Rechtzeitig vor den Weihnachtsferien machen Bahn und die Bahnergewerkschaften den Weg für streikfreie Weihnachtsferien frei. Nachdem Bahn, transnet und GDBA Ende November die Eckpunkte für ein neues Tarifwerk ausgehandelt hatten, das separate Tarifwerke für Berufsgruppen zulässt, konnten sich jetzt GdL und Bahn grundsätzlich über ein Tarifmodul für die Lokführer einigen. Verhandelt wurden allerdings nur die Eckpunkte; die Details sollen bis Ende Januar 2008 ausgehandelt werden. Jedenfalls aber sagte die GdL zu, während der Verhandlungen nicht zu streiken.

Wenn es der Bahn tatsächlich gelingt, die Berufsgruppen in ein Tarifwerk mit berufsspezifischen Tarifmodulen zu integrieren, könnte dies ein Modell für andere Branchen sein.

Die Einigung sieht ein Basis-Tarifwerk für alle Berufsgruppen bei der Bahn vor mit generellen für alle geltende Regelungen ähnlich wie ein Rahmentarifvertrag. Darauf setzen sechs berufsgruppenspezifische Tarifverträge auf, von denen der mit der GdL verhandelte Tarifvertrag die Arbeitszeit und das Entgelt der Lokomotivführer regelt. Die GdL wird also zukünftig die Tarifführerschaft für das Lokführermodul bekommen, die anderen Gewerkschaften mit geringerem Mitgliederanteil in dieser Berufsgruppe wie transnet und GDBA werden im Rahmen einer Tarifgemeinschaft den Tarifvertrag zwar mitbestimmen und ihn ebenfalls unterzeichnen. Die massgebliche Verhandlungsführung wird aber der GdL zukommen, und damit auch ein der Mitgliederzahl entsprechendes grösseres Gewicht.

Verhindert wird dadurch ein zeitliches Auseinanderfallen von Berufsgruppentarifwerken und ein Wettkampf der Gewerkschaften um Mitglieder durch den jeweils „besten“ Tarifvertragsabschluß. Wie bisher werden alle Gewerkschaften bei der Bahn gemeinsam und zeitgleich verhandeln, allerdings zukünftig mit unterschiedlichen Tarifführerschaften. Mehdorn wird also Simultan-Tarifverhandlungen führen.

Die GdL wird bei den Lokführern zukünfig die „große“ Gewerkschaft sein. Das entspricht zwar den Realitäten bei den Mitgliederzahlen in dieser Berufsgruppe, kann GDBA und transnet aber eigentlich nicht gefallen. Eine andere Möglichkeit zu einer schnellen Einigung ist aber derzeit wohl nicht in Sicht. Den beiden anderen Gewerkschaften wird der Einflussverlust bei einer Berufsgruppe und das Zugeständnis allerdings auch mit zweistelligen Einkommenszuwächsen bis 2010 versüsst.
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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