Das VG Braunschweig hat sich in seinem Urteil vom 26.03.2007 –  7 A 356/06 – mit der Frage der Anerkennung einer durch Zeckenbiss verursachten Borreliose bei einem Forstbeamten beschäftigt. Thematisiert wird vor allem die Frage,  wann bei derartigen Infektionskrankheiten von einem Ablauf der im BeamtVG vorgesehenen Anzeigefristen auszugehen ist.

Der Kläger war als Forstbeamter tätig und bis Ende 1999 in einer Revierförsterei regelmäßig im Außendienst eingesetzt. Im November 2002 zeigte er einen Dienstunfall an und verwies auf eine Borreliose-Erkrankung. Er erläuterte, daß die Erkrankung 1994 nach einem Zeckenstich, den er im Außendienst erlitten hatte, erstmals diagnostiziert worden war. Die Anerkennung wurde verweigert. Der Kläger reichte in 2005 eine erneute Anzeige ein. Außerdem reichte er ein Attest ein, das bescheinigte, daß er sich im Jahre 1994 wegen einer Borrelien-Infektion in Behandlung befand. Der Kläger teilte außerdem mit, nach einer Behandlung mit Antibiotika davon ausgegangen zu sein, die Erkrankung sei ausgeheilt. Daher habe er damals von einer Unfallanzeige abgesehen. In den Folgejahren erlitt der Kläger immer wieder Zeckenbisse.

Dennoch lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Unfallfürsorge ab. Der Kläger habe nicht die Ausschlussfrist von zwei Jahren gemäß § 45 Abs. 1 BeamtVG zur Anzeige des Dienstunfalls gewahrt. Auf die Regelung des  § 45 Abs. 2 BeamtVG könne der Kläger sich nicht berufen, weil er schon aufgrund der Behandlung im Jahr 1994 damit habe rechnen müssen, daß es schon innerhalb der Zwei-Jahres-Frist nach  § 45 Abs. 1 BeamtVG zu einem Anspruch auf Unfallfürsorge kommen könnte.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und verwies darauf, daß aufgrund weiterer Zeckenbisse in späteren Jahren nicht ausgeschlossen sei. daß die Erkrankung auf diese Bisse zurückzuführen sei. Mit der späteren Klage begehrte er die Feststellung, daß die Borreliose-Erkrankung als Folge eines Dienstunfalls anerkannt wird.

Das VG Braunschweig gab dem Kläger recht.

Eine Erkrankung, die ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, im Rahmen des Dienstes erleidet, stelle einen Dienstunfall gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG dar. Nach Nr. 3102 der Verordnung zur Durchführung des § 31 BeamtVG in der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung gehören zu den in Betracht kommenden Krankheiten auch von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten, die fachmedizinisch als Zoonosen bezeichnet werden. Der Kläger sei augrund der Art seines Dienstes jahrelang der Infektion mit einer Borreliose ausgesetzt gewesen. Borreliose treten nach Zeckenbissen anders als die Frühsommer-Meningoenzephalitis – FSME – bundesweit auf und es sei belegt, daß das Risiko an einer Borreliose zu erkranken z.B. für Waldarbeiter deutlich höher sei als für die Allgemeinbevölkerung. Der Kläger sei damit einer qualifizierten Erkrankungsgefahr nach § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG ausgesetzt gewesen.

Die Anzeige der Erkrankung als Folge eines Dienstunfalls sei auch rechtzeitig erfolgt. Aus den ärztlichen Unterlagen und Befundergebenissen ergebe sich, daß nach dem Biss 1994 nur von einem Verdacht einer Borreliose ausgegangen werden konnte. Selbst wenn der Kläger allerdings 1994 schon erkrankt wäre, dann könne aufgrund der jahrelangen Beschwerdefreiheit nach der damaligen Antibiotika-Therapie nicht schlicht davon ausgegangen werden, dass aktuell diagnositzierte Borreliose auf die damalige Infektion mit Borrelien zurück zu führen ist. Eine Antibiotika-Therapie verspreche eine hohe Heilungsquote. Gleichzeitig sei aber auch nach ausgeheilter Erkrankung eine erneute Infektion möglich. Da die Beklagte noch mit in einem Schreiben vom Februar 2003 am Nachweis einer Borreliose-Erkrankung zweifelte und die gegenwärtige Erkrankung des Klägers auch durch einen Zeckenstich verursacht sein könnte, für den die Meldefrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG durch die Unfallanzeigen vom 29. November 2002 und 25. März 2004 gewahrt wäre, könne der Kläger sich zumindest auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 BeamtVG berufen.

Im übrigen gebe es für den Kläger keine Verpflichtung jeden einzelnen Biss anzuzeigen. Da nicht jeder Zeckenbiss zu einer Erkrankung führe, werde die Meldepflicht erst durch die Erkrankung an sich ausgelöst. Außerdem obliege es auch nicht dem Kläger den genauen Zeitpunkt der akuten Infektion zu beweisen. Anders als in § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG komme es auf den Nachweis eines bestimmten Ereignisses für die Anerkennung einer als Dienstunfall geltenden Krankheit gemäß § 31 Abs. 3 BeamtVG nicht an. Das liege schon in der Natur einer Infektionskrankheit begründet, weil sich hierbei in der Regel nie mit der nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG erforderlichen Genauigkeit feststellen lässt, wann es zu Infektion gekommen ist. Die in § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG vorgesehene Fiktion eines Dienstunfalls („gilt“) diene gerade dazu, den Beamten von der Verpflichtung des Nachweises der konkreten Infektion zu entbinden.

Fundstelle: Urteil des VG Braunschweig vom 26.03.2007 –  7 A 356/06 –

Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

http://www.beamtenrecht.de

Kommentierungsfunktion ist momentan abgeschaltet.