Bei der Kündigung von sog. „Low Performern“ (das können auch „High Potentials“ sein …) unterscheidet das Bundesarbeitsgericht zwischen quantitativen Minderleistungen (BAG, Urteil vom 11.12.2003 – 2 AZR 667/02 – BAGE 109, 87, zu B I 2 d der Gründe)  und qualitativen Minderleistungen (BAG, Urteil vom 17.1.2008, 2 AZR 536/06).  Bei Unterschreitungen der Arbeitsmenge (Quantität) geht das Bundesarbeitsgericht von bestimmten Grenzen aus, bei deren Unterschreitung eine „Leistungsstörung“ vorliegt. Bei Fehlern (Qualität) dagegen will das Bundesarbeitsgericht differenzieren, auch nach dem Arbeitsplatz und den Auswirkungen (Pilot <-> Bandarbeiter).

Man kann sich insgesamt des Eindrucks nicht erwehren, dass aktuell mit Kündigungen und Abmahnungen von unterdurchschnittlichen Arbeitnehmern versucht wird, das Leistungsniveau der Restbelegschaft zu steigern („Angstdoping“), so dass die Gefahr einer Überforderung der Belegschaft besteht.

Das Bundesarbeitsgericht versucht, diesen Begehrlichkeiten entgegenzuwirken und hat in den Entscheidungen plastische Formulierungen gewählt, um seine Ansichten zu verdeutlichen:

Es gibt keine objektiv geschuldete Leistung. Ein Arbeitnehmer „schuldet das “Wirken”, nicht das “Werk.“(BAG, Urteil vom 17.1.2008, 2 AZR 536/06).

„Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann.“ Die Leistungspflicht ist nicht starr, sondern dynamisch und orientiert sich an der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 11.12.2003 – 2 AZR 667/02).

Die Unterdurchschnittlichkeit „ist lediglich ein Indiz für die Minderleistung“.

Das Bundesarbeitsgericht löst das Problem, dass der Grund für eine Minderleistung häufig nicht erkennbar ist, über die Darlegungslast. Der Arbeitgeber muß zunächst darlegen, dass überhaupt eine relevante Minderleistung vorliegt. Bei der Quantität beginnt dies nach Ansicht des BAG bei einer Leistung, die mindestens ein Drittel unter dem Durchschnitt liegt. Der Arbeitnehmer muss dann seinerseits darlegen, dass die Minderleistung entweder nicht vorliegt oder nicht in seiner Verantwortung liegt.

Trotzdem lässt das Bundesarbeitsgericht auch die schuldlose, also „personenbedingte“ Kündigung unter bestimmten Bedingungen zu. Das ist bedenklich und muß ein Ausnahmefall bleiben für den Fall, dass ein Arbeitnehmer „sich verschlechtert“. Denn der unterdurchschnittlich arbeitende Arbeitnehmer ist nur im Ausnahmefall  zu vergleichen mit dem Arbeitnehmer, der seine Tätigkeit überhaupt nicht mehr verrichten kann. Entscheidend ist hier, dass es eine Veränderung gegegen hat, die dem Arbeitgeber nicht mehr zuzumuten ist. Die Rechtsprechung wird die Fallgruppenbildung sicher noch verfeinern müssen.

Jeder Arbeitgeber hat die Möglichkeit, im Bewerbungsverfahren und bis zum Ende der Probezeit / Wartezeit zu überprüfen, ob ihm das individuelle Leistungsvermögen des jeweiligen Arbeitnehmers ausreicht. Dabei bleibt ihm unbenommen, für eine überdurchschnittliche Bezahlung auch überdurchschnittliche Leistung zu fordern. Diese Selektion ist Ergebnis des Arbeitsmarktes (gute Leute wollen gute Bezahlung), des Einstellungsverfahrens (Arbeitszeugnisse, Bewerbungsgespräch, Tests, Probearbeiten) und der Überprüfung und Bewährung des ersten Eindrucks in der Wartezeit / Probezeit.  Jedenfalls im durch das Kündigungsschutzgesetz geschützen Arbeitsverhältnis kann eine Änderung der Anforderungen auf Arbeitgeberseite bei gleichbleibender, vielleicht unterdurchschnittlicher Leistung des Arbeitnehmers jedenfalls keine Kündigung nach sich ziehen, weder verhaltensbedingt und erst recht nicht personenbedingt.

Aber auch bei einer noch so tollen Personalauswahl wird es zwangsläufig – wenn Gruppen Leistungsvergleiche erlauben – „Low Performer“ geben. Wie es das BAG formuliert hat: In einer Vergleichsgruppe ist immer ein Angehöriger der Gruppe das “Schlusslicht”. Das kann als Kündigungsgrund nicht durchgehen.
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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