Manch einer wird sich denken, dass ein Arbeitgeber, der einem seit 30 Jahren beschäftigten Arbeitnehmer nur deshalb kündigen will, weil dieser drei Schrauben aus dem Materiallager einem Kollegen geschenkt hat, eine Schraube locker hat. Nun hatte ein Arbeitgeber aus dem Raum Bonn hatte eine solche Kündigung tatsächlich beabsichtigt. Vor Ausspruch einer solchen Kündigung war jedoch eine Hürde zu nehmen, denn der zu kündigende Arbeitnehmer ist Betriebsratsvorsitzender. Deshalb musste der Arbeitgeber erstmal beim Betriebsrat die Zustimmung zur Kündigung einholen. Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ist nämlich nach dem Gesetz nur möglich, wenn Tatsachen vorliegen, die zur fristlosen Kündigung berechtigen und der Betriebsrat zuvor der Kündigung zugestimmt hat. Der Betriebsrat hatte in dem Fall die Zustimmung zur Kündigung verweigert. Arbeitsgerichte können die Zustimmung auf Antrag des Arbeitgebers aber dann ersetzen, wenn eine außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt wäre. Deshalb hatte der Arbeitgeber nun in einem so genannten Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht Bonn beantragt, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung gerichtlich ersetzen zu lassen.

Wie am 26.10.2010 publik gemacht worden ist, war das Arbeitsgericht Bonn in dem Schrauben-Fall der Auffassung, dass eine fristlose Kündigung hier nicht gerechtfertigt wäre. Deshalb hat das Arbeitsgericht Bonn den Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung zur Kündigung mit Beschluss vom 21.10.2010 abgelehnt (Az.:  1 BV 47/10).

Zwar betonte das Arbeitsgericht Bonn in der Begründung seiner Entscheidung, dass auch ein Betrug, eine Unterschlagung oder ein Diebstahl zu Lasten des Arbeitgebers über drei Schrauben im Wert von 28 Cent einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen kann. Allerdings komme es stets auf den konkreten Einzelfall an. Das Arbeitsgericht war hier der Ansicht, dass der langen Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers eine große Bedeutung zukommt und hat darüber hinaus berücksichtigt, er den Vorwurf in der Anhörung durch den Arbeitgeber nicht geleugnet hat, sondern seine Tat sofort bedauert und sich einsichtig gezeigt hatte.

Mit dieser Entscheidung folgt ein weiteres Gericht der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Dieses hatte in der viel diskutierten „Emmely-Entscheidung“ (Az: 2 AZR 541/09) entschieden dass „eine über lange Jahre ungestörte Vertrauensbeziehung“ zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer „nicht notwendig schon durch eine erstmalige Vertrauensenttäuschung vollständig und unwiederbringlich zerstört“ werde.

Zuletzt hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 16.9.2010 (Az: 2 Sa 509/10) an die Emmely-Entscheidung angeknüpft.

Der Arbeitgeber kann gegen die Entscheidung noch Beschwerde vor dem Landesarbeitsgericht Köln einlegen.

Daniel Labrow
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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