Heute bin ich auf ein – jedenfalls mir neues – Mysterium des Arbeitsrechts gestoßen:

das Sozialplangeheimnis!

Mein Mandant – Arbeitnehmer eines weltweit operierenden Chemieunternehmens mit Deutschlandsitz in Düsseldorf – erhält zeitgleich drei Kündigungen. Die erste Kündigung wird fristlos und verhaltensbedingt bei Zustimmung des Betriebsrats, die zweite hilfsweise ordentlich und verhaltensbedingt und die dritte ordentlich betriebsbedingt zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochen. In der dritten Kündigung wird auf Ansprüche aus einem Sozialplan hingewiesen.

Eine erste Kontaktaufnahme mit dem Betriebsrat, der ja immerhin der fristlosen Kündigung zugestimmt haben soll, ergibt, daß der Betriebsrat keine Angaben zu den Kündigungsgründen machen will. Ich solle mich an die Personalabteilung wenden. Meiner Bitte, mir doch wenigstens den Sozialplan zur Verfügung zu stellen, an dem der Betriebsrat ja mitverhandelt haben müßte, wird dann nach vorheriger Zusage am Folgetag mit dem gleichen Hinweis begegnet. Das mag nicht ganz ungewöhnlich sein, es kommt ja immer mal wieder vor, daß man mit ähnlich motivierten Betriebsräten zu tun hat.

Die Personalabteilung der örtlichen Niederlassung weist mich im nächsten Telefonat darauf hin, es sei doch nicht Aufgabe des Betriebsrats, mir solche Auskünfte zu erteilen. Hallo? Allerdings könne man mir dort auch nicht weiterhelfen, ich solle mich an die Zentrale in Düsseldorf wenden.

Geraten, getan. Dort teilt man mir immerhin mit, was der Hintergrund der verhaltensbedingten Kündigung sein soll. Den Sozialplan werde man mir gleichwohl nicht zur Verfügung stellen. Mein Hinweis, daß dieser ja kaum Einfluß auf die Frage der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung, sehr wohl aber für die Frage, ob alle Kündigungen angegriffen werden, haben könne, wird mit dem Einwand begegnet, man werde mir keine Informationen zur Verfügung stellen, die die Situation meines Mandanten verbessern würde.

Häh?

Trotz nochmaligen Insistierens, daß im Falle der Unwirksamkeit der Vorkündigungen der Sozialplan doch ohnehin auf den Tisch komme, werde ich gebetsmühlenartig um „Verständnis“ für die Vorgehensweise gebeten. Habe ich aber nicht. Ich kann nur Verständnis für etwas haben, daß ich verstehe. Jetzt quälen mich aber ob der Mauer des Schweigens schlimme Fragen:

Gibt es etwa keinen Sozialplan? Gibt es nur einen Sozialplan, den der Betriebsrat gar nicht kennt? Ist der Sozialplan vielleicht mit Geheimtinte geschrieben, der man mit Zitronensaft nicht beikommt?…

Nun gut, ich bin recht optimistisch, daß spätestens die zuständige Kammer des angerufenen Arbeitsgerichts der Personalabteilung nahelegen wird, sich hier etwas kooperativer zu zeigen.

Christian von Hopffgarten
Rechtsanwalt & Fachanwalt
für Arbeitsrecht
Rechtsanwälte Felser

http://www.befristung.de

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