Gerade noch haben viele Arbeitnehmer Weihnachtsgeld erhalten. Diejenigen, die jedoch im Gegensatz zu früher kein Weihnachtsgeld von ihrem Arbeitgeber erhalten haben, sollten sich ihren Arbeitsvertrag noch einmal genauer ansehen. Eine allgemeine Klausel im Arbeitsvertrag, die auf die fehlende rechtliche Verpflichtung zu der Leistung abstellt, kann das Entstehen eines zukünftigen Rechtsanspruchs nicht verhindern, wenn sie unklar formuliert ist. Dies geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 08.12.2010 hervor (Az.: 10 AZR 671/09). Wenn ein Arbeitgeber über mehrere Jahre Weihnachtsgeld zahlt, ohne bei der Zahlung deutlich eine Bindung für die Zukunft auszuschließen, kann nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts für Arbeitnehmer ein zukünftiger Anspruch auf Weihnachtsgeld aus einer so genannten betrieblichen Übung entstehen.

Zum Hintergrund:

Ein seit 1996 angestellter Diplom-Ingenieur erhielt zumindest in den Jahren 2002 bis 2007 jeweils ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsverdienstes, ohne dass bei der Zahlung ein ausdrücklicher Vorbehalt erklärt worden war. Der Arbeitgeber verweigerte wegen der Wirtschaftskrise unter Hinweis auf eine Klausel im schriftlichen Arbeitsvertrag die Zahlung des Weihnachtsgelds für das Jahr 2008. Die Arbeitsvertrags-Klausel lautet inhaltlich:

„Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne jede rechtliche Verpflichtung. Sie sind daher jederzeit ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“

 

Der Arbeitnehmer hat nun die Zahlung eines Weihnachtsgeldes für das Jahr 2008 eingeklagt. Der Arbeitgeber meint, der vertraglich vereinbarte Freiwilligkeitsvorbehalt habe die Entstehung eines Weihnachtsgeldanspruchs verhindert. Das Arbeitsgericht Mönchengladbach hat in der ersten Instanz der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat im Berufungsverfahren die Klage abgewiesen.

Mit der Revision beim Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts war der Arbeitnehmer aber erfolgreich. Die Bundesarbeitsrichter begründeten dies damit, dass zwar grundsätzlich ein im Arbeitsvertrag klar und verständlich formulierter „Freiwilligkeitsvorbehalt“ einen zukünftigen Anspruch auf eine Sonderzahlung ausschließen könnte – allerdings dürfe dieser als Allgemeine Geschäftsbedingung formulierte Vorbehalt nicht mehrdeutig, sondern müsse klar und verständlich formuliert sein. Die vom Arbeitgeber verwendete Klausel sei unklar und nicht eindeutig formuliert. Sie sei nicht geeignet, das mehrfache, tatsächliche Erklärungsverhalten des Arbeitgebers hinreichend zu entwerten. Die Klausel könne auch so verstanden werden, dass sich der Arbeitgeber aus freien Stücken zur Erbringung der Leistung verpflichten wollte. Außerdem – so das Bundesarbeitsgericht –  setze der vorbehaltene Widerruf voraus, dass überhaupt ein Anspruch entstanden ist.

Mit dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zum bei arbeitsvertraglichen Weihnachtsgeld-Klauseln zu beachtenden Transparenzgebot fortgesetzt. So meinte das Bundesarbeitsgericht bereits in einer Entscheidung vom 30.07.2008 (10 AZR 606/07) zu einer Klausel, bei der von einer freiwilligen,  stets widerrubaren Leistung die Rede war, dass der Widerruf einer Leistung durch den Arbeitgeber voraussetzt, dass überhaupt ein Anspruch des Arbeitnehmers auf die Leistung besteht. Wenn der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die Leistung hätte, wäre auch nichts zu widerrufen.

Daniel Labrow
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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