Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Berliner Kassiererin „Emmely“ hat das Bundesarbeitsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen. Der 3. Senat des Bundesarbeitsgerichts in Erfurt wird sich nun mit der Frage befassen, ob die Arbeitsgerichte bei der Urteilsfindung das Verhalten des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess berücksichtigen dürfen. Emmely war vom Arbeitsgericht Berlin und Landesarbeitsgericht Berlin vorgeworfen worden, sich widersprüchlich im Kündigungsschutzverfahren geäussert und Kolleginnen belastet zu haben. Deswegen gab das BAG der Nichtzulassungsbeschwerde statt und eröffnete das Revisionsverfahren. Ob sich das Bundesarbeitsgericht dagegen auch mit der umstrittenen Verdachtskündigung befassen wird, steht nicht fest. Sowohl das Arbeitsgericht Berlin als auch das Landesarbeitsgericht Berlin haben sich an die vom Bundesarbeitsgericht vorgegebene Linie gehalten. Zwar ist die Interessenabwägung in beiden Urteilen dürftig ausgefallen, dabei muss aber berücksichtigt werden, dass auch das Bundesarbeitsgericht bis dato eine Verdachtskündigung praktisch nie an der Interessenabwägung hat scheitern lassen. Es gibt sogar Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, in denen die lange Betriebszugehörigkeit zu Lasten des Arbeitnehmers berücksichtigt wurde, weil erst diese Grundlage des besonderen Vertrauens des Arbeitgebers gewesen sei. Das Bundesarbeitsgericht wird hoffentlich die Gelegenheit nutzen, der völlig entwerteten, aber als Korrektiv umso bedeutungsvolleren Interessenabwägung wieder das notwendige Gewicht und die notwendige Transparenz zu geben, um das völlig zu Recht in der Öffentlichkeit gescholtene Institut der Verdachtskündigung einigermaßen nachvollziehbar zu machen.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28. Juli 2009 – 3 AZN 224/09 – Pressemitteilung
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte