Juracity berichtete zu den bisher ergangenen Urteilen in Sachen Agfa Gevaert / Agfa Photo mehrfach. Jetzt hat auch das LAG Köln zugunsten der Arbeitnehmer entschieden, dass die Unterrichtung fehlerhaft war und eine Verwirkung des Widerspruchsrechts daher nicht eingetreten sei.

„Eine Unterrichtung ist auch dann fehlerhaft, wenn die wirtschaftliche Lage des Betriebsübernehmers wesentlich besser dargestellt wird, als sie tatsächlich ist, denn eine wahrheitsgemäße Information bildet eine wesentliche Entscheidungsgrundlage für den Arbeitnehmer bei der möglichen Ausübung des Widerspruchsrechts,“ so das Landesarbeitsgericht Köln in Sachen Agfa/AgfaPhoto in seinem Urteil vom 4. 6. 2007.

Damit verbessert sich für die von Agfa getäuschten und in die später insolvente Tochter abgeschobenen Arbeitnehmer die Rechtslage weiter. Erstmals hat sich ein LAG nicht nur mit den Informationen zur Haftung, sondern auch mit denen zur wirtschaftlichen Ausstattung der AgfaPhoto auseinandergesetzt. Die Feststellungen des Gerichts sind an Klarheit nicht zu übertreffen:

„Hier ist festzustellen, dass die dem Kläger am 22.10.2004 zur wirtschaftlichen Lage der Betriebserwerberin erteilten Informationen im klaren Widerspruch zu den zu diesem Zeitpunkt bestehenden objektiven Fakten standen (…) In Wahrheit war nur etwas mehr als die Hälfte des Betrages an Liquidität verfügbar, der den Beschäftigten vermittelt worden war und an den sie aufgrund der Bekräftigung der guten Liquiditätslage in dem Unterrichtungsschreiben vom 22.10.2004 glauben konnten.“

Das LAG betont ferner, dass hinsichtlich der Namens- und Markenrechte lediglich Nutzungsrechte bestanden, „nicht aber, was für die Liquidität und auch die Eigenkapitalausstattung viel bedeutsamer gewesen wäre, Eigentums- und Verwertungsrechte.“

Und weiter: „Während also in dem Unterrichtungsschreiben vom 22.10.2004 der Eindruck erweckt wurde, die Betriebserwerberin verfüge über eine solch gute Liquidität, dass sie auch gegen unvorhergesehene Verschlechterungen bestens gewappnet sei und über glänzende Zukunftsaussichten verfüge, war die reale Lage deutlich schlechter.“

Den Einwand von Agfa, die Informationen seien im Zusammenwirken mit Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat erstellt worden, ließ das Gericht nicht gelten: „Unzutreffende Angaben können nicht dadurch richtig werden oder geheilt werden, dass Dritte daran mitgewirkt hätten.“

Insgesamt bleibe damit festzuhalten, dass die anlässlich des Betriebsübergangs erteilten Informationen aus mehreren Gründen unvollständig und unzutreffend waren. Und der am 16.1.2006 erfolgte Widerspruch gegen den Betriebsübergang sei auch nicht verwirkt. Denn, so das LAG: „Eine Verwirkung des Widerspruchsrechts kommt zumindest solange nicht in Betracht, solange die Falschangaben nicht korrigiert worden sind.“

Quelle: LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007, Aktenzeichen 14 Sa 1225/06, Volltext

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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