Spazieren der ehemalige Nationaltorwart Oliver Kahn und seine Freundin auf der Strandpromenade von St. Tropez, ist das kein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung. Dieser Meinung ist der Bundesgerichtshof (Urteil v. 03.07.2007, Az.: VI ZR 164/06) und hat entsprechende Urlaubsfotos in der Presse wegen Verstoßes gegen die §§ 22, 23 KUrhG als unzulässige Persönlichkeitsrechtsverletzung qualifiziert.
Damit haben sich die Karlsruher Richter erneut auf die Seite des abgebildeten Prominenten gestellt und ihre Rechtsprechung bei der Abwägung zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsschutz des Betroffenen fortgeführt. Danach dürfen dürfen Bildnisse einer Person ohne deren Einwilligung grundsätzlich nur verbreitet werden, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betrifft.
Die erneute Gelegenheit das in den §§ 22, 23 KUrhG einfachgesetzlich geregelte Recht am eigenen Bild weiter zu konkertisieren verdankt der BGH der Zeitschrift “Frau im Spiegel”. Diese hatte im Bild festegehalten, wie Oliver Kahn in Begleitung seiner Freundin auf der Promenade in St. Tropez spazierte. Der dazugehörige Begleittext klärte die LeserInnen darüber auf, dass der “Torwart-Titan” mit seiner Freundin verliebte Blicke tausche, nachdem er sich in der Woche zuvor mit seiner Noch-Ehefrau und den Kindern auf Sardinien entspannt habe.
Keine zeitgeschichtliche Bedeutung
Diese Bildnisse hätten ohne Einwilligung von Oliver Kahn nur verbreitet werden dürfen, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betroffen hätte. Daran fehlte es den Richtern vorliegend. Der VI. Zivilsenat billigte der Presse zwar zu, dass sie grundsätzlich selbst darüber bestimmen dürfe, was sie für berichtenswert halte. Doch: “Bei der erforderlichen Abwägung zwischen dem Anspruch der Öffentlichkeit, über das Zeitgeschehen unterrichtet zu werden, und dem Schutz des Betroffenen muss berücksichtigt werden, dass der Beitrag selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabes keinen Vorgang von zeitgeschichtlichem Interesse betrifft”, stellten die Richter mit Blick auf den bildlich dokumentierten Urlaub fest, der auch bei “Prominenten” zum regelmäßig geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehöre.
Stärkere Betonung der Privatsphäre
Der Schutz Prominenter vor Bildberichterstattung war in den vergangenen Wochen mehrfach Gegenstand der Karlsruher Rechtsprechung. In einem ähnlichen Fall hatte der BGH der Freundin Herbert Grönemeyers recht gegeben, die gegen ein Foto vom Stadtbummel in Rom geklagt hatte. Und in einer ganzen Urteilsserie stellten die Richter zugunsten von Caroline und Ernst August von Hannover fest, dass der “Informationswert” der Berichte ein entscheidendes Kriterium für die Zulässigkeit von Fotos ist. Die Berichterstattung müsse demnach in jedem Fall über die Befriedigung bloßer Neugier hinausgehen und zu einer Debatte mit Sachgehalt beitragen. Anlass für diesen Paradigmenwechsel in der Rechtsprechung war ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Juni 2004, der einen stärkeren Schutz der Privatsphäre in Deutschland angemahnt hatte.
Thomas von Plehwe, Rechtsanwalt des “Frau im Spiegel”-Verlags Ehrlich & Sohn, beklagte gegenüber der FAZ mit Blick auf die jüngsten Urteile des BGH allerdings, dass es nun eine “unerquickliche Lage” für die Verlage gebe. “Es wird schwierig zu beurteilen, wo die Grenze verläuft.” Der Bericht über Kahn berühre die “Ehebruchthematik” – also einen Gegenstand, über den die Presse bislang legitimerweise habe berichten dürfen.
Mitgeteilt von Thomas Hellwege