nä, nä, jedes Jahr derselbe Stress am Ende des Jahres. Diesmal trifft´s die Ein-Personen-Unternehmer:

Wer jetzt noch als “Altgründer” in die freiwillige Arbeitslosenversicherung rein will, muss sich sputen: Am 31.12.2006 läuft die Frist ab, in der Altfälle – fast unabhängig vom Datum der Existenzgründung, siehe unten – sich noch gegen Arbeitslosigkeit versichern können. Das hat der Gesetzgeber Anfang 2006 beschlossen. Ab dem 1.1.2007 kann man sich nur noch binnen eines Monats nach der Existenzgründung versichern. Verpasst man die Frist, hat man Pech gehabt. Das bedeutet, dass 2007 nur noch Neugründer die (irreführend) “Weiterversicherung” genannte Arbeitslosenversicherung nach § 28a SGB III beitreten können, da die Altfälle die Frist von einem Monat verpasst hätten.

Wie der Herausgeber der Zeitschrift Soziale Sicherheit – Rolf Winkel – anhand mehrerer Berechnungsbeispiele nachgewiesen hat (Rolf Winkel: Nach freiwilliger Arbeitslosenversicherung – Unschlagbare Rendite für Selbstständige bei Arbeitslosigkeit – Sie haben erhebliche Vorteile gegenüber abhängig Beschäftigten (SozSich 2006, 15-19)” lohnt sich im Regelfall die freiwillige Arbeitslosenversicherung nach § 28a SGB III für Selbständige.

Das Problem: Der Gesetzgeber hat es sich dann auch noch mal überlegt und im Juni 2006 die bereits irreführend als Übergangsregelung bezeichnete Norm des § 434j Abs. 2 SGB III, nach dessen Wortlaut jedenfalls bei Antrag im Zeitraum von Februar bis Dezember 2006 zunächst eine “Weiterversicherung” möglich sein sollte, auch wenn die selbstständige Tätigkeit bereits seit langem, u.U. auch Jahrzehnten besteht, rückwirkend auf Existenzgründungen nach dem 31.12.2003 beschränkt. Alle, die vor dem 31.12.2003 die Selbständigkeit aufgenommen haben, sind danach im Juni 2006 rückwirkend aus dem seit Februar 2006 berechtigten Personenkreis wieder entfernt worden.

Es gibt allerdings namhafte Experten wie den Bundessozialrichter Wenner, die die Regelung für verfassungswidrig halten wegen Verstosses gegen das Rückwirkungsverbot und Grundsätze des Vertrauenschutzes (Soziale Sicherheit 2006, 200, Volltext kostenpflichtig). In einem Artikel sind die Bedenken kostenlos nachlesbar zusammengefasst (online hier).

Auch im Internet gibt es vereinzelte Stimmen, die das Hauruck-Gesetz für verfasssungswidrig halten.

Es lohnt sich, das Heft zu bestellen, das ist auch als Einzelheft möglich und im Verwaltungsverfahren entsprechend zu argumentieren. Das Heft 6/2006 der Sozialen Sicherheit kann telefonisch unter 02203/1002-66 oder per Fax unter 02203/1002-195 bestellt werden. Das Einzelheft kostet 8,00 Euro, inklusive Versand.

Wie mir der Herausgeber der Zeitschrift “Soziale Sicherheit” soeben persönlich telefonisch mitteilte, gibt es bereits erste Klagen, aber noch kein Urteil. Ein Richter hat aber darum gebeten, man möge ihm den Artikel aus der “SoSi” beibringen.

Durch Recherchen in den Datenbanken JURIS, Beck-Online und der amtlichen Datenbank der Sozialgerichte Deutschlands konnte ich ermitteln, dass es tatsächlich noch keine Urteile gibt.

Beim Bundessozialgericht ist allerdings die Frage anhängig, ob die (Neu-)Bestimmung des täglichen Bemessungsentgelts bzw Leistungsentgelts für das Arbeitslosengeld aufgrund der Neuregelungen der ab 1.1.2005 geltenden §§ 131, 133, 134 SGB 3 in Altfällen (§ 434j Abs 5, Abs 5a SGB III) im Wege der Teilung des bis zum 31.12.2004 festgesetzten gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelts durch 7 Tage und der Verminderung um die pauschalierten Abzüge nach § 133 Abs 1 S 2 SGB 3 recht- und verfassungsgemäß ist (B 7a AL 68/06 R).

Ob man ohne Antrag (und Ablehnung) in den Genuss einer stattgebenden Entscheidung kommen wird, ist dagegen ungewiss.

Nähere Infos zum Antragsverfahren erhalten Sie hier.

Den Antrag müsste es auch online geben, aber die Seiten der BA sind trotz mehrerer 100 Mio. Euro Kosten leider unübersichtlicher als jede andere Internetpräsenz und die Suchfunktion schlicht eine Katastrophe.

Michael Felser
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Felser

http://www.scheinselbstaendigkeit.de 

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