In Sozialplänen oder freiwilligen Abfindungsangeboten (z.B. bei Daimler-Chrysler) finden sich immer häufiger sog. Turboprämien (in Betrieben auch Renngeld o.ä. genannt). Gemeint sind damit Zusatzbeträge zu den normal berechneten Abfindungen, die für die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages oder Klageverzichtes gezahlt werden. Damit lässt sich der Mitarbeiter im Ergebnis gegen eine Prämie das Recht abkaufen, Kündigungsschutzklage zu erheben.

Das Bundesarbeitsgericht hat jetzt in drei Entscheidungen derartige Zusatzprämien für zulässig erklärt und die Regeln dafür verdeutlicht. Zulässig sind Turboprämien allerdings nur dann, wenn die Prämien in einer freiwilligen Vereinbarung geregelt sind (BAG vom 15.2.2005 – 9 AZR 116/04); in einem mit dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplan nur dann, wenn die Prämie zusätzlich gezahlt wird. Nicht zulässig ist also, die Sozialplanabfindung selbst von einem Verzicht auf eine Klageerhebung oder einen Aufhebungsvertrag abhängig zu machen, wie dies etwa in der Regelung des § 1a KSchG vorgesehen ist (so BAG vom 31.5.2005 – 1 AZR 254/04).

Bei einer Sozialplanabfindung dagegen wäre dies unzulässig, da die Sozialplanabfindung nicht dazu dient, Ungewissheiten über die Rechtmäßigkeit der Kündigung zu beseitigen, sondern nach § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG »dem Ausgleich oder der Milderung der mit der Betriebsänderung verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Nachteile dient«. Der Sozialplan und damit die Sozialplanabfindung setzen also eine rechtmässige Kündigung voraus. Es ist daher konsequent, dass Arbeitnehmer neben der Sozialplanabfindung das Recht behalten müssen, die Kündigung gleichwohl auf die Rechtmässigkeit überprüfen zu können. Das hindert den Arbeitgeber nicht, zusätzlich dazu eine Prämie für Schnellentschlossene zu zahlen.

Allerdings muss der Arbeitnehmer bei freiwilligen Abfindungszahlungen deutlich auf sein Wahlrecht hingewiesen werden (Klage oder Zahlung der Turboprämie), so das BAG in einem Urteil vom 3.5.2006 (4 AZR 189/05).

Arbeitnehmer müssen bei Turboprämien immer daran denken, dass die Arbeitsagentur bei einem Aufhebungsvertrag oder einem Klageverzicht eine Sperrzeit verhängen können. Die Turboprämie ist daher im Regelfall nur interessant für Arbeitnehmer, die bereits eine neue Perspektive haben und keine Leistungen der Arbeitsagentur in Anspruch nehmen wollen.

Michael Felser
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Felser
Kündigung.de

Bitte beachten Sie auch den Aufsatz von RA Felser in der nächsten Arbeitsrecht im Betrieb (Heft Juni 2006) zum Thema „Der goldene Handschlag- neues und altbekanntes zur Abfindung“.

Mehr Infos zu Betriebsänderung nach § 111 BetrVG, Interessenausgleich und Sozialplan unter http://www.sozialplan.de

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