Die meisten Unternehmen setzen bei der Sozialauswahl auf Punkteund damit auf Sicherheit. Grund ist dafür, dass das Gesetz in § 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zwar die vier Sozialauswahlkriterien (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten, Schwerbehinderung) nennt, aber nicht, wie diese zu gewichten sind. Sind vier Kinder höher einzuordnen als eine Schwerbehinderung mit einem GdB von 50% oder eine Betriebszugehörigkeit von 30 Jahren? Nach einem Scherz unter Anwälten hängt es davon ab, ob die Richterin bzw. der Richter kinderreich ist. Das Bundesarbeitsgericht hat aber in verschiedenen Entscheidungen (z.B. BAG vom 18.01.1990 – 2 AZR 357/89) jeweils ein dort vom Arbeitgeber angewandtes Punkteschema für ordnungsgemäß beurteilt, an die sich andere Arbeitgeber häufig sklavisch halten. Dabei haben Arbeitgeber ein Ermessen bei der Sozialauswahl, denn diese muss nicht richtig, sondern ausreichend sein. Nach der Anwendung des Punkteschemas ergibt sich ein Ranking der Arbeitnehmer nach „Sozialpunkten“. Wenn 20 vergleichbare Arbeitnehmer gekündigt werden sollen, sind alle Plätze oberhalb der 20 Beschäftigten mit der niedrigsten Zahl an Sozialpunkten sicher. Seit der Aufgabe der Dominotheorie durch das Bundesarbeitsgericht haben sich die Risiken von Unternehmen durch Fehler bei der Sozialauswahl erheblich reduziert. Auf eine fehlerhafte Sozialauswahl kann sich danach nur noch derjenige berufen, der im „Ranking“ von der richtigen Sozialauswahl profitieren würde.

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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