Nicht wenige Fußballfans, die bei der Verteilung der insgesamt 2,93 Millionen Tickets für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland bislang leer ausgegangen sind, hofften, dass der Weg zu einem der 64 Spiele über das Internetauktionshaus ebay führen würde.
Nach einem Urteil des Amtsgerichtes Frankfurt am Main vom vergangenen Donnerstag (Az.: 31 C 3120/05 – 17) dürfte sich dieser Weg allerdings als Sackgasse erweisen. Zwar verurteilten die Richter den Deutschen Fußball-Bund (DFB), zwei ersteigerte Tickets für das Viertelfinalspiel am 01. Juli in der Arena „Auf Schalke“ auf den Namen des Käufers und den seiner Partnerin auszustellen. Dass nun aber alle Karten für die Fußballweltmeisterschaft, die im Internetauktionshaus zum Verkauf angeboten werden, auf den Höchstbietenden umgeschrieben werden müssen, verneinten die Richter ausdrücklich.
Der Sachverhalt
Der Kläger ersteigerte im September 2005 zwei Tickets für ein Viertelfinalspiel der Fußballweltmeisterschaft 2006 in der Arena „Auf Schalke“ am 01. Juli. Anstatt des ursprünglichen Kaufpreises von 110 € waren ihm die Karten 880 € wert. Da die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) regeln, dass die Tickets nur mit seiner Zustimmung übertragen werden dürfen, beantragte er beim DFB, die noch auf den Namen des ursprünglichen Käufers personalisierten Viertelfinalkarten auf seinen Namen und den seiner Lebensgfährtin umzuschreiben.
Nicht unwichtig für die Beurteilung durch das Gericht: Die offizielle Internetplattform, auf der Personen, die gebuchte Fußballspiele nicht selbst besuchen können oder wollen, ihre Tickets entweder an Dritte veräußern oder an von ihnen benannte Personen übertragen lassen können, besteht erst seit dem 27.03.2006. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger die Tickets bereits erworben.
Obwohl weder er noch sie als sogenannte Hooligans einschlägig bekannt waren, verlautete es aus der Otto-Fleck-Schneise 6a in Frankfurt am Main: Abgelehnt!
Das Urteil
Zu Unrecht, so die Richter des Amtsgerichtes Frankfurt am Main. Zu diesem Ergebnis kamen sie aufgrund einer Abwägung der Interessen des Fußballfans einerseits mit denen des DFB andererseits. Diesem gestand das Gericht zwar ein berechtigtes Interesse an der Bekämpfung des Schwarzmarkthandels sowie dem Fernhalten bekannter Randalierer zu. Diese Ziele, zu deren Erreichung das Regelwerk des DFB den Ticketerwerb nur unter Angabe der Personalausweisnummer, die personalisierte Ausstellung sowie ein grundsätzliches Weitergabeverbot vorsieht, schienen dem Gericht allerdings nicht geeignet, in diesem Fall die Übertragung der im Internet ersteigerten Karten auf den Kläger zu verweigern.
Zu dessen Gunsten beschäftigten sich die Richter mit den Gründen, aus denen man auf den Besuch eines Spiels der alle vier Jahre stattfindenden Fußballweltmeisterschaft verzichten wolle bzw. müsse. Neben Krankheit oder persönlicher Verhinderung dachten die Richter auch an die Gewinn besserer Karten im Rahmen einer Verlosung sowie einen finanziellen Engpass, der zum Verkauf des wertvollen Papiers zwinge. Womöglich die „Wahrheit auf’m Platz“ im Blick, nach der nicht auszuschließen ist, dass etwa im einige Monate vorab gebuchten Viertelfinale anstatt der favorisierten Topmannschaft ein Außenseiter steht, berücksichtigten die Richter auch den Wegfall des Interesses an diesem Spiel.
