragen Sie nach Fallzahlen und Erfahrungen) mit Mandaten, die das ganze Spektrum, also Steuerrecht, Sozialversicherungsrecht, Arbeitsrecht und Strafrecht sowie die Tätigkeit gegenüber Zoll, DRV, Krankenkassen, Betriebsprüfern, Staatsanwaltschaft aufweisen. Gute Hilfe leisten Empfehlungen von Freiberuflern in Portalen, die nur Mitgliedern offenstehen und deren Bewertungen daher glaubwürdig und nicht "gekauft" sind.
Scheinselbständigkeit - Checklisten
Eine Checkliste für "Scheinselbständigkeit" ist ein praktisch uneinlösbares Versprechen, also Marketing. Wir wollen es trotzdem am Ende einmal versuchen.
Die Abgrenzung von einer selbständigen zu einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit ist kompliziert und erfolgt häufig sehr berufsgruppenspezifisch durch die Gerichte. Ob jemand selbständig ist oder nicht, entscheiden Sozialgerichte, Finanzgerichte und Arbeitsgerichte, aber auch Strafgerichte sehr eigenständig. Im Extremfall kann es also vorkommen, dass das Bundessozialgericht einen vermeintlich Selbständigen als sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ansieht, der Bundesfinanzhof dagegen als Unternehmer und das Arbeitsgericht - na das können Sie sich jetzt aussuchen.
Das Sozialgesetzbuch hat es so formuliert:
Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
Der Einschub "insbesondere in einem Arbeitsverhältnis" zeigt bereits, dass es einen Gleichlauf der Art "Sozialversicherungspflichtig = Arbeitnehmer" nicht gibt.
Drei wesentliche Merkmale weist eine abhängige Beschäftigung auf:
(1) Weisungsabhängigkeit, insbesondere nach Ort und Zeit
(2) Eingliederung in die Arbeitsorganisation (nicht: Betrieb)des Weisungsgebers
(3) persönliche Abhängigkeit
Selbständige sind also weisungsfrei und nicht in eine Arbeitsorganisation eines Auftraggebers eingegliedert.
Die DRV sieht die Abgrenzung so:
Je mehr der folgenden Merkmale auf Sie zutreffen, je wahrscheinlicher ist es, dass eine Scheinselbstständigkeit vorliegt: Sie haben die uneingeschränkte Verpflichtung, allen Weisungen des Auftraggebers Folge zu leisten; Sie müssen bestimmte Arbeitszeiten einhalten; Sie haben die Verpflichtung, dem Auftraggeber regelmäßig in kurzen Abständen detaillierte Berichte zukommen zu lassen; Sie arbeiten in den Räumen des Auftraggebers oder an von ihm bestimmten Orten; Sie haben die Verpflichtung, bestimmte Hard- und Software zu benutzen, sofern damit insbesondere Kontrollmöglichkeiten des Auftraggebers verbunden sind." [5]
Die Sozialgerichte definieren die Abgrenzung wie folgt:
Die Beschäftigung wird in § 7 SGB IV gesetzlich näher definiert. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Arbeitnehmer ist hiernach, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Erforderlich ist insbesondere eine Eingliederung in den Betrieb und die Unterordnung unter ein Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers (BSGE 38, 53, 57 = SozR 4600 § 56 Nr. 1; BSG SozR 4-2400 § 7 Nr. 1; BSG, Urteil vom 24.01.2007 - B 12 KR 31/06 R -, veröffentlicht in Juris). Demgegenüber ist die selbständige Tätigkeit in erster Linie durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (siehe zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Kammerbeschluss vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96 - = SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteile vom 08.08.1990 - 11 RAr 77/89 - und vom 08.12.1994 - 11 RAr 49/94 - jeweils veröffentlicht in Juris). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteile vom 01.12.1977 - 12/3/12 RK 39/74 -; vom 04.06.1998 - B 12 KR 5/97 R -; vom 10.08.2000 - B 12 KR 21/98 R - jeweils m.w.N. veröffentlicht in Juris).
Maßgeblich ist also nicht die vertragliche Ausgestaltung (wer einen guten Anwalt hat, wird hier schon alles richtig machen), sondern die tatsächliche Durchführung. Prägnant formuliert: Wer einen Selbständigen beschäftigen will, darf ihn auch nicht wie einen Arbeitnehmer behandeln.
