Was die Abgeordneten können … denkt sich mancher Arbeitnehmer vor dem Spiel am Mittwoch zwischen Deutschland und der Türkei. Abends Fussball gucken und am nächsten Morgen krank sein, das kann schon mal passieren. Nur Fussball gucken oder spielen und gleichzeitig krankgeschrieben, dass könnte arbeitsrechtliche kritischer sein.
Selbst hier gilt aber: Wer krankgeschrieben ist und auf dem Sportplatz als Zuschauer beim Fussballspiel gesehen wird, verhält sich nicht zwangsläufig genesungswidrig. Das entschied zuletzt das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (LAG Mainz vom 19.12.2007 Aktenzeichen 7 Sa 607/07). Arbeitsunfähigkeit ist nicht mit der Pflicht gleichzusetzen, Bett oder Haus nicht zu verlassen (LAG Hamm vom 16.09.2005 Aktenzeichen 10 Sa 2425/04). Das Landesarbeitsgericht Hamm hat deswegen eine Kündigung wegen des Besuchs des Fußballspiels DSC Arminia Bielefeld gegen VFL Osnabrück unter Übernahme einer Ordnertätigkeit während dieses Fußballspiels für unwirksam erklärt.
Selbst eine aktive Teilnahme als Spieler an einem Fussballspiel während einer Arbeitsunfähigkeit dürfte nur unter besonderen Umständen für eine Kündigung ausreichen. Die Teilnahme eines arbeitsunfähigen Arbeitnehmers an einem Verbandsligafußballspiel berechtigt den Arbeitgeber jedenfalls dann nicht zur Kündigung, wenn der behandelnde Arzt bescheinigt, dass aus medizinischer Sicht gegen die Ausübung der gewohnten sportlichen Belastungen wie Fußball keine Bedenken bestanden (Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 07.06.2006 Aktenzeichen 4 Sa 2143/05).
Das Arbeitsgericht Stuttgart (Urteil vom 22.03.2007 Aktenzeichen 9 Ca 475/06) hat sogar eine Teilnahme an einem Marathonlauf für zulässig erklärt, wenn der vom Arbeitnehmer zuvor konsultierte Arzt eine Gefährdung ausgeschlossen hat und eine konkrete Verzögerung des Genesungsverlaufs tatsächlich nicht eingetreten ist. Allerdings darf der Arbeitnehmer nicht gegen ärztliche Anordnungen verstoßen.
Die Österreicher sind da strenger, wie ein vom Oberster Gerichtshof in Wien (Urteil vom 31.08.2005 Aktenzeichen: 9 Ob A 108/05f) entschiedener Fall zeigt:
Holt ein Arbeitnehmer, der als Co-Trainer eine Jugend-Fußballmannschaft betreut, seinen elfjährigen Sohn, der nach einem abgesagten Meisterschaftsspiel keine Mitfahrgelegenheit gefunden hatte, mit dem Auto vom Fußballplatz ab, obwohl er sich mit einem fiebrigen Infekt im Krankenstand befindet, so stellt dies auch dann, wenn der Arbeitnehmer sich bei Gelegenheit des Abholens auf einem Pressefoto ablichten lässt, im konkreten Fall kein Fehlverhalten im Krankenstand dar, das eine Entlassung rechtfertigt. Den Arbeitnehmer trifft aber an der wegen seines Fehlverhaltens ausgesprochenen Entlassung ein Mitverschulden, wenn er den Arbeitgeber nicht rechtzeitig über die Rechtfertigungsgründe aufgeklärt hat, obwohl er von diesem wegen der Presseberichterstattung zur Rede gestellt worden war.
Eine entsprechende Aufklärungspflicht trifft den deutschen Arbeitnehmer nicht. Vielmehr muss der Arbeitgeber dem Arbeitsgericht vortragen und beweisen, dass die aktive oder passive Teilnahme am Fussballspiel genesungswidrig war.
Kein leuchtendes Vorbild jedenfalls, unsere Abgeordneten in NRW.
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte