Im Internet hält sich hartnäckig der Glaube, dort sei vieles kostenlos zu bekommen, wofür man im echten Leben etwas Geld ausgeben muss. „Mein Chef bezahlt mir seit zwei Monaten kein Geld mehr“ oder „Meine Frau zahlt mir keinen Unterhalt, was kann ich tun?“ ist eine nicht ganz untypische Frage, die man als im Internet präsenter Anwalt gestellt bekommt. Zu Recht empört sich z.B. der Mitmensch, dass sein Chef offensichtlich glaubt, er bringe seine Arbeitsleistung umsonst. Die Erfahrung lehrt, dass die meisten Fragesteller aber erwarten, dass auch ein Anwalt unentgeltlich arbeitet. „Weil es in Mode gekommen ist, nicht zu leisten und auch mein neuer Mandant mir kein Honorar zahlen will“, wäre eine treffende, fast schon seherische Antwort.

Selbst ein Kontaktformular, in dem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass Anfragen nicht kostenlos sind, hält Fragesteller nicht davon ab, trotzdem mal ne Frage zu stellen, sich über ne Antwort zu freuen und sich anschliessend über ne Rechnung zu empören.

„Es ist nun einmal allgemein bekannt, daß die Beantwortung einer Rechtsfrage durch einen Rechtsanwalt regelmäßig nur gegen eine Vergütung erwartet werden kann, eine Ausnahme von dieser Regel ist hier nicht ersichtlich.“ sagt das Amtsgericht Siegen zu dieser Haltung.  Das AG Siegen weiter: „Daß solche Rechtsauskünfte üblicherweise als unverbindliche Gefälligkeitsäußerungen erteilt werden, wie der Beklagte aufgrund seiner angeblich gemachten Erfahrung behauptet, ist dem Gericht nicht bekannt. Insoweit hat der Beklagte es auch vermissen lassen, seine Erfahrungen im einzelnen darzulegen. Der Vortrag ist nicht glaubhaft und entspricht auch nicht den Erfahrungen, die das Gericht gemacht hat, zumal Rechtsanwälten eine solche kostenlose Beratung auch nicht gestattet ist.“ (Danke dem Kollegen Kotz für die Veröffentlichung).

Die verbraucherfreundliche Erstberatungsregelung mit der Deckelung auf 190 Euro zzgl. Mwst. sollte es wirklich jedem ermöglichen, einen Anwalt auch zu bezahlen. Früher waren Erstberatungsrechnungen deutlich höher. Und wer wirklich bedürftig ist, kann sich einen Beratungshilfeschein besorgen. Nicht jeder Fragesteller im Internet ist auch wirklich bedürftig.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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