Das OVG Lüneburg beschäftigt sich in seinem Beschluss vom 18.06.2007 – 5 ME 117/07 – mit einer Konstellation, wie sie ihm Rahmen von Konkurrentenstreitigkeiten im Beförderungsverfahren nicht selten ist: Der unterlegene Beamte widerspricht der ablehnenden Beförderungsentscheidung, stellt gegen die Beförderung des Konkurrenten einen Eilantrag nach § 123 VwGO und begründet diese Schritte vor allem damit, daß er im Rahmen der Bestenauslese nur deshalb unterlagen sei, weil die eingeholte Anlaßbeurteilung fehlerhaft sei. Nicht selten empfinden die betroffenen Beamten die Beurteilung auch deswegen für fehlerhaft, weil sie den Beurteiler für befangen halten. Die Entscheidung des OVG dokumentiert, wie schwierig es in der Praxis ist, mit diesem Einwand eine Beurteilung erfolgreich anzugreifen und damit auch im Beförderungsverfahren durchzudringen.

Der Antragsteller war in der Anlaßbeuteilung mit „gut“ und als für das ausgeschriebene Amt „geeignet“ beurteilt worden, die beigeladene Konkurrentin „gut“ und im Hinblick auf die Stelle mit „insgesamt gut geeignet“. In der Gesamtkonferenz sprachen sich 63 Mitglieder für den Antragsteller und nur 36 Mitglieder für die Beigeladene aus. Dennoch sah sich der Antragsteller veranlaßt, mit anwaltlichem Schreiben Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bewerbungsverfahrens zu äußern und verlangte Einsicht in seine Personalakte und den Bewerbungsvorgang. Er kündigte an, auch zu seiner Beurteilung Stellung zu nehmen. Die Antragsgegnerin führte über den Beurteiler darauf hin ein Telefonat mit dem Anwalt des Antragstellers, lehnte das Akteneinsichtsgesuch ab und wies auf mögliche „Wahrnehmungsstörungen“ und „Unterstellungen“ des Antragstellers hin. Die Einzelheiten des Gesprächs sind streitig.

Hiergegen kam es zur Beschwerde und weiteren Einwendungen gegen die Beurteilung, weil er diese inhaltlich für fehlerhaft und den Beurteiler für voreingenommen erachtete, sowie wechselseitiger Korrespondenz zwischen den Beteiligten. Schließlich teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, die Beigeladene werde wegen eines Eignungsvorsprungs den ausgeschriebenen Dienstposten erhalten.

In dem Verfahren nach § 123 VwGO führte der Antragsteller vor allem aus, daß die der Auswahlentscheidung zugrunde liegende Beurteilung wegen Voreingenommenheit des Beurteilers fehlerhaft sei. Das VG Hannover lehnte den Antrag ab und die Antragsgegnerin übertrug hiernach den ausgeschriebenen Dienstposten. Gleichwohl erhob der Antragsteller Beschwerde, beantragte die Rückgängigmachung der Besetzung und führte zur Begründung wiederum die Befangenheit des Beurteilers an. Außerdem wehrte er sich aber ergänzend auch inhaltlich gegen die Bewertung der besuchten Unterrichtsstunden im einzelnen.

Auch das OVG Niedersachsen lehnte den Antrag ab. Dabei ließ daß OVG offen, ob im Rahmen des Eilrechtsverfahrens im Konkurrentenstreit auch die Rückgängigmachung einer zwischenzeitlichen Besetzung des begehrten Dienstpostens verlangt werden kann. Eine Antragsänderung im Beschwerdeverfahren sei wegen § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO an sich nicht statthaft. Andererseits könne – wenn die Behörde vor Abschluss eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens den ausgeschriebenen Dienstposten mit dem Konkurrenten besetzt – für die Zulässigkeit der Antragsänderung das Gebot des effektiven Rechtsschutzes im Konkurrentenstreit sowie der Rechtsgedanke des § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO streiten.

Unabhängig hiervon sei die Beschwerde aber schon insoweit unzulässig, wie der Antragsteller nunmehr erst im Beschwerdeverfahren die Beurteilung auch inhaltlich rügt. Mit den nun vorgetragenen inhaltlichen Mängeln beschäftige sich der angegriffene Beschluß überhaupt nicht, weil das VG mangels Vortrag hierzu keinen Anlaß hatte.
Der weitere Vortrag beschäftige sich daher nicht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO mit den Gründen des angefochtenen Beschlusses.

Hierneben komme zwar eine etwaige Voreingenommenheit des Beurteilers als möglicher Verfahrensfehler in Betracht. Die Befangenheit könne sich aus dem Verhalten in Angelegenheiten des zu beurteilenden Beamten, dem Verhalten dem Beamten gegenüber während des Beurteilungszeitraums und des Beurteilungsverfahrens ergeben. Maßgeblich sei in diesem Zusammenhang aber, daß die Befangenheit tatsächlich aus der Sicht eines objektiven Dritten festgestellt werden kann.

Dies habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. „Gelegentlich erregte oder sonst emotional gefärbte Reaktionen des Beurteilers“ ließen nicht zwangläufig den Schluß auf eine Befangenheit zu. Äußere ein Beamter in einem Schreiben Irritation über „einige befremdliche Umstände im Zuge des Bewerbungsverfahrens“, ohne diese weiter auszuführen, dann sei es nachvollziehbar, wenn der Beurteiler darin eine Unterstellung, er führe das Verfahren nicht ordnungsgemäß, erkennt und sich im Einzefall schon mal unsachlich äußert.

Fundstelle: Beschluss des OVG Lüneburg vom 18.06.2007 – 5 ME 117/07 –

Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

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