Scheinselbständigkeit bei Telekom, DPAG, … ?

Scheinselbständigkeit bei der Telekom und anderen Großunternehmen? Es ist ein offenes Geheimnis, dass in der IT viele Freelancer (Freiberufler und Selbständige mit Gewerbeschein) als Berater / Consultants in der Grauzone zwischen echter Selbständigkeit und Scheinselbständigkeit arbeiten. Das betrifft nicht nur, aber auch Großunternehmen wie Telekom, Deutsche Post AG und große Versicherungen. Einige Großunternehmen sind nun zur „Selbstanzeige“ bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) geschritten.

Die IT Berater selbst sind gespalten; viele wollen selbständig arbeiten, werden aber wie die angestellten Kollegen beim Endkunden eingesetzt. Zwei Landessozialgerichte (NRW und Baden-Württemberg) haben jetzt der gängigen Praxis (Vermittlung der Selbständigen IT-ler über einen Dienstleister wie Hays oder Spirit 21 an die Endkunden mit Einsatz dort mit Rahmenvertrag und Projektvertrag) einen Riegel vorgeschoben. Nach diesen Urteilen (eine Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg wurde vom Bundessozialgericht erst kürzlich zurückgewiesen) kann man nur noch in Ausnahmefällen von einer legalen Praxis ausgehen. Die IT-Berater sind dabei in der Klemme: Sie haben möglicherweise einen Anspruch auf Anerkennung als Arbeitnehmer beim Auftraggeber, aber nur selten beim Endkunden (z.B. der Versicherung oder dem Telekommunikationsunternehmen). Grund ist eine Gesetzeslücke im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz. Dieses sieht vor, dass ein Arbeitsverhältnis zum Endkunden (Entleiher) nur dann entstehen kann, wenn der Auftraggeber keine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis hat. Die Auftraggeber selbst sind keine guten Arbeitgeber: Wird Scheinselbständigkeit festgestellt, werden diese häufig die Nachforderungen nicht überleben, sondern in die Insolvenz gehen. Allerdings prüfen die Großunternehmen oft die Übernahme der Selbständigen, weil sie ohne deren Kompetenz nicht auskommen. Neuere, allerdings nicht unumstrittene Entscheidungen des LAG Berlin-Brandenburg und des Arbeitsgericht Cottbus sind der Ansicht, dass ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher auch dann entsteht, wenn die Überlassung nicht nur “vorrübergehend” angelegt ist, sondern “auf Dauer”. Das dürfte in den meisten Fällen der Fall sein. Diese neuen Urteile von Ende 2012 und Anfang 2013 dürften eine gute Verhandlungsgrundlage und auch der Anlaß für die Selbstanzeigen der Unternehmen sein.

Der Autor – Rechtsanwalt Michael W. Felser – berät und vertritt zahlreiche IT Mitarbeiter, die u.a. bei Versicherungen und Telekommunikationsunternehmen als selbständige IT Berater eingesetzt sind. Seit 1999 beschäftigt sich Rechtsanwalt Felser mit dem Thema “Scheinselbständigkeit” und hat als Experte zahlreiche Interviews zum Thema, u.a. in der Financial Times Deutschland und bekannten Medien gegeben. Er wird von Mitgliedern der Freiberufler Plattform GULP als spezialisierter Anwalt zum Thema „Scheinselbständigkeit“ empfohlen.

 

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