Auch Lehrer haben als Personalratsmitglied Anspruch auf Dienstbefreiung für die Teilnahme an Personalratssitzungen, entschied die Fachkammer für Landespersonalvertretungsrecht beim Verwaltungsgericht Münster durch Beschluss vom 24.11.2008 (22 K 2137/08.PVL). Gestritten hatten sich der Personalrat für Lehrer an Gesamtschulen im Regierungsbezirk Münster und die Bezirksregierung. Der Personalrat ist für die 2168 Lehrer der Gesamtschulen zuständig; er besteht aus 15 Mitgliedern. Die Bezirksregierung Münster hatte antragsgemäß vier Mitglieder des Gremiums für die Personalratstätigkeit von ihrem Dienst in der Schule freigestellt. Die übrigen 11 Mitglieder sollten nach einer Anweisung der Bezirksregierung für eine Teilnahme an Personalratssitzungen keine Dienstbefreiung erhalten. Mit der Freistellung von vier Mitgliedern sei das „Arbeitszeitkontingent“ für die Personalratsarbeit verbraucht, so die Bezirksregierung und berief sich auf eine entsprechende Vorgabe des Schulministeriums in Düsseldorf. Der Personalrat argumentierte vor Gericht, es sei rechtwidrig, wenn die nicht freigestellten Mitglieder zu einer Sitzungsteilnahme in ihrer Freizeit gezwungen würden.

Vor dem Verwaltungsgericht bekam der Personalrat nunmehr Recht. Nach Ansicht der Fachkammer für Landespersonalvertretungsrecht des Verwaltungsgerichts Münster erlaubt die im Gesetz geregelte vollständige Freistellung für eine bestimmte Zahl von Personalratsmitgliedern, dass die übrigen – nicht freigestellten – Mitglieder für eine Teilnahme an Personalratssitzungen im Einzelfall Dienstbefreiung erhalten. Versäume etwa ein Lehrer als Personalratsmitglied wegen der Teilnahme an einer notwendigen Sitzung Unterrichtsstunden, müsse er diese – entgegen der Anweisung der Bezirksregierung – nicht nachholen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Anmerkung:
Man wundert sich über manche Gerichtsverfahren. Es ist nicht nur ein Recht des Personalratsmitglieds, sondern sogar seine Pflicht, an einer Personalratssitzung teilzunehmen. Würde die Ansicht der Bezirksregierung zutreffen, dass mit vier freigestellten Personalratsmitglieder das „Freistellungskontingent“ des Personalrats für die gesamte Personalratstätigkeit erschöpft sei, würde der Wählerwille manipuliert; ausserdem wäre der Personalrat gar nicht beschlussfähig, wenn nur 4 von 15 Personalratsmitgliedern an einer Personalratssitzung teilnähmen. Das weiß auch die Bezirksregierung. Deren Ziel war auch ein anderes: Die Lehrer sollten ihre Freizeit für das Personalratsamt opfern, obwohl das Landespersonalvertretungsgesetz NRW ausdrücklich regelt, dass ein Personalratsmitglied unabhängig von den Pauschalfreistellungen nach § 42 Abs. 3 LPVG NW Anspruch auf Dienstbefreiung für erforderliche Personalratstätigkeit – im Einzelfall – hat (nach Absatz 2 des § 42 LPVG NW). Ob die Dienststelle andere Personalratsmitglieder pauschal vom Dienst befreit hat, hat mit dem Recht des einzelnen Personalratsmitglieds, sein Mandat auch in der Personalratsitzung auszuüben und dafür unter Fortzahlung des Entgelts freigestellt zu werden, überhaupt nichts zu tun. Im übrigen war die Bezirksregierung auch bei den Pauschalfreistellungen nicht großzügiger als das Gesetz: Bei mehr als 2000 Beschäftigten sind vier Beschäftigte vollständig freizustellen.

§ 42 LPVG NRW

(1) Die Mitglieder des Personalrats führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt.

(2) Versäumnis von Arbeitszeit, die zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufgaben des Personalrats erforderlich ist, hat keine Minderung der Bezüge oder des Arbeitsentgelts zur Folge. Werden Personalratsmitglieder durch die Erfüllung ihrer Aufgaben über ihre individuelle Arbeitszeit hinaus beansprucht, so ist ihnen Dienstbefreiung in entsprechendem Umfang zu gewähren.

(3) Mitglieder des Personalrats sind durch den Leiter der Dienststelle von ihrer dienstlichen Tätigkeit ganz oder teilweise freizustellen, wenn und soweit es nach Umfang und Art der Dienststelle zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist und der Personalrat die Freistellung beschließt. Dabei sind zunächst die gewählten Vorstandsmitglieder zu berücksichtigen. Die übrigen Freistellungen richten sich nach der Gruppenstärke; Gewerkschaften, die zur selben Spitzenorganisation gehören sowie freie Listen können sich hierfür gruppenübergreifend zusammenschließen. Die Freistellung hat keine Minderung der Besoldung oder des Arbeitsentgelts zur Folge und darf nicht zur Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs
führen.

(4) Von ihrer dienstlichen Tätigkeit sind nach Absatz 3 freizustellen in Dienststellen mit in der Regel 100 bis 300 Beschäftigten ein Mitglied für 12 Arbeitsstunden in der Woche. Im Einvernehmen zwischen Personalrat und Leiter der Dienststelle kann bei außergewöhnlichem, anlassbezogenen Bedarf vorübergehend abgewichen werden. Weitergehende pauschale Freistellungen sind unzulässig.

Von ihrer dienstlichen Tätigkeit sind nach Absatz 3 ganz freizustellen in Dienststellen mit in der Regel
301 bis 600 Beschäftigten ein Mitglied,
601 bis 1000 Beschäftigten zwei Mitglieder,
1001 bis 2000 Beschäftigten drei Mitglieder,
2001 bis 3000 Beschäftigten vier Mitglieder,
(…)

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte
Arbeitsrecht im Rheinland (Köln/Bonn)

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