Die Bundesregierung hat Ende der letzten Woche den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Urheberrechts beschlossen. Diese geplante Novelle des Urheberrechts nennt man den sog. „Zweiten Korb“.
Bereits im September 2003 wurden mit dem sog. „Ersten Korb“ (erste Novelle des Urheberrechts) zwingende Vorgaben der EG-Richtlinie 2001/29 des Europäischen Parlaments und des Rates umgesetzt. Diese erste Novelle hat hauptsächlich die Interessen der Verwerter berücksichtigt und erhebliche Veränderungen für den privaten Nutzer mit sich gebracht. Zwar wurde mit der ersten Novelle geregelt, dass private Kopien von nicht kopiergeschützten Werken grundsätzlich erlaubt sind. Die erste Novelle schreibt jedoch auch vor, dass das Umgehens eines Kopierschutzmechanismus verboten ist. Ebenso verboten ist die Kopie einer offensichtlich rechtswidrig hergestellten Vorlage. Dadurch sollte den Verwertern und Urhebern die Vermarktung ihrer Werke über das Internet ermöglicht und gleichzeitig ein weitreichender Schutz vor Mißbrauch eingeräumt werden.
Der „Zweite Korb“ enthält nun solche Regelungen, welche die EG-Richtlinie nicht zwingend vorschreibt, sondern die den Mitgliedsstaaten überlassen sind. Folgende wichtige Regelungen sind darin enthalten:
Private Kopien sind grundsätzlich weiterhin erlaubt, sofern dabei nicht ein Kopierschutz umgangen wird. Damit gilt auch nach dem „Zweiten Korb“: Kopierschutz-Knacken ist verboten! Der Inhaber bzw. Urheber eines Rechts hat die Möglichkeit, sein Werk durch einen Kopierschutz zu schützen. Diese Recht ist ihm alleine vorbehalten und muss nicht hinter einem möglichen „Recht auf Privatkopie“ zurückstehen.
Die Regelung, dass das Herstellen einer Kopie von einer offensichtlich rechtswidrigen Vorlage verboten ist, wurde spezifiziert. Durch die zweiten Novelle soll eine Konkretisierung des Merkmals „rechtswidrige Vorlage“ stattfinden. Hat jemand eine Privatkopie von einer nicht mit einem Kopierschutzmechanismus versehenen CD hergestellt und diese grundsätzlich zulässigerweise hergestellte Kopie anschließend im Internet zum Download bei einer Tauschbörse zur Verfügung gestellt, handelte es sich bislang lediglich um eine rechtswidrig genutzte Vorlage. Um gerade im Bereich der Tauschbörsen für Klarheit zu sorgen, soll künftig gelten, dass eine Privatkopie auch dann verboten ist, wenn es für den Nutzer offensichtlich ist, dass es sich um ein rechtswidriges Angebot – also um eine Vorlage aus einer offensichtlich rechtswidrigen Quelle – handelt.
Auch nach der neuen Regelung des „Zweiten Korbs“ dürfte für den privaten Nutzer nur schwer zu beurteilen sein, was genau „offensichtlich“ bedeutet. Das Bundesjustizministerium gibt dazu folgendes Beispiel:
Kein privater Internetuser verfüge über die Rechte zum Angebot eines Kinofilms im Internet. Ein Download eines Kinofilms aus Peer-to-Peer-Tauschbörsen sei also offensichtlich rechtswidrig.
Der Erhalt der Privatkopie (bei Beachtung des Kopierschutzes) macht Sinn, da es nicht durchsetzbar und vor allem nicht überwachbar wäre, jede Privatkopie zu ahnden und zu verfolgen. Eine solch weitreichende Kontrolle des Privatmenschen wäre praktisch gar nicht möglich. Private Kopien, die ohne Umgehung des Kopierschutzes hergestellt werden, sind somit auch nach dem „Zweiten Korb“ weiterhin erlaubt.
Außerdem sieht der „Zweite Korb“ auch noch neue Regelungen zur Pauschalvergütung als Ausgleich für die Privatkopie sowie Neuerungen zur Höhe der Pauschalvergütung vor.
Schließlich soll dem Urheber die Möglichkeit eröffnet werden, die zukünftige Nutzung seines Werkes vorab zu regeln. Dadurch soll verhindert werden, dass eine zum Zeitpunkt der Erstellung des Werkes noch nicht bekannte Nutzungsart (z. B. die Verwertung im Internet) mangels vertraglicher Regelung nicht möglich ist. In diesem Fall müßte der Verwerter den Urheber oder die Erben kontaktieren und über die neue Nutzung bzw. Nutzungsart eine Einigung erzielen. Durch die neue Regelung kann der Urheber bereits bei Erstellung eine zukünftige Nutzungsart einräumen können. Bis zu dem Beginn dieser neuen Nutzungsart kann er jedoch noch seine Einräumung des Rechts widerrufen.
Der Gesetzgeber, der sowohl den „Ersten Korb“ als auch den „Zweiten Korb“ als ausgewogen und interessengerecht bewertet, hat nunmehr mit dem aktuellen Gesetzesentwurf seine Linie fortgesetzt.
Aus Sicht des privaten Nutzers, der das Internet in Anspruch nimmt, bedeutet der „Zweite Korb“ eine weitere Einschränkung bzw. Beschränkung. Die Fortführung der Urheberrechtsnovelle erweist sich daher für den privaten Nutzer als nicht vereinbar mit einer freien und entwicklungsorientierten Informationsgesellschaft. Es wird der Schutz der Verwertung weiter ausgebaut und der freie Zugang zu Wissen und Information eingeschränkt.
Im Gegensatz dazu stehen die Interessen des Urhebers eines Werkes, der gerade durch die vielfältigen Möglichkeiten des Internets einen erheblichen und kaum zu kontrollierenden Mißbrauch seiner Rechte befürchtet und diese Mißbrauchsmöglichkeiten begrenzt wissen möchte.
So wird auch in Zukunft eine rege Diskussion zwischen den verschiedenen Interessengruppen über die Ausrichtung dieses „Zweiten Korbs“ stattfinden. Es bedarf keiner großen Phantasie, dass auch bis zur endgültigen Verabschiedung des Gesetzes viele Verbesserungs- und Ergänzungsvorschläge von beiden Interessengruppen erfolgen werden.
Hartmann
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Felser
http://www.kuendigung.de