Scheinselbständigkeit - Aktuelles 2014 / 2015
Die Deutsche Telekom in Bonn untersucht seit Mai 2013 alle Auftragsverhältnisse mit Freelancern im IT Bereich auf Scheinselbständigkeit ([Rechtsanwalt Felser berichtete][6]und [7]). Nach unserem Blogbeitrag vom 24.6.2013 berichtet auch der Bonner Generalanzeiger [8]. Die Telekom will den Scheinselbständigen kündigen, falls diese keinen Auflösungsvertrag unterzeichnen [9]
Auslöser ist angeblich die Lenroxx Insolvenz [10]. Dabei ist der Telekom wohl erstmalig aufgegangen, dass der Einsatz von Selbständigen IT-Beratern über Dritte (Lenroxx, Hays etc.) rechtlich bedenklich ist und Nachzahlungen in Millionenhöhe nach sich ziehen könnte. Zur Zeit findet bei der Telekom eine Betriebsprüfung der DRV Bund statt. Das Ergebnis ist vorhersehbar.
Interviews von Rechtsanwalt Felser zum Thema Scheinselbständigkeit und Schwarzarbeit
Interviews zum Thema Scheinselbständigkeit:
(1) Computerwoche vom 04.08.2014: Verunsicherung im Markt I Scheinselbständig: IT-Freiberufler im Visier der Rentenversicherung? von Andrea König (Autor) mit Interviewzitaten Rechtsanwalt Felser [11]
(2) Verbraucherportal Biallo vom 05.12.2011: Selbstständig im Nebenberuf - Tipps und Fallstricke. Ein Beitrag von Rolf Winkel mit Interviewzitaten Rechtsanwalt Felser [12]
(3) Lohn und GehaltsPROFI aktuell 2/2011: Sonderausgabe Scheinselbständigkeit: Verstärkte Prüfungen [13]. Beiträge von Chefredakteur Lutz Schumann und Rechtsanwalt Michael W. Felser.
(4) Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung (AHGZ) 2008/40 (Seite 15): Selbständig oder nur zum Schein. Urteil zur Selbstständigkeit verunsichert das Gastgewerbe. Aber Vorsicht: „Die Feststellung ist keineswegs rechtskräftig“, warnt Michael W. Felser, Rechtsanwalt aus Brühl. Ein Beitrag von Norbert Sass mit Interview von Rechtsanwalt Felser. [14]
(5) „BKK Zollern-Alb Business“ Heft 2 2002 (Seite 6/7): Scheinselbständigkeit - programmierter Ruin. Ein Beitrag von Jürgen Ponath mit Interview Rechtsanwalt Felser.[15]
(6) Financial Times Deutschland vom 27.6.2000: "Rentenkasse versperrt Selbstständigen die Flucht. Für Selbstständige in Deutschland wird es schwerer, sich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu entziehen." Ein Beitrag von Margarethe Heckel mit Zitaten aus einem Interview mit Rechtsanwalt Felser [16]
Interviews zum Thema Schwarzarbeit:
http://www.felser.de/rechtslexikon/Schwarzarbeit
Weblinks
Das große Portal zum Thema "Scheinselbständigkeit" (seit 1998) [[17]]
13 Rechtsirrtümer über Scheinselbständigkeit [18]
Deutsche Rentenversicherung Bund (Berlin) mit Informationen zum Thema Statusfeststellungsverfahren und den Formularen [19]
Rechtslexikon von Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte zum Thema Statusfeststellungsverfahren [20]
Autor / Anwalt
Michael W. Felser ist der auf das Thema "Scheinselbstständigkeit" spezialisierte Rechtsanwalt in der Kanzlei Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte Köln/Brühl [21] und Betreiber des Portals "Scheinselbstaendigkeit.de" [22]. Er hat zahlreiche Selbständige und Unternehmen sachkundig und engagiert durch das Statusfeststellungsverfahren begleitet, bundesweit Verfahren vor Sozialgerichten geführt und einige Kinder wieder aus dem Brunnen geholt. Er wird von Mitgliedern der Freiberufler Plattform GULP als spezialisierter Anwalt zum Thema "Scheinselbständigkeit" empfohlen [23]. Referenzen auf Anfrage.