Das Beamtenrecht weist für den Fall des Entstehens von Sachschäden im Zusammenhang mit einem Dienstunfall recht klare Regelungen wie z.B. § 32 BeamtVG auf. Geht es um Schäden, die nicht nicht auf einem Dienstunfall beruhen, ist die gesetzliche Lage unübersichtlicher. Das VG Hannover hat sich in der aktuellen Entscheidung vom 09.10.2007 – 2 A 8905/05 – zur in Niedersachsen einschlägigen Regelung des § 96 NBG insbesondere zum Erstattungsumfang geäußert.

Ein Polizeivollzugsbeamter, der im Einsatz- und Streifendienst auf einer Bundesautobahn tätig war, verlor 2005 bei der Feststellung von Unfallspuren in einer Autobahnböschung seine Brille – ein sehr leichtes Modell mit Kunststoffgläsern und Titangestell. Er beantragte den Ersatz entstandenen Schadens in Höhe von ca. € 780,00 beim Dienstherrn. Die Brille sei von Zweigen des Buschwerks abgestreift und dann aufgrund ihres geringen Gewichts u.U. vom Luftzug vorbeirauschender Lkw weggeweht worden.

Der Dienstherr erstattete einen Betrag von ca. € 360,00. Die Erstattungspflicht wurde also dem Grunde nach nicht abgelehnt, der Dienstherr war aber der Aufassung, daß nur der Wert eines vergleichbaren Gegenstands mittlerer Art und Güte erstattungsfähig sei. Nach den insoweit zu § 96 NBG entwickelten Verwaltungsvorschriften könnten demnach als Höchstsatz für die Gläser 100 % der Beihilfesätze veranschlagt und für die Fassung ein Maximalbetrag von 105,- € berücksichtigt werden, der sich an den gängigen Erstattungssätzen privater Krankenversicherer orientiere. Der Beamte könne sich für die Erstattung in diesem Rahmen eine Brille besorgen, die diensttauglich sei.

Wegen des Differenzbetrages erhob der Beamte Klage u.a. mit der Begründung, es könne ihm nicht verwehrt werden, auch eine teuerere Brille im Dienst zu nutzen. Es handele sich insoweit nicht um einen Luxusgegenstand, sondern um ein Mittel des Ausdrucks amtsangemessenen Auftretens. Er verlange nur Herstellung des Zustandes vor dem Schadensfall. Beim Dienstherr habe sich zudem eine Verwaltungspraxis im Zusammenhang mit der Erstattung von Schäden am Eigentum im Rahmen der Castortransporte eingesetzter Beamter, die immer vollen Wertersatz erhalten hätten, herausgebildet.

Der Dienstherr wandte ein, daß die Landeskasse ein Verlustrisiko jedenfalls dann nicht voll tragen könne, wenn der Beamte höherwertige Gegenstände im Dienst nutze, deren Ausstattung über das Notwendige hinausginge. § 96 NBG sei eine in anderen Bundesländern unbekannte Billigkeitsnorm, die den Beamten nicht von jeder Sorge um seine privaten Gegenstände entpflichte. Der Beamte müsse sich u.U. versichern.

Das VG Hannover wies die Klage ab. Ein Anspruch auf weitergehenden Schadenersatz komme dem Kläger nach § 96 Abs. 1 Satz 1 NBG nicht zu. Die Vorschrift gewähre keinen direkten Rechtsanspruch auf Ausgleich von Schäden, die nicht Ergebnis eines Dienstunfalls sind. Sie erlaube es dem Dienstherrn nur, bei einem großen Ermessensspielraum aus Billigkeitserwägungen einen Ausgleich für derartige Schäden zu leisten. Das Ermessen werde umgrenzt durch die Verwaltungspraxis und die entsprechenden Verwaltungsvorschriften. Nach Nr. 3.3 der VV zu § 96 NBG soll bei Schäden an besonders wertvollen Gegenständen nur der Wert vergleichbarer Gegenstände mittlerer Art und Güte berücksichtig werden. Schließlich soll nach § 96 NBG auch nur Ersatz für den Verlust oder die Beschädigung von Gegenständen geleistet werden, die „üblicherweise“ im Dienst verwendet werden. Im übrigen habe der Dienstherr auch vortragen können, daß die streitbefangene Regulierung einer Absprache entspricht, die mit allen Polizeidirektionen für den Fall des Verlust von Sehhilfen getroffen worden ist. Den Vortrag zu einer anderen Regulierungspraxis im Falle der Castortransporte habe der Kläger nach Bestreiten durch den Dienstherrn nicht weiter konkretisieren können.

Das Abstellen auf die Beihilfesätze sei sachgerecht. Sowohl der Schadensersatz- als auch der Beihilfeanspruch fußten auf dem Grundgedanken der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und dienten der Abmilderung – und nicht vollen Kompensation – wirtschaftlicher Härten. Über die Beihilfesätze könne der Beamte eine diensttaugliche Brille erstehen. Er gerate dann nicht in den Konflikt bei Verwendung einer teuereren Brille die Wahrnehmung einer gefährlichen dienstliche Tätigkeiten aus Sorge vor drohenden Sach- oder Körperschäden zu unterlassen.

Fundstelle: Urteil des VG Hannover vom 09.10.2007 – 2 A 8905/05 –

Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

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