Die verbreiteten tariflichen Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen wirken sich – entgegen der ursprünglichen Absicht der Verwender – inzwischen nachteilig für Arbeitgeber aus. Viele Arbeitnehmer, die durch einen Teilbetriebsübergang „ausgegliedert“ wurden, könnten Nachforderungen haben und für die Zukunft wieder die alten Arbeitsbedingungen verlangen. Das ergibt sich aus einem gestern ergangenen Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG vom 29.8.2007 – Aktenzeichen 4 AZR 765/06 – und – 4 AZR 767/06 – Pressemitteilung, zum Volltext der Vorinstanz LAG Düsseldorf hier). Selbst superdynamische Klauseln wie

„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe
(BMT-G II) vom 31.1.1962 und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge, insbesondere des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G/NRW) und der Anlage 5 zum BMT-G II, in der jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an deren Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung. …“

(im Urteil des LAG Düsseldorf zitiert) führen bei  Teilbetriebübergängen (z.B. Ausgliederung der Servicebereiche in eine eigene Gesellschaft) zur Weitergeltung der im Arbeitsvertrag genannten Tarifverträge, selbst dann, wenn in der übernehmenden Gesellschaft ein anderer Tarifvertrag gilt. Das soll nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts auch dann gelten, wenn der Tarifvertrag beim Betriebs(teil)übernehmen allgemeinverbindlich ist. Denn

„die vertraglich vereinbarte Gleichstellung beschränkt sich entsprechend dem Wortlaut der Bezugnahmeklausel auf die darin genannten Tarifverträge. Deren weitere vertragliche Geltung für das Arbeitsverhältnis ist für den Arbeitnehmer eine günstigere Abmachung iSv. § 4 Abs. 3 TVG.“

Nicht gehört wurden die beteiligten Unternehmen mit dem Einand, dass dann in der Gesellschaft mehrere Tarifverträge zur Anwendung kommen:

„Dass dabei verschiedene Tarifverträge im Betrieb des Arbeitgebers zur Anwendung kommen, beruht auf deren unterschiedlichen Geltungsgründen und ist in § 613a BGB auch so angelegt. „, so das BAG.

Damit hat das Bundesarbeitsgericht der beliebten Methode, durch einfaches Outsourcing Tarifflucht zu begehen, ein Ende bereitet. Denn das Urteil gibt auch für gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer:

„In einem weiteren, im wesentlichen gleichgelagerten Rechtsstreit, bei dem auch die Klägerin vor dem Betriebsübergang kraft Gewerkschaftsmitgliedschaft an die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst tarifgebunden war, hat der Senat der Klage auf Weitergewährung der Vergütung nach diesen Tarifverträgen stattgegeben, wobei er hier das Urteil zweiter Instanz aufgehoben und das obsiegende Urteil erster Instanz wieder hergestellt hat. Die konstitutive Bezugnahme auf diese Tarifverträge begründet deren vertragliche Weitergeltung für das übergegangene Arbeitsverhältnis als im Vergleich zu den Tarifbedingungen der Gebäudereinigung günstigere Regelungen.“

Viele „übergegangenen“ Arbeitnehmer mit früheren Arbeitsverträgen, in denen eine Gleichstellungsklausel enthalten war, sollten jetzt überprüfen, ob bei ihnen – Unrecht – ein neuer Tarifvertrag angewendet wird. Zurückliegende Gehälter mögen zwar je nach Ausschlussfrist teilweise verfallen sein, aber für die Zukunft ergibt sich in jedem Fall die alte Bezahlung wieder!

Michael W. Felser
Rechtsanwalt
Felser Rechtsanwälte und Fachanwälte

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