Das Bundesarbeitsgericht hat schon immer deutlich gemacht, dass nicht nur eine fehlende Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG zur Unwirksamkeit der Kündgung führt, sondern auch eine mangelhafte Anhörung. Zu den möglichen Mängeln gehört u.a., wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat entlastende Umstände nicht mitteilt. So darf er dem Betriebsrat bei einer verhaltensbedingten Kündigung nicht nur die Abmahnung vorlegen, sondern auch – sofern vorhanden – eine Stellungnahme des Arbeitnehmers dazu (sog. Gegendarstellung zur Ablage in der Personalakte). Tut er das nicht, ist die Kündigung unwirksam.
Das Landesarbeitsgericht in Stuttgart (Urteil vom 11.08.2006 – Aktenzeichen 2 Sa 10/06) hat nun deutlich gemacht, dass der Arbeitgeber dem Betriebsrat auch noch entlastende Umstände mitteilen muss, die ihm zwar nach Abschluss des Anhörungsverfahrens, aber vor Ausspruch der Kündigung bekannt werden. Im entschiedenen Rechtsstreit hatte eine Ehefrau n einem Schreiben an den Arbeitgeber die ganze Schuld wegen einer dem Arbeitnehmer vorgeworfenen Straftat auf sich genommen, bevor der Arbeitgeber die Kündigung übergeben hatte. Die Ehefrau hatte Unterlagen gefälscht, die das Bestehen einer privaten Krankenversicherung gegenüber dem Arbeitgeber vortäuschen sollten. Der Mann hatte offensichtlich – wie seine Frau gestand – nichts davon gewusst. Nach Ansicht des LAG Stuttgart hat sich die Sachlage damit so geändert, dass das Anhörungsverfahren neu aufgerollt hätte werden müssen.
Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Rechtsanwälte Felser
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siehe zum Thema Betriebsratsanhörung auch die Fachaufsätze:
Felser, Beteiligungsrechte des Betriebsrats bei der Kündigung – oder: Der erfolgreiche Widerspruch des Betriebsrats unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Reform des Kündigungsschutzes, AiB 2004, 30
Felser, Die Anhörung des Betriebsrats – Die wesentlichen Punkte einer ordnungsgemäßen Anhörungsverfahrens, AiB 2005, 409