Man kennt das schon. Immer dann, wenn es nach Dienstschluß eilt, ist das Telefax des Gerichts wieder nicht empfangsbereit. Ich will hier nicht verraten, welches Gericht es wieder war (es ist es öfter und viel öfter als alle anderen, das ist leider Realität). Das Gerät piept nicht, sondern benimmt sich auf Kontrollanruf wie ein freies Telefon. Leider will unser Faxgerät aber nicht telefonieren, sondern faxen …

Man sollte das fehlende Piepen des gerichtlichen Empfangsgeräts auch tunlichst überprüfen, denn wenn man sich nicht davon überzeugt hat, dass es das gerichtliche Empfangsgerät war, was piepst, nein spinnt, dann lag die Störung – natürlich – am einwandfrei funktionierenden Anwaltstelefax. Denn Gerichte machen bekanntlich keine Fehler. Gibt ja auch keine falschen Urteile, sondern nur nicht rechtskräftige …

Na ja, wenn die Gerichte so großzügig mit Anwaltsverschulden umgingen wie mit eigenen Versäumnissen, ja dann („aufwachen, der Kaffee ist fertig …“). Nein, wieder nur geträumt.

Besser als träumen: ein Tipp für alle Kolleginnen und Kollegen, die verzweifelt abends versuchen, ein fristwahrendes Telefax abzusetzen und deren Gericht auch vor Feierabend nicht mehr den Papierschacht überprüft hat und die nicht mit dem Auto den Schriftsatz einwerfen wollen und auch keine Lust auf eine (mühevolle) Wiedereinsetzung haben, weil sie es doch nicht schuld waren …

Wenn das Telefax des örtlich zuständigen Arbeitsgerichtes bei Übermittlung der fristwahrenden Klage am Tage des Fristablaufes besetzt oder gestört ist, kommt (neben der Wiedereinsetzung wegen der Störung des Telefaxgerätes) auch die Übermittlung an ein örtlich unzuständiges Arbeitsgericht in Betracht (richtiger: Die Klageerhebung bei einem örtlich unzuständigem Arbeitsgericht). Die Einreichung der Kündigungsschutzklage bei einem örtlich unzuständigen Arbeitsgericht innerhalb der Dreiwochenfrist des KSchG § 3 genügt nämlich zur Wahrung dieser Frist, wenn die Klage an das zuständige Gericht abgegeben wird und alsbald nach der Einreichung der Klage sodann ihre Zustellung an den beklagten Arbeitgeber erfolgt (BAG vom 16. April 1959 – 2 AZR 227/58; ). Neben der Verweisung wahrt auch die formlose Abgabe an das richtige Gericht die Frist. Auch tarifliche Ausschlußfristen können so gewahrt werden (LArbG Frankfurt vom 2. Mai 1986 – 13 Sa 1293/85). Ob dies auch gilt, wenn die Klage ausdrücklich an das richtige Gericht adressiert, aber beim örtlich unzuständigen Gericht mit der Bitte um Weiterleitung eingereicht wird, ist nicht sicher (das ArbG Bielefeld vom 19.8.1975, BB 1976, 844 hält dies nicht für ausreichend, das BAG vom 15.9.1977 – 2 AZR 333/76 wohl). Sicherheitshalber sollte die Klageschrift daher auch an das angerufene, örtlich unzuständige Fachgericht adressiert sein. Wird also bspw. die Klageschrift an das ArbG Mainz gefaxt, weil der Anschluss des ArbG Koblenz gestört ist, empfiehlt es sich, sicherheitshalber die Klageschrift von „Arbeitsgericht Mainz“ auf „Arbeitsgericht Koblenz“ umzuadressieren.

Schwieriger wird es schon, wenn ein unzuständiges „ordentliches“ Gericht angerufen wird (Amtsgericht). Nach Ansicht des Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt (vom 23. Februar 1995 – 3 Ta 162/94, LAGE § 4 KSchG Nr 26) und der herrschenden Meinung in der Literatur (Schaub, BB 1993, 1669; Kissel, NZA 1995, 349) soll auch dies die Frist wahren (a.A. ArbG Hanau und wohl auch LAG Frankfurt vom 1. Oktober 1996 – 15 Ta 279/96, LAGE § 5 KSchG 1969 Nr 82).

Wird die Klage beim Sozialgericht oder beim Verwaltungsgericht eingereicht, soll dies ebenfalls die Frist wahren, wenn die Klage nach Fristablauf an das zuständige Arbeitsgericht verwiesen wird (KR-Friedrich § 4 KSchG Rn 187 m.w.Nw.). Aber Vorsicht: Geht eine an ein bestimmtes Gericht gerichtete Klage (hier ArbG Wiesbaden) bei einem andern Gericht (hier Sozialgericht Koblenz) ein, so ist dieses Gericht (hier Sozialgericht Koblenz) nicht das angerufene Gericht. Die Dreiwochenfrist des § 4 KSchG wird mit diesem Eingang nicht gewahrt (so das LAG Frankfurt vom 27. Februar 1991 – 9 Ta 301/90, BRAK-Mitt 1991, 174).

Bie Störungen gerichtlicher Telefaxgeräte haben die Betroffenen inzwischen gute Karten: Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt – unter ausdrücklichem Hinweis auf überzogenene Anforderungen der Gerichtsbarkeit – per Telefax eingereichte Schriftsätze zugelassen, die Gerichte wegen Versäumung von Fristen zurückgewiesen hatten, obwohl eine Störung der gerichtlichen Anschlüsse durch Telefaxprotokolle der Versender mit „o.k.“-Vermerk nachgewiesen werden konnte (BVerfG vom 1. August 1996 – 1 BvR 121/95 (Telefax I) und vom 1. August 1996 – 1 BvR 989/95 (Telefax II) , zuletzt durch BVerfG, 1 BvR 1363/99 vom 25.2.2000, im Internet zu finden unter http://www.bverfg.de/entscheidungen/text/rk20000225_1bvr136399

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