Da der Inhaber eines Tickets vor Bekanntgabe und Inbetriebnahme des offiziellen Portals für Weiterverkauf und Übertragung bei Vorliegen der erwähnten Gründe völlig rechtlos gestellt würde, sah das Gericht allein in der Unterbindung des Schwarzmarkthandels keinen ausreichenden Grund für eine Versagung der Zustimmung zur Übertragung der Viertelfinalkarten.
Nicht in die Abwägung mit einbezogen hat das Gericht den sogenannten Schwarzmarktaufschlag von über 700 € gegenüber dem ursprünglichen Preis von 110 € für die zwei Karten. Weder die AGB des DFB noch die Ticket-Verkaufsrichtlinien enthielten eine Klarstellung dahingehend, dass die Zustimmung zur Übertragung dann verweigert werde, wenn die Tickets zu einem höheren Preis als dem Ursprungspreis veräußert würden, so die Richter. Dieser Klarstellung hätte es insbsondere bedurft, weil der Hinweis, WM-Tickets könnten auch nicht verschenkt werden, im Umkehrschluss nur so zu verstehen sei, dass es für die Frage der Zustimmung auf den Preis der WM-Karte nicht ankomme.
Nur ein Einzelfall, nicht die Regel!
Ausdrücklich weist das Gericht auf den Einzelfallcharakter seiner Entscheidung hin. „Die Entscheidung bedeutet nicht, dass der DFB generell der Übertragung von Tickets, die über Auktionen oder in sonstiger Weise erworben wurden, zustimmen muss.“ Die Entscheidung beziehe sich auf den Fall des Erwerbs eines Tickets zu einem Zeitpunkt, in dem noch nicht bekannt war, dass die Möglichkeit bestehen werde, Tickets über eine Internetplattform zu übertragen oder zu veräußern.
Fazit
„Die neue Internetplattform des DFB hat die Rechtslage vermutlich stark verändert“, beeilte sich ein Sprecher des Frankfurter Amtsgerichtes hervorzuheben, dass diese Viertelfinalkarten nur ausnahmsweise umgeschrieben werden müssten. Zur Zeit seien außerdem keine vergleichbaren Verfahren in Frankfurt anhängig.
Dass „schlechte Karten“ hat, wer nach diesem Urteil hofft, mit einer erfolgreich ersteigerten Eintrittskarte wirklich ins Stadion zu kommen, darauf weist auch der Verbraucherzentrale Bundesverband hin. „Spätetstens seit der Entscheidung in Frankfurt kann man niemandem mehr empfehlen, Karten über ebay zu kaufen“, so deren Sprecher gegenüber der Presse.
So bleibt dem Fußballfan, der bislang keine der knapp drei Millionen Tickets in einer der Verkaufsrunden ergattern konnte, nur der Weg über die offizielle Internetplattform. Dort besteht seit dem 27. März die Möglichkeit für Karteninhaber, ihre Tickets ohne Angabe von Gründen zu verkaufen. Gelingt dies, – was wohl regelmäßig der Fall sein wird – erhält er den ursprünglich gezahlten Kaufpreis zurück. Den neuen Käufer kostet „seine“ Karte nur 15 Prozent mehr. Ferner besteht im Rahmen des Portals die Möglichkeit, erworbene Karten auf andere Personen übertragen zu lassen. Dazu bedarf es zwar einer Begründung, aber das Organisationskomitee hat angekündigt, auch in der am 01. Mai beginnenden zweiten Runde der Tauschbörse „in dudio pro Fan“ zu handeln.
Das Internetauktionshaus ebay will den Handel mit WM-Tickets auf seiner Plattform nicht verbieten. Zur Information seiner Kunden hat es eine Informationsseite ins Netz gestellt.
Wer dennoch bei ebay sein Glück versuchen möchte, sollte sich vertraglich zusichern lassen, dass der Kaufpreis zurückerstattet wird, wenn die Übertragung nicht zustande kommt.
Thomas Hellwege, Journalist