Doppelte Schriftformklauseln (sog. qualifizierte Schriftformklauseln) sind in Arbeitsverträgen, die nach dem 1.1.2002 geschlossen wurden, nicht mehr zulässig, entschied das Bundesarbeitsgericht am 20.5.2008 und setzte damit seine Linie fort, bisher übliche Klauseln im Arbeitsvertrag jedenfalls für neuere Verträge für unwirksam zu erklären.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG Düsseldorf vom 13.04.2007 – 9 Sa 143/07) hatte eine Arbeitsvertragsklausel, die lautetete:
„Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages sind, auch wenn sie bereits mündlich getroffen wurden, nur wirksam, wenn sie schriftlich festgelegt und von beiden Parteien unterzeichnet worden sind. Dies gilt auch für den Verzicht auf das Schriftformerfordernis.“
für unwirksam erachtet. Diese sog. qualifizierte Schriftformklausel ist nicht nur in Arbeitsverträgen weit verbreitet und soll dazu beitragen, Streit und Beweisprobleme zu vermeiden, in dem es mündlichen Absprachen generell die Wirksamkeit versagt. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden.
Da der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien aber im Jahr 2002 geschlossen wurde, galten für ihn schon die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 21.11.2001. Bei den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der Parteien handelte es sich daher um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von §§ 305 ff. BGB.
Die Schriftformklausel war nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 9 AGBG waren Schriftformklauseln zwar nicht schlechthin gemäß § 9 AGBG unzulässig. Für unwirksam hat der BGH jedoch Schriftformklauseln jedenfalls dann gehalten, wenn nach ihnen auch nach dem Vertragsschluss getroffene mündliche Abmachungen zwischen dem Kunden und umfassend zur Vertretung des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigten Personen ohne schriftliche Bestätigung keine Gültigkeit haben (BGH, Urteil vom 26.03.1986, NJW 1986, S. 1809; BGH, Urteil vom 28.04.1983, NJW 1983, S. 1853).
Da es kein schutzwürdiges Interesse des Verwenders Allgemeiner Geschäftsbedingungen dafür gibt, dass sich dieser vor der Wirksamkeit von nach dem Vertragsabschluss abgegebenen mündlichen Zusagen seines umfassend vertretungsberechtigten Personals schützt, liegt auch nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners entgegen den Geboten von Treu und Glauben vor, wenn eine Schriftformklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen solchen mündlichen Abmachungen die Gültigkeit versagt (ebenso Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl. 2006, § 305 b BGB Rdnr. 32 f.; Lakies, AGB im Arbeitsrecht, Rdnr. 110 ff., Ulrici, BB 2005, S. 1902; Roloff, NZA 1004, S. 1191; a. A. wohl BAG, Urteil vom 24.06.2003, a.a.O.). Das trifft für die von den Parteien vereinbarte Schriftformklausel zu. Denn danach sind jegliche Änderungen oder Ergänzungen des Anstellungsvertrages nur wirksam, wenn sie schriftlich getroffen wurden. Für nachträgliche mündliche Vereinbarungen zwischen den Parteien ist nichts anderes geregelt. Die Klausel erstreckt sich daher auf Vereinbarungen, für die ein schutzwertes Interesse der Beklagten an der Einhaltung der Schriftform nicht besteht.
Dieser Ansicht des LAG Düsseldorf hat sich jetzt das Bundesarbeitsgericht angeschlossen:
„Vom Arbeitgeber vorformulierte Arbeitsvertragsklauseln sind gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, wenn sie den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Nach § 305b BGB haben individuelle Vertragsabreden vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorrang.“
so das BAG, Urteil vom 20.05. 2008 – 9 AZR 382/07 .
In Verbraucherverträgen und Arbeitsverträgen sind qualifizierte Schriftformklauseln danach nur noch zulässig, wenn sie sich auf Regelungen vor dem Vertragsschluß beziehen. Bei Altverträgen, die vor 2002 geschlossen wurden, sieht die Rechtslage anders aus.
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte