gelber_schein.gifDass der Arbeitgeber während einer ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit nicht kündigen könne, ist ein verbreiteter Rechtsirrtum unter Arbeitnehmern. Richtig ist, dass eine Kündigung während einer Krankschreibung ohne weiteres möglich ist und die Arbeitsunfähigkeit auch den Zugang der Kündigung nicht hindert oder hemmt. Die dreiwöchige Klagefrist beginnt also auch während einer Arbeitsunfähigkeit zu läufen, wenn die Kündigung im Briefkasten landet. Allerdings gibt es Grenzen, die Fachleute sprechen von der „Kündigung zur Unzeit“. Selbst eine Kündigung während eines Krankenhausaufenthaltes ist allerdings zulässig, wie jüngst das Landesarbeitsgericht Köln entschied; dabei aber auch klarstellte, dass es Grenzen gibt, z.B. bei einem Arbeitsunfall:

„Eine Kündigung kann grundsätzlich auch während einer Erkrankung ausgesprochen werden. Es ist auch nicht erheblich, ob die Krankheit durch ambulante oder stationäre Behandlung behandelt wird. Nicht einmal der zeitliche Zusammenhang mit einer Fehlgeburt einer Arbeitnehmerin oder eine Aushändigung einer Kündigung an Heiligabend reichen für die Annahme einer Kündigung zur Unzeit aus (siehe BAG, Urteil vom 12.07.1990, AP BGB § 613 a Nr. 87, BAG, Urteil vom 14.11.1984, NJW 1987, S. 94). Sogar eine Kündigung, die einen Arbeitnehmer wegen eines noch nicht verarbeiteten Schicksalsschlages im privaten Bereich (z. B. Tod eines nahen Angehörigen) besonders trifft, kann noch nicht als Kündigung zur Unzeit angesehen werden (siehe Ascheid/Preis/Schmidt, Großkomm. zum Kündigungsrecht, 2. Aufl., Grundlagen J., Rz. 47; BAG, Urteil vom 05.04.2001, NZA 2001, S. 890 ff.). Eine Ausnahme im Hinblick auf die besonderen Umstände des Einzelfalls ist anzunehmen bei einer Kündigung, die dem Arbeitnehmer nach einem schweren Arbeitsunfall im Betrieb am gleichen Tage im Krankenhaus unmittelbar vor der auf dem Unfall beruhenden Operation ausgehändigt wird (siehe Landesarbeitsgericht Bremen, Urteil vom 29.10.1985, LAGE, BGB § 242 Nr. 1).“

Landesarbeitsgericht Köln vom 13.02.2006 – 14 (3) Sa 1363/05

Sofort nach Erhalt einer Kündigung – egal ob im Urlaub oder während einer Erkrankung – sollte daher ein fachlich spezialisierter Rechtsanwalt aufgesucht werden.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

Kommentierungsfunktion ist momentan abgeschaltet.